Die Zahl der tödlichen Badeunfälle steigt. 279 Menschen ertranken in Deutschland in den ersten sieben Monaten des Jahres, 37 mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Gründe hierfür sind häufig eine hohe Risikobereitschaft, Selbstüberschätzung oder Leichtsinn. Und auch in Bad Säckingen treibt die anhaltende Hitzewelle immer mehr Menschen zur Abkühlung in die erfrischenden Fluten des Rheins.
Vier tödliche Badeunfälle binnen einer Woche am Hochrhein
Doch Vorsicht ist geboten, denn die starke Strömung kann lebensbedrohlich werden. Das zeigten zuletzt fünf tödliche Badeunfälle am Hochrhein, vier davon im Landkreis Waldshut binnen einer Woche, einer davon in Murg. Dort geriet ein 38-jähriger Schwimmer in Not. Sieben couragierte Jugendliche versuchten den Mann zu retten. Er verstarb wenig später im Krankenhaus.
Es war am Freitag, 27. Juli, als sich der Vorfall ereignete: Ein 38-Jähriger versuchte am Abend, den Rhein von Schweizer Seite aus zu durchschwimmen. Nach Angaben der Polizei verließen den Mann in der Mitte des Stroms die Kräfte. Er drohte unterzugehen. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort war der 14-jährige Schüler Tobias Albiez aus Murg-Hänner mit seinen sechs Freunden.
Die Jugendlichen aus der Umgebung von Murg zeigten große Zivilcourage. Tobias Albiez erkannte das Problem als erster. "Er rief dem Schwimmer zu, ob er Hilfe benötigt", erzählt der 15-jährige Leon Ecker, der an diesem Tag ebenfalls dabei war. Eine Reaktion blieb aus. Tobias Albiez vermutete zunächst, dass der Mann, sich damit einen Scherz erlaubte. Doch als dessen Kopf plötzlich unter der Wasseroberfläche verschwand, reagierte Tobias Albiez.
14-Jähriger gerät selber in Gefahr
Ehe seine Freunde es bemerkten, schwamm der 14-Jährige, der sich mit Freund Leon Eckert etwas Fluss aufwärts im Wasser aufhielt, zu dem Mann, um ihm nochmals seine Hilfe anzubieten. Der unter Schock stehende Erwachsene klammerte sich in Panik an Tobias Albiez – was dem Jungen beinahe zum Verhängnis wurde: „Der Mann wurde bewusstlos.
Das hat es erleichtert, ihn ans Ufer zu bringen“, erzählt Leon Eckert. Da Tobias Albiez dies nicht alleine geschafft hätte, rief er seine Freunde um Hilfe. Leon Eckert schwamm daraufhin direkt zu ihm. Auch Rico Fischer und Benett Hannemann sprangen in das Wasser und unterstützen die Rettungsaktion.
Zu viert brachten sie den bewusstlosen Mann an das Ufer. Währenddessen forderte Tobias Albiez seinen Freund Marvin Knab auf, der gemeinsam mit zwei weiteren am Ufer geblieben war, den Notruf zu alarmieren. Nachdem die Jugendlichen den Mann ans Ufer gezogen hatten, begann Tobias mit seinem Freund Bennet Hannemann sofort mit der Herzdruckmassage.
Leon Eckert kümmerte sich um die Einweisung der Rettungskräfte, da der Unglücksort etwas abseits hinter dem Naturbad Murhena lag. Rund 90 Minuten dauerte es, bis Sanitäter und Notarzt den Mann stabilisieren konnten. Als dieser transportfähig war, wurde er schließlich mit dem Helikopter in ein Krankenhaus geflogen. Trotz der mutigen Rettungsaktion, bei der die Jugendlichen sich selber in Lebensgefahr begaben, verstarb der Mann am darauffolgenden Tag in einer Klinik.
Erlebnis bleibt emotionale Belastung
Das Erlebte schwirrt seither durch die Köpfe der sieben Freunde. Um die psychische Belastung dieses Ereignisses besser verarbeiten zu können, möchten die Jugendlichen Kontakt zur Familie des Verunglückten aufnehmen, um auch an dessen Begräbnis teilnehmen zu können. In Gedenken an den 38-Jährigen errichteten sie am Ort des Unglücks zudem eine Gedenkstätte: Am Ufer entzündeten sie eine Kerze. Und aus den Kleidungsstücken und der Sonnenbrille des Mannes, die noch gefunden wurden, errichteten sie einen Schrein.
Eine schwarze Woche am Hochrhein
Bei den derzeit extremen Sommertemperaturen gehört für viele Menschen die Erfrischung im kühlen Nass einfach dazu. Doch trotz zahlreicher Gefahrenhinweise durch die Polizei passieren immer wieder tragische Badeunfälle mit tödlichem Ausgang. So begann am 23. Juli am Hochrhein eine Serie mit vier Unglücken innerhalb von nur sieben Tagen, als ein gambischer Flüchtling bei Weil am Rhein ertrank. Kaum 24 Stunden später, am 24. Juli, kam es erneut zu einer Tragödie, zu deren groß eingeleiteten grenzübergreifenden Suchaktion von Felsnau in der Schweiz bis Dogern bei Waldshut zahlreiche Rettungskräfte im Einsatz waren.
Nach dem Vorfall in Murg am 27. Juli folgte der vierte tödliche Badeunfall nur zweit Tage später bei Küssaberg: Am Sonntag, 29. Juli, ging ein 83-jähriger Mann gemeinsam mit einem Freund im Rhein nahe der Schweizer Grenze schwimmen. Nachdem nur der Freund wieder aus dem Wasser gekommen war, folgte ein größerer Sucheinsatz. Auch ein Polizeihubschrauber war daran beteiligt. Der Mann wurde schließlich entdeckt und mithilfe eines Bootes geborgen. Trotz sofortiger Wiederbelebung konnte nur noch sein Tod festgestellt werden.
Tödliche Badeunfälle
Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaf Hochrhein (DLRG) verzeichnete in diesem Jahr bisher fünf tödliche Badeunfälle, allesamt im Rhein in den Landkreisen Lörrach und Waldshut. Das teilte Felix Ihringer, Einsatzleiter der DLRG am Hochrhein, auf SÜDKURIER-Nachfrage mit. Im vergangenen Jahr ertranken in seinem Einsatzbereich demnach drei Personen. 2016 waren es elf Unglücksfälle, davon neun im Rhein. "Das liegt auch daran, dass wir ein Land der Nichtschwimmer werden", beklagt Ihringer. In ganz Baden-Württemberg verzeichnete die DLRG in diesem Jahr bislang 37 tödliche Badeunfälle. Das teilte Ludwig Schulz, Leiter der DLRG-Geschäftsstelle in Karlsruhe, auf Nachfrage mit. Im ganzen letzten Jahr waren es im Vergleich dazu 37 dieser tragischen Vorfälle. Die meisten tödlichen Badeunfälle in den letzten zwölf Jahren zählte die DLRG 2009 mit 61 Vorfällen.
Die Wasserschutzpolizei Breisach-Vogelgrun verzeichnete im Zeitraum zwischen 2005 und 2017 zwölf Fälle, in denen Menschen Schwimmern in Not das Leben retteten. Die Retter erhielten eine Ehrung für ihren Einsatz.
Schwimmen im Rhein: Hilfe für Menschen in Not

Volkmar Krause, 74 Jahre alt, ist ein DLRG-Urgestein. Seit 55 Jahren hilft der Bad Säckinger Schwimmern in Not, ob im Waldbad oder im Rhein. "Das Wasser ist seit jeher mein Element", sagt Krause, der selber tagtäglich im großen Strom schwimmen geht. Was es dabei zu bachten gilt und welche Maßnahmen Laien ergreifen sollten, wenn sie einen Schwimmer in Not sehen, hat Krause dem SÜDKURIER verraten:
Wie einem Schwimmer in Not helfen?
Für Krause steht fest: Erblickt jemand einen Schwimmer in Not, sollte zuallererst der Rettungsdienst verständigt werden. "Das ist ein sehr entscheidender erster Schritt", sagt Krause. Anschließend sollte der Retter eine wichtige Abwägung vornehmen: "Man muss überlegen, ob man die entsprechenden Rettungsmittel hat", sagt Krause weiter. "Denn es ist wichtig, sich selber nicht in Gefahr zu begeben – sonst gibt es am Ende im schlimmsten Fall zwei Tote." Rettungsmittel, damit meint Krause nicht nur Schwimmhilfen wie Schwimmbojen, -westen oder flossen. "Man sollte selber ein guter Schwimmer sein, eine gute Kondition und Konstitution haben", so der 74-Jährige.
Besitzt man diese oder entsprechende Hilfsmittel, gibt es bei der Rettung weitere Dinge zu beachten: "Man sollte Ertrinkende stets von hinten anschwimmen, die diese in der Ausnahmesituation nicht selten in Panik geraten, den Retter umklammern und unter Wasser drücken können", rät Krause. Hat man es an Land geschafft, gelte es, die Atmung zu kontrollieren und gegebenenfalls direkt mit der Wiederbelebung zu beginnen: mit Mund-zu-Mund-Beatmung kombiniert mit Herzrhytmusmassagen, stets im Wechsel.
Welche Gefahrenquellen gibt es?
Dass es erst gar nicht solchen Gefahrensituationen kommt, empfielt Krause Schwimmern, mehrere Dinge zu beachten: "Man sollte bei der aktuellen Hitze langsam in das Wasser steigen", rät Krause. So könne ein Kälteschock eine lähmende Wirkung haben, im schlimmsten Fall gar einen Herzinfarkt verursachen. Zudem sollte man die Nähe zu Wehranlagen wie auch die Mitte des Flusses meiden: "Dort ist die Strömung stärker und es fahren dort auch Schiffe." Schwimmer sollten deshalb immer in Ufernähe bleiben.
Aber auch hier können Gefahren lauern: "Der Biber hat auf Höhe der Kläranlage einige Bäume gefällt, die in das Wasser ragen", sagt Krause. Drückt die Strömung einen Schwimmer gegen die Äste, könnte er im schlimmsten Fall feststecken und ertrinken. "Man sollte deshalb stets die Augen offen haben und natürlich auch einen Ausstieg im Blick", rät Krause.