Es ist ein nicht alltägliches Hörerlebnis, das die Klangkünstlerinnen geschaffen haben. Die Owinger Musikerin Claire-Marie Dreiseitl und die Mainzer Kuratorin Annika Wehrle sprechen von „einer Art Reise von der Seeoberfläche zum Grund“.

Der musikalisch-poetische Tauchgang reiche hinab „von dem Äußerlichen und Alltäglichen zu etwas ganz Innerem bis zur Tiefe der Seele“. In exponierter Lage am Rande des Uferparks gleich neben der Silvesterkapelle in einem Mini-Haus am Bodenseeufer wird das Klangspiel nach Eröffnung der LGS zu erleben sein.

Klänge, Poesie und Legenden rund um den Bodensee

Damit es ein besonderes Erlebnis wird, haben die beiden Künstlerinnen Klänge, Poesie und Legenden rund um den Bodensee eingefangen.

Dateiname : Hörprobe
Datum : 17.03.2021
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Jeweils kleine Details davon sind gepaart mit Musik und eigenen Worten zu einer mehrschichtigen Komposition zusammengeflossen. Komponiert haben Wehrle und Dreiseitl „aus einem Bedürfnis nach einem guten Rhythmus heraus“.

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Zu Beginn haben die Beiden Interviews geführt mit Fischern und Tauchern. „Ein Jahr lang war ich mit einem Aufnahmegerät unterwegs und habe Klänge gesammelt“, erzählt Dreiseitl bei einem Videochat. Ihr erklärtes Ziel sei es gewesen, herauszufinden, „wie die Gegend klingt“.

Oberhalb und unterhalb der Wasseroberfläche unterwegs

Viele Nuancen von Geräuschen sind dabei herausgekommen – oberhalb wie unterhalb der Wasseroberfläche. Die Geräuschsammlung enthält nicht nur schöne Tone. Es sind ebenso vorbei ratternde Züge zu hören oder aneinander schlagende Segelstangen.

Wer steckt hinter der Klanginstallation?

Mit der Historie von dem Entstehen des Bodensees sowie den Örtlichkeiten ringsherum haben sich Dreiseitl und ihre Mainzer Kollegin ebenfalls beschäftigt. Und auch hier wollten sie historisch dunkle Seiten nicht ausklammern. Allerdings haben die Klang-Komponistinnen sich entschieden, die Geschichte der von KZ-Zwangsarbeitern erbauten Stollenanlage im Überlinger Ortsteil Goldbach nicht plakativ zu erzählen.

KZ-Geschichte findet in „dramatischer Zuspitzung“ Anklang

Vielmehr haben sie ein „Klangbild mit dramatischer Zuspitzung“ entwickelt. Dabei kommen unter anderem die klappernden Segelstangen zum Tragen, genauso wie Kratzgeräusche der Güterloren im Stolleninneren oder bedrohliche Karbatschenklänge. Das Bild endet doch noch mit einem Wort. „Es ist „Magnesit“, der damalige Deckname für den Stollenbau.

Reichhaltig recherchiert haben Wehrle und Dreiseitl auch in Literatur und Musik. So versprechen sie beispielsweise eine Begegnung mit dem „Nebelmännle vom Bodensee“, mit Dichtkunst der Schriftstellerin Annette von Droste-Hülshoff und Musikstücken der heiligen Hildegard von Bingen. Für Letztere haben sie zusammen gearbeitet mit dem regionalen Trio BlanscheFlur. Als Nebelmännle-Stimme erklingt eine Männerstimme des Vokalconsort Mainz.

Ihre Musikerkolleginnen von BlancheFlur haben Claire Marie-Dreiseitl beim Singen von Liedgut der Hildegard von Bingen in der ...
Ihre Musikerkolleginnen von BlancheFlur haben Claire Marie-Dreiseitl beim Singen von Liedgut der Hildegard von Bingen in der Silvesterkapelle tatkräftig unterstützt. Von links: Christine Kallenberg, Claire-Marie Dreiseitl und Sarah Kellog. | Bild: Annika Wehrle

Der Audiodesigner Leander Bauer zeichnet für den tontechnischen Feinschnitt verantwortlich, Damian Dreiseitl für das Installieren des Soundsystems. Geführt wird der Tauchgang zu den Seetiefen von Annika Wehrle, die den jeweiligen Hörer abholt in der idyllischen Lage des „mü_see_haus“ mit Blick auf den See, und ihn wieder zurück geleitet. In Gesang-und Sprechgesang-Einlagen erklingt die Stimme von Claire-Marie Dreiseitl.

Wechselspiel zwischen Machen und Entstehen lassen

Es sei faszinierend gewesen, aus der reichhaltigen Auswahl an Gesammeltem eine Gesamtkomposition zusammenzustellen, meinen Wehrle und Dreiseitl unisono. Den Kompositionsprozess beschreiben sie als „Wechselspiel zwischen Machen und Entstehen lassen“. Dabei seien beinahe wie zufällig hörbare, „kleine Perlen“ entstanden.

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Die gesamte Audioexpedition „Vom Grunde“ dauert rund zwanzig Minuten. Das gesammelte Material reicht weit darüber hinaus. „Wir brauchten die Fülle, um zur Essenz zu kommen“, zeigt sich Wehrle überzeugt.

Damian Dreiseitl hat die gesammelten Geräusche technisch verwandelt und Störendes herausgefiltert.
Damian Dreiseitl hat die gesammelten Geräusche technisch verwandelt und Störendes herausgefiltert. | Bild: Dreiseitl/Wehrle