Für den Diebstahl eines hochpreisigen Parfüms hatte sich ein 21-jähriger Mann vor dem Amtsgericht zu verantworten. Eine mitangeklagte Frau war zum Prozess nicht erschienen, ihr Verfahren wurde abgetrennt und wird demnächst verhandelt.
Der Angeklagte schilderte vor Gericht, dass er im April 2023 mit seinem Bruder und dessen Lebensgefährtin in einem Markdorfer Drogeriemarkt zum Einkaufen war. Er habe Waschpulver und ein anderes Parfüm gekauft, antwortete er auf Nachfrage von Richter Alexander von Kennel. Da er die Hände voll gehabt habe, habe er ein weiteres Parfüm seinem Bruder gegeben, der es auf die am Kinderwagen hängende Wickeltasche gelegt habe. Dort habe er es vergessen, auch weil der Reißverschluss der Tasche kaputt gewesen sei und das Päckchen „reingerutscht“ sei.
Vom Kindergeld kauft der Angeklagte Drogen
Richter von Kennel hatte eindeutig Zweifel an dieser Version. Ein Herrenparfüm im Wert von 109 Euro kaufen zu wollen, wenn man in finanziell engen Verhältnissen lebt, das überdenke man gut – wäge ab, überlege hin und her und vergesse das nicht so einfach. Der Angeklagte hatte zuvor ausgesagt, ohne Schulabschluss und mit abgebrochener Lehre bei seiner Mutter in Salem zu leben. Seine einzigen Einkünfte seien 230 Euro Kindergeld.
Freimütig erzählte der junge Erwachsene, das Geld hauptsächlich für Zigaretten und Drogen wie Amphetamine, Ecstasy und Gras auszugeben. Er konsumiere schon länger, sei eine Zeit lang zwar clean gewesen, aber nach Abbruch der Lehre sei er wieder mit den alten Kollegen zusammen. Diese würden alle konsumieren, schilderte er vor Gericht weiter. Eine Suchtberatung hätte ihm nicht geholfen, wenn man an die Drogen ran käme, dann nähme man die auch, sagte er.
Brüder schieben sich die Schuld gegenseitig zu
Weiterhin zweifelte der Richter an der Aussage des Angeklagten, dass der Bruder das Parfüm auf die Tasche gelegt habe. „Bei der polizeilichen Vernehmung nach der Tat haben Sie gesagt, dass Sie es auf die Tasche gelegt haben“, zitierte Kennel das Protokoll. Auch sein Bruder habe dies so dargestellt, erklärte der Richter. „Sie und ihr Bruder schieben sich das gegenseitig zu und das innerhalb einer Familie“, wunderte sich der Richter. Mit der Aufgabe sich zu überlegen, ob er den Kopf für eine Frau hinhalten wolle, die nicht seine Lebensgefährtin sei, schickte der Richter den Angeklagten für eine kurze Bedenkzeit vor die Tür.
Aus dieser kehrte er allerdings verstockt zurück und meinte: „Sie glauben mir ja eh nicht, dass es nicht stimmt, was die Polizei aufgeschrieben hat.“ Auf weitere Fragen im Laufe des Prozesses antwortete er ab nun nur noch bockig mit „Ich sag‘ jetzt gar nichts mehr.“
Zeugin schildert den Diebstahl
Als Zeugin sagte eine 55-jährige Angestellte des Drogeriemarkts aus. Weil beim Verlassen des Geschäfts der Alarm losgegangen war, sei eine Taschenkontrolle durchgeführt worden. In der Tasche der „Dame“, wie die Drogistin sagte, sei das Parfüm gefunden worden. Diese habe dann widersprüchliche Erklärungen abgegeben. Erst meinte sie, der Alarm sei wegen eines Herzschrittmachers losgegangen, dann wolle sie den Duft vor einer Stunde gekauft haben, dann habe sie erklärt, diesen in einer anderen Filiale gekauft zu haben.
„Das stimmte alles nicht und bei uns im Bestand hat er gefehlt“, berichtete die Verkäuferin von den Kassencomputer-Abfragen in beiden Geschäften. Von ähnlichen Ausflüchten berichtete auch die zweite Zeugin, die Polizeibeamtin, welche das Protokoll aufgenommen hatte, wobei die Frau und der Bruder beide ausgesagt hätten, der Angeklagte habe die Ware auf die Tasche gelegt. Der ebenfalls als Zeuge geladene Bruder des Angeklagten erschien trotz Ladung nicht zum Prozess.
Richter verhängt Arbeitsstunden
Weil der Angeklagte schon einige Einträge im Bundeszentralregister hauptsächlich wegen Diebstahls, aber auch wegen Körperverletzung und Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz habe, folgte der Richter dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verhängte 60 Arbeitsstunden. „Sie brauchen erzieherische Maßnahmen“, meinte von Kennel und er hoffe auf eine „gewisse Nachreifung“ durch einen strukturierten Tagesablauf bei der Arbeit. Weiterhin habe der Angeklagte mindestens fünf Termine bei der Suchtberatung zu besuchen und innerhalb der nächsten neun Monate drei Urinproben zu Kontrollen abzugeben. Diese müsse er aus eigener Tasche zahlen, die Zahlung der Gerichtskosten wurde ihm aufgrund fehlenden Einkommens erlassen.