Verbunden mit vielen Aaahs und Oooohs starteten am Sonntag bunte Luftballons im Uferpark der Landesgartenschau in Überlingen. Bevor die Schau am 17. Oktober endet, wurde noch einmal ein spektakulärer Schlusspunkt gesetzt – und dies im wahrsten Sinne des Wortes.
Drei Kameras hängen am unbemannten weißen Flugobjekt
Achim Mende, SÜDKURIER-Fotograf, und der Überlinger Eventtechniker Heiko Grebing entwickelten gemeinsam einen mit Helium gefüllten Ballon, an den sie drei über ein Kilo schwere Kameras hängten. Das unbemannte Flugobjekt war am Sonntag gegen 14 Uhr prall gefüllt. Als die beiden Männer es entfesselten, ließen hunderte Besucher der Landesgartenschau gleichzeitig pinkfarbene, grüne und blaue Luftballons in die Luft steigen. So wurde mit einem großen weißen Punkt und hunderten bunter Punkte ein Ausrufezeichen an den Himmel über Überlingen gesetzt.

Ballonaktion als Geschenk an die Stadt
„Eine grandiose Landesgartenschau geht zu Ende“, sagte der Überlinger Achim Mende dem applaudierenden Publikum. Die Gartenschau sei für seine Heimatstadt eine große Chance zur Entwicklung gewesen, die die Stadt und ihre Gäste genutzt hätten. Die Ballonaktion war sein Geschenk an die Stadt, die gleichzeitig ihr 1250-jähriges Bestehen feierte.
Heliumballon soll Stratosphäre in 36.000 Metern Höhe erreichen
Während die kleinen Luftballons, behängt mit guten Wünschen für sich und für die Stadt Überlingen, wohl nach ein paar hundert Metern Steigung wieder zu Boden sanken, stieg der Heliumballon unablässig weiter. Bis zu einer Höhe von 36.000 Metern, bis in die Stratosphäre, sollte der Ballon fliegen – so der Plan.

Nach zwei Stunden würde er nach Berechnungen von Mende und Grebing in der Stratosphäre zerplatzen und in tausend Stücken zu Boden sinken. Die Ballonhülle bestehe aus kompostierbarem Naturkautschuk, sagte Mende.
Kameras sollen am Fallschirm irgendwo bei Augsburg landen
Die Fracht mit drei wertvollen Kameras hingegen sollte an einem Fallschirm zu Boden gleiten. Nach Windberechnungen liege der Landeplatz irgendwo bei Augsburg, sagte Mende. Kurz nach dem Start schickte er den Überlinger Piloten Gerhard Plessing mit dessen Flugzeug los, um die wertvolle Fracht, die mit einem GPS-Sender ausgestattet ist, möglichst rasch aufzulesen, bevor sie jemand möglicherweise stiehlt.
Denn nur wenn die Kameras entdeckt und ausgelesen werden können, kommt Achim Mende an die Fotos. Sie zeigen wegen der Bewölkung zwar nicht den Bodensee in Gänze, doch die Region in Süddeutschland in ihrer ganzen Schönheit – so der Plan.

Auf der Jagd nach dem Fallschirm
Der SÜDKURIER durfte bei der Jagd nach dem Fallschirm bei Gerhard Plessing mitfliegen. Wie Achim Mende über Handy an den Piloten vermeldete, sei der Ballon um kurz vor 16 Uhr über Schwendi geplatzt. Bis dahin bestand noch eine Satellitenverbindung mit dem Ballon, dessen Flugbahn – wie vorausberechnet – Richtung Nordosten verlief. Wenn die Berechnungen weiterhin zutreffen, dürfte das Flugzeug aus Überlingen zeitgleich an dem Platz ankommen, wo der herabsinkende Fallschirm landet.

Für Spannung sorgte der Moment, als die App auf dem Handy von Plessing, die den Standort des Fallschirms anzeigte, sich nicht mehr aktualisieren ließ und zunächst unklar war, wo genau sich die wertvolle Fracht befindet. Heiko Grebing gab vom Boden aus Tipps, wie möglicherweise technische Schwierigkeiten überwunden werden könnten.
Laut App sollte der Fallschirm beim Atomkraftwerk Gundrenningen landen
Das gelang auch, sodass der Route des Fallschirms wieder verfolgt werden konnte. Gegen 16.41 Uhr kreiste das Flugzeug in der Nähe des Atomkraftwerks Gundremmingen, denn dort sollte der Fallschirm laut App landen. Gegen 16.45 Uhr war klar: Er ist gelandet – nur wo genau? Pilot Gerhard Plessing und sein Passagier vom SÜDKURIER hatten den roten Fallschirm bei seiner Landung nicht gesehen.

Plessing entdeckt die wertvolle Fracht schließlich in einem Maisfeld
Am Boden war der Sohn von Achim Mende, Jacques Mende, mit dem Auto unterwegs, um die Suche zu unterstützen. Gerhard Plessing war es schließlich, der den roten Fallschirm gegen 17 Uhr in einem Maisfeld entdeckte: „Da liegt er!“ Von der Luft aus lotste er Jacques Mende zum Fundort nördlich von Burgau. Als Mende den Fallschirm geborgen hatte, winkte er nach oben – und Gerhard Plessing quittierte die freudige Nachricht, indem er mit den Flügeln seines Flugzeugs aus der Luft „zurückwinkte“. Mission beendet – Plessing machte sich auf den Rückflug an den See.
Jetzt wird die Auswertung der Bilder zeigen, was die Kameras auf ihrem „Höhenflug“ alles aufgenommen haben.