Dreifeld-Sporthalle, Gerätturnhalle und Ballsporthalle: Das 5600 Quadratmeter große Sportzentrum in Überlingen begeistert mit den verschiedensten Trainingsmöglichkeiten. Und es kann sich auch sehen lassen: Gleich drei Architekturpreise haben die Erbauer der Wulf Architekten GmbH für ihr Projekt erhalten. Viel Lob gab es bei den Jurybewertungen für das cleane und moderne Design der Halle, das mit weißem Streckmetall und Sichtbeton daherkommt. Die ebenso helle Gestaltung der Hallen stößt bei einigen Vereinen aber auf wenig Begeisterung. Und auch sonst gibt es Kritik.

Das moderne Treppenhaus der neuen Sporthalle ist ein Hingucker.
Das moderne Treppenhaus der neuen Sporthalle ist ein Hingucker. | Bild: Maike Stork
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Scharfe Kritik für die Beleuchtung

Der wohl meistgenannte Kritikpunkt an der neuen Halle ist die Beleuchtung. Vor allem von Ballsportlern werden die schmalen und grellen Lichtstreifen an der Decke beanstandet, denn sie blenden, wenn man nach oben schaut. So äußert sich Badminton-Trainer Benjamin Janisz: „Die Deckenbeleuchtung, bestehend aus horizontal angeordneten Neonröhren, wirkt wie ein Stroboeffekt.“

„Die Deckenbeleuchtung, bestehend aus horizontal angeordneten Neonröhren, wirkt wie ein Stroboeffekt.“
Benjamin Janisz, Badminton-Trainer

Dies treffe insbesondere dann zu, wenn sogenannte Clears geschlagen werden. Der Clear ist ein Schlag, bei dem mit der Schlaghand weit ausgeholt wird, um weite oder sehr hohe Bälle zu schlagen. Bei diesem Bewegungsablauf ist es unvermeidbar, nach oben ins Licht zu blicken.

„Es sind ständig welche kaputt; bereits nach kürzester Zeit.“

Auch an der Funktionalität hapert‘s bei den Deckenlampen. Sonja Korherr, Fachwartin des Volleyballvereins, vermutet, dass die Lampen nicht robust genug sind, um dem Aufprall von Bällen standzuhalten. „Es sind ständig welche kaputt; bereits nach kürzester Zeit.“ Die guten Neuigkeiten: Die Beleuchtung wird derzeit von einem Sachverständigen untersucht. „Sobald die Ergebnisse vorliegen, werden entsprechende Maßnahmen ergriffen“, versichert die Stadt Überlingen.

Generell habe sich die Beleuchtung für die Volleyballer auch nicht als ganz so schlimm erwiesen, wie befürchtet, auch wenn einzelne Spieler sich immer wieder geblendet fühlen, so Korherr.

„Für uns ist die Deckenbeleuchtung gut“, sagt Roland Ruf, Vorsitzender des Überlinger Turnvereins. Er könne sich aber vorstellen, dass die Anordnung und die Helligkeit der Lampen für Ballsportler, die oft Richtung Decke blicken müssen, nicht ideal ist.

Das Licht der Deckenlampen ist, wenn es denn funktioniert, für viele Ballsportler zu grell.
Das Licht der Deckenlampen ist, wenn es denn funktioniert, für viele Ballsportler zu grell. | Bild: Maike Stork

Alles weiß: Ballsportler sehen ihre Bälle nicht

„Alles ist weiß, die Wände, der Boden – so sind die weißen Standard-Federbälle schlecht und erst spät zu sehen“, erklärt Benjamin Janisz. Das moderne, in weiß gehaltene Design birgt Nachteile: Helle Bälle sind nicht so gut erkennbar. Aus diesem Grund ist die Gestaltung der Halle für Sportarten wie Badminton oder Tischtennis suboptimal.

„Alles ist weiß, die Wände, der Boden – so sind die weißen Standard-Federbälle schlecht und erst spät zu sehen.“
Benjamin Janisz, Badminton-Trainer

Ein Training oder gar Turniere auf höherem Spielniveau seien für den Verein nur unter zusätzlichen Bedingungen möglich. Um diese für Wettkämpfe zu erfüllen, müssten eigene grüne Spielfeldmatten angeschafft und die Wände mit farbigem Gasestoff abgehängt werden, sagt Janisz.

Ingo Korherr, Fachwart Tischtennis beim Turnverein, trainiert normalerweise in der Turnhalle der Wiestorschule. Nur wenn diese in den Schulferien geschlossen hat, weichen die Sportler auf die neue Halle aus. Mit ihren hellen Böden und Wänden sei letztere für Tischtennis, bei dem man mit einem kleinen, weißen und sehr schnellen Ball spielt, aber absolut ungeeignet. Umso einleuchtender wird das, wenn man bedenkt, dass bei Punktespielen nicht einmal weiße T-Shirts erlaubt sind.

Die Wahl der Materialien und die Farbgebung der Halle basiere auf dem Gestaltungskonzept der Architekten, kommentiert die Stadt Überlingen, und sei mit allen Vor- und Nachteilen umfangreich mit den Nutzern besprochen worden.

Weiße Wände, weißer Boden: Das schlichte Design eignet sich nicht für alle Sportarten.
Weiße Wände, weißer Boden: Das schlichte Design eignet sich nicht für alle Sportarten. | Bild: Maike Stork

Umkleiden und sanitäre Anlagen wenig durchdacht

Die Umkleiden sind sehr klein, finden Sonja Korherr und Roland Ruf – für Schulklassen und den Vereinsbetrieb sei der Platz unzureichend und die Kabinen böten zu wenig Ablagefläche. Pro Umkleide gibt es drei Duschen – das erscheint bei Mannschaftsgrößen von 12 bis 15 Ballsportlern oder Klassengrößen von etwa 20 Schülern knapp bemessen.

Die Stadt Überlingen äußert sich hierzu folgendermaßen: „Die Flächen und Ausführungen entsprechen den Vorgaben für die angegebene Anzahl von Nutzern.“ Es habe bislang auch keinerlei Hinweise oder Einwände von Seiten der Nutzer darauf gegeben, dass die Kapazitäten der Duschen nicht ausreichend seien.

Außerdem seien die Knöpfe der Duschen sehr unpraktisch, erklärt Sonja Korherr. „Sie sind eingelassen und sehen toll aus, aber mit nassen oder kalten Fingern muss man oft mehrmals drücken, bevor der Sensor reagiert. Wenn man da einshampooniert steht, macht das keinen Spaß.“

„Es weiß immer keine oder keiner, in welche Umkleide sie oder er nun gehen soll und ständig gibt es hier peinliche Situationen.“
Sonja Korherr

Die Tatsache, dass die Umkleiden nicht nach Geschlecht beschriftet sind, sorge regelmäßig für Verwirrung. „Es weiß immer keine oder keiner, in welche Umkleide sie oder er nun gehen soll und ständig gibt es hier peinliche Situationen.“ Die Volleyball-Fachwartin findet, man hätte sich an den Umkleiden und Duschen der Überlinger Kreissporthalle ein Beispiel nehmen können, denn „dort ist es top!“

Auf unsere Anfrage, warum die Umkleiden nicht nach Geschlecht beschriftet wurden, gab uns die Pressestelle der Stadt Überlingen keine Auskunft.

Die (Nicht-)Beschilderung der Umkleiden führt hin und wieder zu Verwirrung bei Sportlern und Sportlerinnen.
Die (Nicht-)Beschilderung der Umkleiden führt hin und wieder zu Verwirrung bei Sportlern und Sportlerinnen. | Bild: Maike Stork

Trotz aller Kritik begeistert das Sportzentrum

„Im Großen und Ganzen ist es eine tolle Halle, die in der Region ihresgleichen sucht. Und wir freuen uns sehr über sie“, betont Korherr. Für das Volleyballspielen seien Boden und Deckenhöhe ideal. Auch die Größe der Halle biete genügend Platz und die Ausstattung sei toll.

Roland Ruf, der die Innenausstattung für die Gerätturnhalle selbst geplant hat, ist wunschlos glücklich: „Für uns Turner hat sich die Trainingsqualität extrem verbessert und wir sind rundum zufrieden.“ Dennoch ergänzt er: „An ein paar Punkten muss noch nachgebessert werden.“

Die gut ausgestattete Gerätturnhalle lässt keine Wünsche offen.
Die gut ausgestattete Gerätturnhalle lässt keine Wünsche offen. | Bild: Maike Stork

Die Badmintonspieler haben erst einmal das Beste aus der Situation gemacht. Sie haben sich neonfarbige und schwarze Federbälle besorgt und veranstalten in der Halle aktuell ein Hobbytraining, das sich, ganz zur Freude von Benjamin Janisz, sehr schön entwickle.

Von Seiten des Schulsports erreichte den SÜDKURIER übrigens nur positives Feedback. Jürgen Kempter, Sportlehrer an der Realschule Überlingen, findet die Halle für den Schulbetrieb ideal geeignet. Die langen Busfahrten, die die Schüler zurücklegen mussten, um zum Sportunterricht die umliegenden Sporthallen anzufahren, gehören der Vergangenheit an. „Die Ausstattung ist grandios“, berichtet Kempter, und man könne im Unterricht viele verschiedene Sportarten betreiben.

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