Das neue Ausbildungsjahr beginnt wegen der Corona-Krise für viele junge Menschen unter ganz anderen Vorzeichen als noch vor der Pandemie erwartet. Politik, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände sorgen sich nach Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs auf einmal, ein ganzer Jahrgang von Schulabgängern könnte durch die Krise auf der Strecke bleiben. Und das nach Jahren, in denen sich Unternehmen durch Fachkräftemangel geradezu um Auszubildende rissen.

Erleichtert, einen Platz zu haben

Blicken Auszubildende, die gerade mit der Lehre angefangen haben oder mittendrin stecken, sorgenvoll auf ihre Zukunft? Nicht wirklich, wie unsere Umfrage mit drei Auszubildenden und einer dualen Studentin zeigt. Vielmehr versuchen die Lehrlinge, die schwierige Krisensituation sportlich zu nehmen. Sie sind erst einmal erleichtert, trotz Corona überhaupt einen Ausbildungsplatz zu haben.

Laura Knaus: „Corona hat gezeigt, dass das Handwerk krisensicher ist“

Laura Knaus ist seit dem 1. September Auszubildende bei Holzbau Schmäh in Meersburg.
Laura Knaus ist seit dem 1. September Auszubildende bei Holzbau Schmäh in Meersburg. | Bild: Holzbau Schmäh

Die 23-jährige Laura Knaus hat ihre Ausbildung zur Zimmerergesellin zum 1. September bei Holzbau Schmäh in Meersburg begonnen. Allerdings war es ein fließender Übergang, denn seit Juli dieses Jahres war sie bereits als Praktikantin im Betrieb. „Ich habe mich gefreut über die Zusage, es ging alles sehr schnell und hat super geklappt“, sagt sie.

Die Bewerbungsfrist war eigentlich schon abgelaufen, ihr ursprünglicher Plan ein anderer: Ein Praktikum im pädagogischen Bereich. Es sei aber wegen Corona chaotisch gewesen, sie habe keine Rückmeldungen bekommen. Knaus hat wegen der Krisensituation dafür aber Verständnis.

Es ging Schlag auf Schlag

Vor dem Praktikum beim Meersburger Handwerksbetrieb habe sie also noch nicht mit dem Gedanken gespielt, schon im September eine Ausbildung zu beginnen: „Ich wollte noch andere Praktika machen“, sagt sie. Mit dem Praktikumsbeginn sei es dann aber Schlag auf Schlag gegangen, es folgte das Angebot und ihre Zusage. „Mir hat das Praktikum von Anfang an sehr gut gefallen“, erzählt die 23-Jährige.

Das könnte Sie auch interessieren

Vielmehr als die Corona-Krise habe sie das Praktikum bei der Entscheidung, sich für einen Handwerksberuf zu entscheiden, bestärkt. Die Krise habe zudem aber noch eindrucksvoll gezeigt, dass das Handwerk krisensicher sei. „Die guten Zukunftsaussichten haben mir ein noch sichereres Gefühl gegeben.“

Sie will sich weiterentwickeln

Generell zerbreche sie sich trotz der Krise um ihre Zukunft nicht den Kopf: „Ich möchte viel lernen, Verantwortung übernehmen und interessiere mich für viele Dinge.“ Ihre persönliche Weiterentwicklung – das sei primär wichtig.

Christine B.: „Ich war gespannt, ob die Ausbildung überhaupt wie geplant stattfindet“

Christine B. (55) macht derzeit eine Ausbildung beim Helios-Spital in Überlingen.
Christine B. (55) macht derzeit eine Ausbildung beim Helios-Spital in Überlingen. | Bild: Claudia Prahtel, Helios-Spital

Christine B. macht seit dem 1. August eine Ausbildung zur Pflegefachfrau am Helios-Spital in Überlingen. Das Besondere: Sie ist 55, Mutter von drei erwachsenen Söhnen, zudem bereits ausgebildete Hebamme. In diesem Beruf habe sie aber seit einigen Jahren nicht mehr gearbeitet. Nun möchte sie, wie Claudia Prathel, Pressesprecherin am Helios-Spital, berichtet, den Wiedereinstieg in die Pflege schaffen.

Ungewissheit vor dem Start

„Ich war gespannt, ob die Ausbildung überhaupt wie geplant stattfindet“, schreibt Christine B in einer E-Mail. Findet der Unterricht statt? Wenn ja, in welcher Form? Fragen, die sie sich gestellt habe. Da die Gesundheits- und Krankenpflegeschule des Helios-Spitals Überlingen Anfang August noch geschlossen war, fand die erste Woche im extra angemieteten Dorfgemeinschaftshaus in Nußdorf statt.

Das könnte Sie auch interessieren

Digitales Lernen war wie an anderen Schulen schnell ein wichtiges Thema. Schulleiter Tilman Kommerell berichtet, dass die E-Learning-Angebote auch in Zukunft das Lernangebot ergänzen würden, auch wenn wieder normaler Unterricht stattfinden könne. Insbesondere Migranten würden von dieser Möglichkeit profitieren, E-Learning-Angebote beliebig oft wiederholen zu können.

Sie kann mit Corona umgehen

Angst mache ihr Corona nicht, sie könne damit umgehen. „Als Pflegekraft gehört der Umgang mit infektiösen Patienten zum Berufsalltag“, erklärt sie. Man bekomme ja eine persönliche Schutzausrüstung und müsse sich grundsätzlich an die Hygienevorschriften halten.

Theorieunterricht habe Christine B. montags und dienstags in der Schule am Schloss Rauenstein. „Wir stehen in engem Kontakt mit der Schulleitung und den Lehrern, sodass wir gut über den Ablauf informiert sind“, berichtet die Auszubildende.

Laura Rank: „Ich habe viele Absagen wegen Corona bekommen“

Laura Rank ist duale Studentin – sie arbeitet in der Meersburg-Therme und studiert an der DHBW in Ravensburg.
Laura Rank ist duale Studentin – sie arbeitet in der Meersburg-Therme und studiert an der DHBW in Ravensburg. | Bild: Meersburg Therme

Laura Rank hat im Oktober 2019 ihr Studium Freizeitwirtschaft an der DHBW Ravensburg begonnen – zunächst bei einem anderen Betrieb. Weil es ihr dort nicht gefallen hat, wechselte die 22-Jährige im Juli 2020 zur Meersburg-Therme.

Sie hätte das Studium abbrechen müssen

Den Studiengang musste sie also nicht wechseln, worüber sie sehr froh ist: „Ich hatte zwei Monate Zeit, um einen neuen Arbeitgeber zu finden. Ansonsten hätte ich das Studium abbrechen müssen“, erzählt die duale Studentin. Die Meersburg-Therme kannte sie bereits, als Rettungsschwimmerin hat sie dort vor Jahren gearbeitet – schon damals habe sie sich hier sehr wohl gefühlt.

Betriebe sagen aus finanziellen Gründen ab

Wegen Corona habe sie auf ihre Bewerbungen viele Absagen bekommen. Die Betriebe hätten rückgemeldet, dass sie sich derzeit keine Studenten leisten könnten. „Für mich ist es natürlich super, dass es bei der Therme geklappt hat“, sagt sie.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Arbeit im Büro laufe aktuell relativ normal ab, im laufenden Betrieb spüre man die Krise aber deutlich. Laura Rank fühlt mit Leuten, die in Kurzarbeit sind oder waren. „Als Student habe ich glücklicherweise keine Kurzarbeit, aber dem ein oder anderen Betroffenen tut das finanziell natürlich weh.“

2020 noch zwei Prüfungsphasen

Für sie sei der Lockdown zu einem ungünstigen Zeitpunkt gekommen. Ende März hätte sie Prüfungen geschrieben – kurzfristig sind diese alle ausgefallen. Nun muss sie sich den Stoff neu aneignen und Anfang Oktober abrufen. Sie nimmt es sportlich, dass sie nun im Oktober und Dezember jeweils eine Phase mit mehreren Prüfungen hat: „Es ging ja einfach nicht anders“, sagt sie.

Lisa Kretzer: „Es ist ein gutes Gefühl, einen sicheren Platz zu haben“

Lisa Kretzer hat am 1. September eine Ausbildung bei der Gemeindeverwaltung in Salem angefangen.
Lisa Kretzer hat am 1. September eine Ausbildung bei der Gemeindeverwaltung in Salem angefangen. | Bild: privat

Lisa Kretzer ist 21 Jahre alt. Seit 1. September macht sie eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten bei der Gemeindeverwaltung in Salem. Sie ist froh, sich in Zeiten von Corona nicht um Bewerbungen kümmern zu müssen: „Ich hatte meine Zusage zum Glück schon im vergangenen September. Es ist ein gutes Gefühl, einen sicheren Platz zu haben“, sagt sie.

Sie war vor ihrer Ausbildung in Kurzarbeit

Nach dem Abitur an der Justus-von-Liebig-Schule in Überlingen absolvierte sie zunächst ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), vor ihrem Ausbildungsstart überbrückte sie jüngst ein Jahr. „Da hatte ich jetzt teilweise auch Kurzarbeit“, erzählt sie. Da sie dieses Gefühl nun kennt und auch Mitgefühl für Menschen in Kurzarbeit hat, sagt sie erleichtert: „Für meinen Ausbildungsstart ist es natürlich gut, dass alles normal abläuft.“

Verschiedene Einblicke gewinnen

In der Gemeindeverwaltung gebe es keine Maskenpflicht, auf Abstände müsse aber streng geachtet werden. Darüber sei sie vorab informiert worden. Ihr Ziel sei es nun, „verschiedene Einblicke in einer großen Gemeinde“ zu gewinnen.