Als die historische Fähre „Konstanz“ pünktlich Kurs auf den Segelschulhafen am Bahnhof Therme nahm, erklang auf der Mole nicht die Hafenglocke, sondern eine Kirchenglocke.

Erst wenige Tage zuvor war für das Geläut hier ein stabiler Turm installiert worden, so dass Dekanin Regine Klusmann die Glocke, eine Leihgabe des katholischen Kollegen Peter Nicola, ohne Sorge zum Schwingen und Klingen bringen konnte. „Ring frei“ für das Kirchenschiff.

Dekanin Klusmann läutet schon mal die Glocke zur Einfahrt des künftigen Kirchenschiffs.
Dekanin Klusmann läutet schon mal die Glocke zur Einfahrt des künftigen Kirchenschiffs. | Bild: Hanspeter Walter

Kapitän Thomas Held hatte zuvor seine „Gunzo“ kurz aus der Gefahrenzone gebracht, um dem Kollegen Oliver Herrmann von den Bodenseeschiffsbetrieben am Ruder der historischen Fähre die Einfahrt und das Anlegen zu erleichtern.

An Bord mussten die Mitarbeiter erst mal Eis und Schnee der vorausgegangenen winterlichen Nacht vom Boden kratzen. Dann konnten die Helfer des Kirchenschiffs das Zugangspodest aufbauen – und die alte Dame schien bereit für ihre neuen Aufgaben.

Die Spuren einer winterlichen Aprilnacht sind an Bord nicht zu übersehen.
Die Spuren einer winterlichen Aprilnacht sind an Bord nicht zu übersehen. | Bild: Hanspeter Walter

Doch noch dümpelt sie – wie so vieles andere – im Ungewissen und harrt der Öffnung der Landesgartenschau. Die zunächst waghalsig anmutende Idee, aus diesem Anlass einen ganzen Sommer lang ein Kirchenschiff zu bespielen, war schon vor vier Jahren geboren worden.

Dekanin Regine Klusmann überzeugte in vielen Gesprächen die Bodenseeschiffsbetriebe als Pächter und den Verein als Eigentümer der Fähre und gewann sie für eine Kooperation mit den Kirchen.

Auf dem Weg zum Eingang am Kirchenschiff vorbei

Das Schiff im neuen Uferpark anlegen zu lassen, war zwar auch aufgrund des flach abfallenden Seegrunds nicht möglich. Doch der jetzige Liegeplatz hat gleich mehrere Vorteile: Auf dem Weg zum Haupteingang kommt man unmittelbar am Kirchenschiff vorbei, das nicht zu übersehen ist.

Kirchenglocke wird zur Hafenglocke Video: Hanspeter Walter

Zudem kann man die ökumenischen Angebote hier nutzen, ohne Eintritt für die Gartenschau bezahlen zu müssen. Lediglich für die großen gemeinsamen Gottesdienste auf der Seebühne und die Andachten in der Goldbacher Kapelle bedarf es einer Eintrittskarte.

Kapitän Oliver Herrmann und Gerhard Faulhaber vom Verein zum Erhalt der historischen Fähre.
Kapitän Oliver Herrmann und Gerhard Faulhaber vom Verein zum Erhalt der historischen Fähre. | Bild: Hanspeter Walter

Seit mehr als zwei Jahren planen eine ökumenische Steuerungsgruppe und mehrere Arbeitsgruppen die verschiedenen Angebote und rekrutieren ehrenamtliche Helfer für das Kirchenschiff. Von der Erzdiözese Freiburg war für das vergangene Jahr Sitzler als hauptamtlicher Koordinator der Gartenschauaktivitäten abgestellt worden. Diese Rolle hat nach der Verschiebung Gudrun Grupp-Schäfer aus dem Deggenhausertal übernommen.

Für die evangelische Landeskirche Baden und den Kirchenbezirk Überlingen-Stockach spielt Pfarrerin Bettina Kommos eine vergleichbare Rolle. Im wörtlichen Sinne „mit im Boot“ sind die Methodistische Kirche, die Freikirche Lindenwiese und die Neuapostolische Kirche.

Auf der Mole empfängt ein Glockenturm mit Kreuz die Besucher.
Auf der Mole empfängt ein Glockenturm mit Kreuz die Besucher. | Bild: Hanspeter Walter

Begeistert ist Gerhard Faulhaber, stellvertretender Vorsitzender des Vereins, von der Idee, der geschichtsträchtigen Fähre gerade an ihrem ehemaligen Liegeplatz eine neue Aufgabe und Bedeutung als „Kirchenschiff“ zukommen zu lassen.

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„Der lange verwendete Name ‚Meersburg ex Konstanz‘ war uns einfach zu kompliziert und verwirrt viele“, sagt Faulhaber: „Wir nennen sie deshalb nur noch die ‚historische Fähre‘ – das ist einfacher und verständlicher.“

Zäher Kampf, um Meersburg ex Konstanz zu erhalten

Eigentümer des in den 1990er Jahren sanierten und mit großem Aufwand wieder fahrtüchtig gemachten Schiffes ist nach wie vor der Verein „Rettet die Meersburg ex Konstanz! Verein zur Erhaltung der ersten Bodensee-Automobilfähre Baujahr 1928“. Dessen zähem Kampf über mehrere Jahre hinweg ist die Bewahrung des Schiffes überhaupt nur zu verdanken.

Historische Fähre am alten Liegeplatz Video: Hanspeter Walter

Von Überlingen schleppte man die damals marode Fähre 1996 zunächst fast durch den ganzen See zur Bodan-Werft nach Kressbronn, ehe sie an einem neuen Liegeplatz im Konstanzer Seerhein aufgemöbelt wurde. Als Trägerin des Denkmalschutzpreises liegt sie heute im Sommer in der Regel vertäut unterhalb der Imperia an der Hafeneinfahrt und lädt zum Kaffee ein.

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Immer mal wieder geht die historische Fähre auch auf große Fahrt. Wie in den vergangenen Sommermonaten, als sie aus Anlass des aus Pandemiegründen ausgefallenen Überlinger Promenadenfests und des Uhldinger Hafenfests mit kleinem Publikum in See stach, wie sich Gerhard Faulhaber erinnert.