Die CDU fährt in Überlingen mit 33,4 Prozent das beste Ergebnis ein, deutlich über dem Bundesergebnis. Gefragt nach der Stimmung bei der Wahlparty der Kreis-CDU in Friedrichshafen, sagte Überlingens Ortsverbandsvorsitzender Alexander Bruns: „Verhaltene Freude, insgesamt Erleichterung darüber, dass wir stärkste Kraft sind. Freude auch über die Ergebnisse, die sich im Kreis und in Überlingen abzeichnen. Gleichzeitig eine gewisse Unsicherheit, wie es weiter geht mit unserem Land“. Wir führten das Telefonat um 19.50 Uhr, bei allen Unwägbarkeiten. „Wenn ich es mir aussuchen dürfte, würde ich eine Koalition mit der SPD und der FDP vorziehen, wenn es für ein Zweierbündnis Schwarz-Rot nicht reicht.“
Auch Grüne besser als im Bund
Auch die Grünen erzielen auf Ortsebene mit 17,84 Prozent ein besseres Ergebnis als im Bund. Der in Überlingen wohnende Landtagsabgeordnete Martin Hahn kommentierte: „Ich kann mit dem Ergebnis leben. Was uns hier sehr viel Sorge macht, ist aber die Regierbarkeit des Landes.“ Das Telefonat mit Martin Hahn führten wir um 19.45 Uhr, da wäre das BSW nicht im Parlament vertreten gewesen. Hahn: „Es ist wichtig, dass das Bündnis Sahra Wagenknecht nicht das Licht der Welt erblickt. Denn es wäre nicht gut, wenn sich drei große Parteien zusammenschließen müssen.“
Bettina Dreiseitl-Wanschura, Co-Vorsitzende im Grünen-Ortsverband, kommentierte um 20.10 Uhr: „Ich bin froh über das Ergebnis in Überlingen, der zweite Platz, das ist auch Ausdruck unserer Arbeit im Wahlkampf und im Gemeinderat.“ Ihrer Partei hält sie zugute, dass diese unbequeme Themen angehe. „Ehrlich zu sein, das ist in der Politik offenbar nicht immer der beste Weg, was mich traurig stimmt.“ Als „ein tolles Zeichen“ wertet sie die Erfahrung, die sie an Wahlständen sammelte: „Es besteht wieder mehr Diskurs, ich freue mich über die sehr hohe Wahlbeteiligung.“ Nun hoffe sie, dass es rasch eine stabile Regierung gibt, „und dass sich niemand ein Beispiel an Österreich nimmt – als Österreicherin darf ich das sagen“.
SPD vom Ergebnis enttäuscht
Die SPD erzielte in Überlingen 13,66 Prozent. Kirsten Stüble, Co-Vorsitzende im SPD-Ortsverband, bezeichnete das Wahlergebnis als „bitter“. Es decke sich nicht mit ihren Erfahrungen bei den Wahlveranstaltungen. „Wir hatten an den Wahlinfoständen sehr viele positive und wertschätzende Rückmeldungen.“ Sie hoffe sehr, dass ihr Direktkandidat Leon Hahn über die Landesliste in den Bundestag einzieht. „Sehr positiv zu bewerten ist die hohe Wahlbeteiligung, die wohl positivste Nachricht heute Abend.“
Für Wahlleiter Michael Moser zeichnete sich schon am Nachmittag eine hohe Wahlbeteiligung ab. Gegen 16.30 Uhr schätzte er, dass die Wahlbeteiligung bis 18 Uhr auf etwa 75 Prozent klettern werde. Tatsächlich stieg sie dann auf hohe 83,75 Prozent. Bei der OB-Wahl in Überlingen im Dezember lag sie nur bei 49,8 Prozent.
AfD schließt die Öffentlichkeit aus
Die AfD erzielte in Überlingen 15,55 Prozent. Anfragen an die beiden AfD-Gemeinderäte Hans-Dieter Roth und Torsten Peters zu einer Kommentierung wurden abgelehnt beziehungsweise ignoriert. Es wäre für die Öffentlichkeit interessant gewesen, die Wahlparty im offiziellen Wohnort von Alice Weidel zu besuchen. Roth teilte unserer Redaktion jedoch mit: „Es handelt sich um ein internes Fest. Hier ist die Presse nicht erwünscht.“
FDP wartet und bangt
Die FDP wäre nach dem Überlinger Ergebnis mit 6,3 Prozent im Bundestag vertreten. Gemeinderat Ingo Wörner betrachtet es als Fehler, dass Christian Lindner am Parteivorsitz festhielt, als er Minister wurde. Die FDP habe es versäumt, rechtzeitig einen Nachfolger für Lindner aufzubauen. Die FDP-Basis in Überlingen, ist Wörner überzeugt, werde keinen Schaden nehmen, ob die Partei nun im Bundestag vertreten ist oder nicht. „Wir haben den riesen Vorteil, wir wohnen wirklich in Überlingen“, sagte er an die Adresse von AfD-Chefin Alice Weidel.