Ein Vorfrühlingstag wie aus dem Bilderbuch, die wiedereröffneten Villengärten am Seeufer in Überlingen sind bevölkert. Flanieren und Entspannen am See ist jetzt nach dem Rückbau der Schaugärten der Landesgartenschau zwischen Gondelhafen und Bodenseetherme wieder möglich – mit viel Freifläche und unverstelltem Blick auf das Wasser.
Den genießt auch Sophie Schultze mit ihren beiden Kindern Anton und Camilla. „Mir gefällt es jetzt besser so, ohne die künstlichen Inseln und all das“, sagt die junge Überlingerin, die sich mit ihrem Nachwuchs über den wiedergewonnenen freien Seezugang freut. „Ich mag das Steine werfen“, sagt der fünfjährige Anton und lässt den nächsten Seekiesel ins Wasser platschen. Seine Schwester Camilla liebt das Schaukeln. Und, besonders wichtig für die Kinder, die nächste Eisdiele sei in praktischer Nähe, freut sich Sophie Schultze.
Mehr nahe Parkmöglichkeiten als im Uferpark
Ein leckeres Eis mit Blick aufs Wasser, diese Aussicht lockt auch Friedrich Lenhardt aus Tuttlingen immer wieder an den Bodensee nach Überlingen. Für die Landesgartenschau hatten er und seine Frau sich vorab eine Dauerkarte besorgt. „Wegen Corona waren wir aber dann doch unsicher und haben die Karten zurückgegeben“, sagt der Rentner. Beide hätten dann nur ausgewählte einzelne LGS-Angebote wahrgenommen, wenn wenig los war. „Jetzt genießen wir hier die Ruhe und das schöne Wetter“, erzählt Friedrich Lenhardt.
Er wünscht sich, dass die Leute auch in den Uferanlagen weiterhin Rücksicht üben und Abstand halten. Er ist sich sicher: „Corona wird ein Dauerzustand bleiben. Maske, Hygiene und Abstand, diese Regeln müssen wir uns auf Dauer im Alltag antrainieren.“ Der Senior schätzt an den Villengärten die nahegelegenen Parkmöglichkeiten, diese fehlten ihm dagegen beim Uferpark.
Ruhe und Gelassenheit tanken
Franz Kräutle, Lehrer an der Realschule in Trossingen, sucht an diesem Tag Erholung vom anstrengenden Corona-Schulalltag. „Das macht gerade keinen Spaß“, gesteht er und streckt die Beine auf der sonnenbeschienenen Liegebank vor der Villa aus.

„Im Sommer während der Landesgartenschau war uns zu viel los“, erzählt er. „Wir standen schon vor dem Eingang und sind dann doch nicht rein. Aber jetzt sind wir wiedergekommen in Ruhe und Gelassenheit.“ Eigentlich wollten er und seine Partnerin Isabella Merk auch noch zum Entspannen in die Therme, doch die sei bereits voll gewesen. Die neue Ufergestaltung findet der Pädagoge supertoll. „Das ist ein Zugewinn für Überlingen“, ist er überzeugt.
Toilette wird vermisst, ebenso wie im Uferpark
Diese Ansicht teilt auch die Uhldingerin Elena Gall, die mit Mann Sven Neser und dessen Schwester Franziska Neser mit Tochter Clara aus Dinkelsbühl in die Villengärten gekommen ist. „Clara fühlt sich hier auf dem Spielplatz sehr wohl. Aber wir vermissen eine Toilette, hier ebenso wie im Uferpark“, sagt Elena Gall.

Die Eltern haben als Kinder selbst oft hier gespielt
Familie Inan aus Überlingen nutzt den sonnigen Nachmittag ebenfalls für einen Familienausflug. Während Tochter Liana schaukelt, sitzen Vater Mehmet und Mutter Gurbet mit dem kleinen Mervan auf einer der roten Bänke und freuen sich darüber, dass der stadtnahe Parkteil wieder geöffnet ist.

„Als Kinder haben wir selbst oft hier gespielt“, erinnert sich Gurbet Inans Schwester Gülcan Yilmaz. „Überlingen ist ja eigentlich eine Rentnerstadt. Das war früher für uns oft langweilig“, sagt Gurbet Inan und ergänzt: „Aber wenn man selbst Kinder hat, sieht man es anders und genießt die Ruhe.“ Die Schwestern sind gespannt, wie es im Sommer in den Villengärten sein wird. Sie hoffen, dass bei nächtlichen Lagern und Feiern auf der Wiese nicht zu viel Müll und Glasscherben hinterlassen werden. Da könnten dann die Kinder hineintreten und sich verletzen, fürchten sie.
Zum ersten Mal am Bodensee ist Sophia Friedrich aus Zwickau. Zusammen mit ihrem Freund Emanuel Tomasek aus Pfullendorf steht sie am Ufer und blickt begeistert über den See Richtung Bodanrück.

„Ich lebe auch am Wasser, an der Mulde. Aber der Bodensee ist noch viel schöner“, sagt sie und lacht. „Im Sommer läuft jeder hier herum“, sagt Emanuel Tomasek, „da ist es dann sehr voll. Jetzt kann man noch alles in Ruhe genießen.“
Idee eines Pfads am See entlang bis zur Goldbacher Kapelle
Am liebsten ein Bad im See nehmen würde Mirjam van der Linden, die aus Amsterdam für einige Tage nach Überlingen gekommen ist. Sie hat auf der Ufermauer ein Sitzplätzchen gefunden und lässt den Blick über die zartblaue Wasserfläche gleiten. „Ich bin eine Wasserliebhaberin“, sagt die Niederländerin. Aber die Nordsee sei oft sehr rau, der Bodensee dagegen viel ruhiger.

„Mir gefällt die Ruhe und die friedliche Stimmung, die Leute sind entspannt. Der neue Park gibt Überlingen ein Gefühl von Weite“, beschreibt sie ihren Eindruck. Und mit Blick auf das Haus des Gastes ergänzt sie: „Es wäre schön, wenn dort ein Café wäre und eine Toilette.“ Und noch eine weitere Zukunftsvision hat sie für die Ufergestaltung: „Ein Fußpfad wäre schön, komplett am See entlang, von hier bis zur Goldbacher Kapelle.“ Dass der Weg dorthin ein ziemlich langes Stück an der Straße entlangführt, sei doch schade. Ein durchgehender Ufersteg hingegen, das wäre doch eine tolle Sache. Und wer weiß, vielleicht wird ja auch diese Vision eines Tages Wirklichkeit werden.