Das Rennen um das Amt des Oberbürgermeisters spitzt sich zu: Bei der SÜDKURIER-Podiumsdiskussion im Kursaal diskutieren die Kandidaten über die drängenden Themen der Stadt. Dabei prallen teils gegensätzliche Positionen aufeinander – besonders in der Debatte um den Poller.

Die Poller-Frage spaltet die Kandidaten

Installiert Anfang des Jahres, reguliert der Poller seither den Durchgangsverkehr in der verkehrsberuhigten Zone Jakob-Kessenring-Straße/Klosterstraße. Darüber, ob die Maßnahme zum Wohl der Stadt beiträgt, gehen die Meinungen auseinander.

Olaf Wübbe sieht vor allem die Nachteile des Pollers. Das Argument, man habe sich ja schon daran gewöhnt, will Wübbe nicht durchgehen lassen. „Ich will mich nicht an etwas gewöhnen, das den Verkehr behindert.“ Auch Dennis Michels, selbst Anwohner, sieht Schwierigkeiten. „Im Sommer ist es ein Spießrutenlauf in der Innenstadt“, merkt er an, ohne alternative Lösungen vorzuschlagen.

Olaf Wübbe sieht den Poller als Nachteil für die Innenstadt.
Olaf Wübbe sieht den Poller als Nachteil für die Innenstadt. | Bild: Kleinstück, Holger

Anderer Meinung ist Amtsinhaber Jan Zeitler. „In drei, vier Jahren werden wir über das Thema nicht mehr reden, weil wir es uns das anders nicht mehr vorstellen können.“ Alles in allem sei die Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Stadt immens gestiegen. Zeitler verteidigt das Projekt vehement: „Es wäre der größte Fehler, das rückgängig zu machen.“

Gleichzeitig räumt Zeitler Verbesserungsbedarf ein, etwa bei der Verkehrsleitung und dem Parkleitsystem. Ein solches direkt an der B31 bei Brünnensbach einzurichten, erlaube die Straßenverkehrsbehörde allerdings nicht.

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Ganz anders sieht es Martin Hahn. Es brauche dringend ein Leitsystem bei Brünnensbach, das Gästen und Touristen die Parkplatzsituation anzeigt, erklärt Hahn und betont, dass ohne klare Führung der Westen zusätzlich belastet werde. „Wenn wir das nicht tun, dann ist der Poller ein Ärgernis.“

Martin Hahn will sich für ein verbessertes Parkleitsystem bei Brünnensbach einsetzen.
Martin Hahn will sich für ein verbessertes Parkleitsystem bei Brünnensbach einsetzen. | Bild: Kleinstück, Holger

Thomas Hildebrandt schlägt vor, die Straße zur Anliegerstraße zu machen und den Verkehr stattdessen über Kameras zu überwachen. Denn wenn man ganz „zu macht“, so befürchtet er, mache man „die Stadt ganz tot.“ Zeitler reagiert prompt: „Wir haben die Stadt nicht zugemacht. Wir haben sie für den Durchgangsverkehr gesperrt.“ Man könne jeden Punkt in der Stadt mit dem Auto erreichen.

Felix Strenger bringt die Diskussion schließlich auf die Ebene der Gesamtkonzeption. Ein Leitsystem diene besonders den Touristen, „der Überlinger braucht das nicht“, so Strenger. Entscheidend sei vielmehr die Art und Weise, wie die Maßnahme kommuniziert und gelebt werde.

Man könne mit vielen Maßnahmen Erfolg haben, findet Felix Strenger. Vielmehr komme es auf die Umsetzung an.
Man könne mit vielen Maßnahmen Erfolg haben, findet Felix Strenger. Vielmehr komme es auf die Umsetzung an. | Bild: Kleinstück, Holger

Wie soll der Einzelhandel gestärkt werden?

Wo die Poller-Frage aufkommt, ist das Thema Leerstände in der Innenstadt nicht weit. „Wie stellen Sie sich eine gute Wirtschaftsförderung vor?“, will Stefan Hilser deshalb von den Kandidaten wissen.

Martin Hahn setzt hier auf einen stärkeren Dialog: „Wir müssen die Betreiber an einen Tisch holen, damit wir gemeinsam Lösungen finden können. Das sind die Träger des Wissens.“ Ihm zufolge ist die Zusammenarbeit von Einzelhändlern und Stadtverwaltung bislang zu begrenzt.

Dennis Michels bringt eigene Erfahrungen aus seinem Beruf als Friseur ein. Die Motivation der Einzelhändler sei da, so Michels, doch der Dialog werde im Keim erstickt – eine Antwort der Stadt bekomme man oft erst nach der „fünfzehnten oder achtzehnten Mail.“ Die Anliegen der Händler müssen ernster genommen werden, findet Michels. Zudem kritisiert er die Leerstände in der Stadt und betont, wie wichtig es sei, Überlingen für Existenzgründer attraktiv zu machen.

Dennis Michels will den Dialog zwischen Stadtverwaltung und Händlern verbessern.
Dennis Michels will den Dialog zwischen Stadtverwaltung und Händlern verbessern. | Bild: Kleinstück, Holger

Jan Zeitler entgegnet Michels, dass die Stadt bereits verschiedene Projekte ins Leben gerufen habe, wie etwa die „Founder Walks“, die Gründer zusammenführen sollen. Außerdem seien viele der Leerstände im Eigentum von Privatpersonen, die diese als Spekulationsobjekte hielten. Darauf habe die Stadt nur begrenzten Einfluss.

Ehrenamt soll mehr gefördert werden

„Ein Oberbürgermeister sollte das Ehrenamt schätzen. Ohne die Ehrenamtlichen würde vieles im Städtle nicht zustande kommen.“ So zitiert Moderator Stefan Hilser Trachtenmutter Renate Lohr, um die nächste Frage einzuleiten. Wie wollen die Kandidaten das Ehrenamt in der Stadt stärken?

Thomas Hildebrandt schlägt Idee vor: „Ein Ehrenamtsabend, bei dem Vereine sich vernetzen können.“ Dennis Michels fordert eine digitale Plattform für Ehrenämtler. Sie sollten dort Möglichkeiten zur finanziellen und rechtlichen Beratung finden und Informationen darüber, wo und wie sie sich engagieren können.

Thomas Hildebrandt schlägt einen Ehrenamtsabend vor, bei dem Vereine sich vernetzen können.
Thomas Hildebrandt schlägt einen Ehrenamtsabend vor, bei dem Vereine sich vernetzen können. | Bild: Kleinstück, Holger

Jan Zeitler kündigt an, dass noch im Herbst ein Ehrenamtspreis verliehen werden soll. Zudem soll eine Koordinierungsstelle des Ehrenamts geschaffen werden – geleitet von einem Ehrenamtsbeauftragten. Irene Wickbold, kommunale ehrenamtliche Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung, begrüßte diese Maßnahme während einer Fragerunde aus dem Publikum ausdrücklich.

Jan Zeitler möchte mit einem oder einer Ehrenamtsbeauftragten eine neue Stelle in der Verwaltung schaffen.
Jan Zeitler möchte mit einem oder einer Ehrenamtsbeauftragten eine neue Stelle in der Verwaltung schaffen. | Bild: Kleinstück, Holger

Martin Hahn macht auf die Hürden im Alltag aufmerksam, mit denen viele Ehrenamtliche zu kämpfen haben. „Was kostet mich der Platz auf dem Promenadenfest? Kann ich den Kursaal nutzen?“ Diese Fragen beschäftigten das Ehrenamt wirklich, betont Hahn und regt an, den Austausch mit der Verwaltung zu stärken.

Olaf Wübbe will die Arbeit der Ehrenamtlichen mehr wertschätzen und plant als Oberbürgermeister, auf sie zuzugehen und ihre Sorgen anzuhören. Mit einem pragmatischen Ansatz schließt Felix Strenger diesen Punkt der Diskussion. „Arbeitsbedingungen verbessern, anstatt das Ehrenamt nur zu schätzen“, ist sein Plädoyer. So sei etwa die Schaffung von Proberäumen nötig, um das Ehrenamt attraktiv zu halten.