Gemeinschaftlich gefährliche Körperverletzung und Beleidigung: So lautete der Vorwurf, weswegen sich eine 53-jährige Frau jüngst vor dem Amtsgericht Überlingen verantworten musste. Die Staatsanwaltschaft legte der Angeklagten zur Last, eine Frau körperlich verletzt und verbal beleidigt zu haben.

Der Vorfall ereignete sich an einem Sommerabend im Juli 2023 am Landungsplatz in Überlingen. Die 53-Jährige soll sich gemeinsam mit einer Freundin einer Frau genähert haben, die auf einer Bank saß. Die beiden sollen der Geschädigten an den Haaren gezogen, ihr ins Gesicht geschlagen und sie mit Schimpfwörtern beleidigt haben.

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Angeklagte beteuert ihre Unschuld

Vor Gericht wollte die Angeklagte jedoch nichts davon zugeben. Sie betonte, nichts von dem Vorfall mitbekommen zu haben. „An dem Tag war ich mit einer Kollegin etwas in Überlingen trinken“, blickte sie zurück. „Als der Kiosk am Landungsplatz geschlossen hatte, war meine Freundin auf einmal nicht mehr da. Ich habe sie dann nur noch in Richtung See gehört, sie war laut und betrunken“, erzählte die 53-Jährige.

Nach Aussage der Angeklagten sei ihre Freundin wenig später wieder zurückgekommen – und kurze Zeit darauf kam dann die Polizei. „Wir mussten unsere Ausweise zeigen und mussten einen Alkoholtest machen.“ Warum die 53-Jährige beschuldigt wurde, die Frau auf der Bank verletzt zu haben, konnte sie sich gegenüber Richter Alexander von Kennel nicht erklären. „Ich weiß es wirklich nicht. Meine Freundin vermutete die ganze Zeit, dass ihr Mann eine Affäre hat. Da gab es immer Theater“, sagte sie.

Warnung des Richters wird nicht ernst genommen

Doch Alexander von Kennel wollte das so nicht hinnehmen. Er betonte: „Wir haben eine Schwierigkeit, denn wir haben eine neutrale Zeugin. Sie tragen ein großes Risiko, wenn Sie die Tat nicht zugeben. Dann gehen Sie hier heute als vorbestrafte Frau aus der Verhandlung.“ Trotz Warnung des Richters wollte die Angeklagte jedoch kein Geständnis ablegen – auch nicht, nachdem die Zeugen angehört wurden.

So berichtete etwa die Geschädigte, dass sie an jenem Sommerabend allein auf einer Bank saß. Plötzlich sei sie gepackt, an den Haaren gezogen und ins Gesicht geschlagen worden. Weiter seien eine Menge Schimpfwörter auf sie eingeprasselt. „Die zwei Frauen standen direkt vor mir“, erinnerte sich die Geschädigte vor Gericht und ergänzte: „Ich weiß aber nicht, wer mich geschlagen und wer mich beleidigt hat. Das ging alles so schnell.“

Unglaubwürdige Zeugenaussage der Komplizin

Unglaubwürdig erschien Richter Alexander von Kennel die Aussage der 45-jährigen Freundin der Angeklagten, die die Tat gemeinsam mit der 53-Jährigen begangen haben soll. Sie erklärte zunächst, dass sie zum Zeitpunkt des Vorfalls unter Alkoholeinfluss stand und es sich nicht erklären könne, weshalb sie die Frau angegriffen habe.

„Ich kann mich an nichts erinnern, weil ich so betrunken war“, beteuerte sie. Während der Befragung durch den Richter änderte die Zeugin immer wieder ihre Aussagen. Einmal sei die Angeklagte direkt neben ihr gestanden, ohne der Geschädigten irgendetwas zu tun; einmal habe sie eine Flasche in der Hand gehalten und einmal, so betonte die Zeugin, soll die Angeklagte die Frau auf der Bank geschüttelt haben.

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„Was ist denn jetzt passiert? Sie müssen die Wahrheit sagen!“, wurde Alexander von Kennel deutlich. Doch die 45-Jährige konnte keine konkretere Aussage machen. Deutlicher wurde die Konstruktion der Geschehnisse durch eine neutrale Zeugin, eine 25-Jährige. Sie beobachtete den Vorfall im Sommer mit ihrer Schwester und verständigte die Polizei.

„Wir haben gesehen, wie zwei Frauen eine andere Frau attackiert haben. Das Opfer saß auf der Bank und die zwei anderen haben auf sie eingeschlagen und ihr an den Haaren gezogen“, erzählte die Zeugin. Der Richter hakte noch einmal nach: „Sind Sie sich sicher, dass Sie beide Frauen schlagen gesehen haben?“ Die 25-Jährige bejahte: „Auf jeden Fall. Die zwei wirkten ziemlich betrunken.“

Staatsanwaltschaft fordert 3600 Euro Geldstrafe

Wegen der Aussage der neutralen Zeugin nahm die Staatsanwaltschaft dann auch an, dass mehr passierte, als die Geschädigte bestätigte. „Schläge haben stattgefunden, und zwar von beiden Frauen“, betonte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Weil die Geschädigte nur leichte Verletzungen davontrug, komme sie zu einer Forderung von 120 Tagessätzen zu je 30 Euro.

Eine andere Vorstellung hatte die Verteidigung. Weil die Zeugenaussagen teilweise unglaubwürdig gewesen seien und der Verteidiger seiner Mandantin glaube, die beteuerte, die Geschädigte nicht geschlagen zu haben, plädierte er für einen Freispruch.

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Richter spricht Angeklagte schuldig

Der Forderung des Verteidigers konnte sich Richter Alexander von Kennel bei seinem Urteil nicht anschließen. Er sagte deutlich: „Die Angeklagte ist der gefährlichen Körperverletzung und Beleidigung schuldig.“ Aufgrund der Beweislage sei sich der Richter sicher, dass die Angeklagte auf die Geschädigte eingeschlagen und sie auch beleidigt habe.

„Sie haben die Tat zwar abgestritten, aber die wichtigste neutrale Zeugin hat gut beschrieben, was passiert ist: Sie haben beide zugeschlagen“, richtete von Kennel sein Wort an die Angeklagte. Zwar sei die Angeklagte aus Sicht des Richters „nicht unbedingt die treibende Kraft gewesen“, dennoch sei sie beteiligt gewesen. „Weil die Verletzungen im Rahmen geblieben sind, bleibt es hier bei einem minderschweren Fall“, sagte von Kennel und verurteilte die 53-Jährige zu einer Geldstrafe von 2000 Euro.