Es war richtig, die Gefährdetsten der Gesellschaft zuerst gegen das Coronavirus zu impfen. Das sind zum einen diejenigen, für die im Falle einer Erkrankung ein besonders hohes Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs besteht. Zum anderen sind es die Menschen, die aufgrund ihres Berufs einer besonders hohen Ansteckungsgefahr ausgesetzt sind.

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Eltern sind systemrelevant

Wenn Eltern minderjähriger Kinder nicht gerade aufgrund einer Vorerkrankung oder einer systemrelevanten beruflichen Tätigkeit vorrangig impfberechtigt sind, tauchen sie im Stufenplan der Ständigen Impfkommission zur Priorisierung der Corona-Impfung jedoch gar nicht auf.

Seit dieser Woche kann in Baden-Württemberg zwar in den Arztpraxen mit allen Impfstoffen ohne Priorisierung geimpft werden. Doch es ergeben sich wieder lange Wartezeiten. Damit wird den Eltern ihre Systemrelevanz einmal mehr abgesprochen.

Da Sorgearbeit nicht finanziell entlohnt wird, wird sie oft auch nicht als gleichwertige Leistung anerkannt. Dabei ist das Aufziehen von Kindern eine gesamtgesellschaftlich wichtige Aufgabe, wird aber als Selbstverständlichkeit, ja als Privatvergnügen gesehen.

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Epidemiologischer Nutzen

Aber nicht nur die gesellschaftliche Bedeutung, sondern auch das Ansteckungsrisiko von Eltern wird unterschätzt: In Familien mit Kindern ist das Abstandhalten nicht möglich und auch nicht wünschenswert, zudem sind sie durch Kita und Schule zwangsläufig mit einer Vielzahl von Haushalten verknüpft.

Deswegen stellen Eltern die Knotenpunkte in einem Netzwerk von möglichen Infektionsketten dar, wozu auch berufliche Kontakte und möglicherweise pflegebedürftige Eltern zählen. Allein aus epidemiologischen Gründen spräche daher viel für eine baldige Impfung, denn den größten Effekt erzielt man, wenn man diejenigen zuerst impft, die die meisten Kontakte haben.

Schutzwall für Kinder

Gerade weil es für Kinder in Kürze noch keine Impfung geben wird, ist es wichtig, sie anderweitig zu schützen. Zwar sind sie glücklicherweise eher selten von schweren Verläufen betroffen, doch die Zahl der jungen Patienten, die unter Langzeitfolgen leiden, nimmt zu.

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Eine Möglichkeit wäre gewesen, eine konsequente Niedriginzidenz-Strategie zu fahren, um Kindern einen relativ sicheren Schul- und Kitabesuch zu ermöglichen. Da dies offenbar politisch nicht gewollt ist, obwohl zahlreiche Mediziner und Wissenschaftler darauf drängten, bliebe die Möglichkeit, durch Impfung der Eltern eine Art Schutzwall um die Kinder herum zu errichten.

Nicht gegeneinander ausspielen

Dass Kinder und somit Familien unter den Einschränkungen leiden, ist unbestritten. Doch Veranstaltungen im Innenraum – besonders unter unzureichenden Schutzmaßnahmen – bergen ein erhebliches Risiko und tragen nachweislich zum Infektionsgeschehen bei. Wer den Schul- und Kitabetrieb wirklich sicher gestalten will, darf das Kindeswohl und den Infektionsschutz nicht gegeneinander ausspielen.

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