Vor dem Amtsgericht Überlingen steht ein 48-jähriger Mann, der schon in seiner Kindheit Probleme hatte. Er wuchs mit vier Geschwistern auf. In einer Familie, in der es viele Schwierigkeiten gab. Mit zwölf Jahren landete er im Heim. Später machte er seinen Hauptschulabschluss und scheiterte danach zwei Mal an der Ausbildung zum Koch.

Auch die Arbeit als Elektriker konnte der Angeklagte wegen einer Verletzung nicht lange ausführen. Schließlich verfiel er den Drogen, wurde heroinsüchtig. Nach seinem Entzug 2021 bezog er Arbeitslosengeld. Insgesamt 35 Vorstrafen zieren den Lebenslauf des 48-Jährigen. Mehrfach musste er seine Taten im Gefängnis aussitzen.

Staatsanwaltschaft wirft Mann besonders schweren Diebstahl vor

Doch trotz Haft besserte sich bislang nichts an seiner Situation. Das zeigt die jüngste Verhandlung am Amtsgericht Überlingen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann einen besonders schweren Fall des Diebstahls vor. Wie es in der Anklage heißt, habe sich der 48-Jährige am 22. Mai gegen 23 Uhr unerlaubt Zugang zu einer Bäckerei in Uhldingen-Mühlhofen verschafft.

Dort entwendete er Bargeld in Höhe von etwa 220 Euro. Zudem verursachte er Schaden an der Tür der Bäckerei. All das gibt der Mann direkt zu Beginn der Verhandlung in einem umfassenden Geständnis zu. „Es tut mir außerordentlich leid“, sagt er mit Wehmut in der Stimme. Eigentlich sei er auf dem Weg zum Bahnhof gewesen, als er an jenem Tag an der Bäckerei vorbeikam. Der Angeklagte beschreibt seine Handlung als „Hau-Ruck-Aktion“, er sei angetrunken gewesen.

Ein 48-jähriger Mann musste sich jüngst vor dem Amtsgericht Überlingen verantworten. Ihm wurde zur Last gelegt, im Mai 2022 in eine ...
Ein 48-jähriger Mann musste sich jüngst vor dem Amtsgericht Überlingen verantworten. Ihm wurde zur Last gelegt, im Mai 2022 in eine Bäckerei in Uhldingen-Mühlhofen eingebrochen zu sein. | Bild: Mona Lippisch | SK-Archiv

Richter Alexander von Kennel möchte es genauer wissen: „Warum bricht man ein? Hatten Sie Geldprobleme?“ Eine konkrete Antwort hat der 48-Jährige nicht. „Ich weiß es auch nicht. Die Tür ging so einfach auf“, erzählt er rückblickend. Als sich der Angeklagte das Bargeld aus den Kassen schnappte, hörte er ein Geräusch im Haus.

Und plötzlich steht der Einbrecher in der Privatwohnung

Auf der Suche nach einem Versteck öffnete er die Tür zur Privatwohnung. Dort traf der Mann auf die Inhaberin der Bäckerei, die bei seinem Anblick anfing zu schreien. Dies bestätigt die Frau bei ihrer Zeugenaussage vor Gericht. Sie betont: „Der Vorfall hatte Folgen, psychische Folgen mit Schlaflosigkeit. Auch meine Tochter hatte Probleme.“

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Die Frau selbst sei wegen des Vorfalls immer noch in psychologischer Behandlung. „Es ist eben nicht nur der materielle Schaden. Es sind nicht nur die 3000 Euro. So ein Vorfall macht etwas mit einem“, sagt die Inhaberin der Bäckerei leise. Mit trauriger Stimme entschuldigt sich der Angeklagte bei der Frau: „Es tut mir sehr leid. Ich werde den Schaden begleichen, mit monatlichen Raten. Ich weiß, es ist das Schlimmste, wenn jemand in die eigene Wohnung einbricht.“

Die geschädigte Zeugin kann die Entschuldigung des Angeklagten nicht annehmen. Es sei „bedauerlich“, dass diese Einsicht erst jetzt gekommen sei, sagt sie. Und weiter: „Ich hoffe, es gibt eine gerechte Strafe.“ Bei der Straffindung blickt Richter Alexander von Kennel auch auf die beiden jüngsten Verfahren gegen den Angeklagten, die am Amtsgericht Überlingen und am Amtsgericht Ravensburg verhandelt wurden.

Ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe

Die aktuellen Strafen – eine Geldstrafe und eine Freiheitsstrafe – sollen mit dem neuen Urteil zusammen gewürdigt werden, erklärt von Kennel. Deswegen verurteilt der Richter den 48-Jährigen schließlich zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung. Die Einzelstrafe für den Diebstahl in Tateinheit mit Sachbeschädigung im Falle des Bäckerei-Einbruchs beträgt ein Jahr Freiheitsstrafe.

„Der Sachverhalt hat sich bewahrheitet. Sie sind in die Bäckerei eingebrochen, haben Bargeld entwendet, der Inhaberin einen Schrecken eingejagt, den sie jetzt aufarbeiten muss, und haben erheblichen Sachschaden verursacht“, sagt Alexander von Kennel bei seiner Urteilsbegründung zum Angeklagten. Gegen den 48-Jährigen sprechen aus Sicht des Richters die mehrfachen Vorstrafen. „Sie waren in Haft und wurden kurz nach der Inhaftierung schon wieder straffällig.“

Drei Jahre Bewährungszeit mit vielen Auflagen

Zugutehalten könne von Kennel dem Angeklagten sein Geständnis, welches das Verfahren vereinfachte, sowie die Entschuldigung an die Bäckerei-Inhaberin. „Ich meine dennoch, dass die Freiheitsstrafe sein muss“, betont der Richter. Zu den Auflagen, die er dem 48-Jährigen erteilt, gehört eine Bewährungszeit von drei Jahren.

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In dieser Zeit soll sich der Mann um einen Job bemühen, 120 Arbeitsstunden ableisten, den Schaden der Bäckerei wiedergutmachen sowie eine psychologische Beratungsstelle aufsuchen. „Die Frage nach der Bewährung war für mich nicht ganz einfach zu beantworten“, sagt Alexander von Kennel ehrlich und ergänzt abschließend: „Wenn Sie noch einmal straffällig werden, dann ist klar: Dann werden Sie wieder sitzen!“