Peter Koch

Seit drei Wochen hat die Gastronomie den Betrieb wieder aufgenommen. Die Umsetzung der Hygienevorschriften und Abstandsregelungen ist aufwändig und für die Betreiber zeitintensiv und anstrengend. Vor allem für den Service, der den ohnehin schon anstrengenden Job nun mit Mund-Nasenbedeckung ausüben muss. Wie also haben sich die Regeln in der Praxis etabliert, und wie strikt halten sich die Menschen daran? Wir haben uns umgesehen.

Generell zeigte sich bei den stichprobenartigen Recherchen, dass die Wirte alle sehr bemüht sind, den Spagat zwischen geforderter Distanz und notwendiger Kundennähe zu bewältigen. Alle Beteiligten scheinen verstanden zu haben, dass die Gastronomie nur über Vertrauen die verunsicherten Kunden zurückgewinnen kann. Viele Betriebe haben hervorragende und akribisch vorbereitete Konzepte eingeführt, die in der Theorie nicht zu beanstanden sind. Dennoch werden bei genauerem Hinsehen durchaus große Unterschiede sichtbar – aber auch Schwierigkeiten die in der neuen Form von Betriebsalltag zum Problem werden könnten.

Der eine Wirt stellt Tafeln auf, um auf Speisekarten verzichten zu können, der andere händigt herkömmliche textile Speisekarten-Varianten aus, die nicht desinfizierbar sind. Derweil haben die Mitarbeiter oft ihre liebe Not mit dem Mundschutz, der immer wieder angefasst wird, weil er verrutscht oder nervt. Hier liegt natürlich ein gewisses Gefahrenpotential, denn auf diesem Wege gelangen Viren vom Geschirr des Gastes an den Mund des Kellners, oder eben umgekehrt werden Viren auf Geschirr oder Gläser des nächsten Kunden übertragen. Ebenfalls schwer nachvollziehbar: Das Personal trägt die vorgeschriebene Mund-Nasen-Bedeckung, während der Chef ohne Schutz von Tisch zu Tisch läuft, um Gäste zu begrüßen. So werden an sich gute Betriebskonzepte ad absurdum geführt.

Manch einen erinnert die Schilderflut im Gastgewerbe an eine deutsche Landstraße. Wie lange die Vorschriften bleiben, ist nicht abzusehen.
Manch einen erinnert die Schilderflut im Gastgewerbe an eine deutsche Landstraße. Wie lange die Vorschriften bleiben, ist nicht abzusehen. | Bild: Peter Koch

Nächster Stolperstein: Die Aufnahme der Kontaktdaten der Gäste, um etwaige Infektionswege nachverfolgen zu können. In einigen Betrieben wurde dies schlicht vergessen. In einem Lokal gab es für die Gäste eine fortlaufende Liste, um die Kontaktdaten einzutragen. Damit konnte jeder Gast sehen, wer vorher im Lokal war, um welche Uhrzeit, an welchem Tisch, und welche Telefonnummer er hat. Datenschutzrechtlich also eine sehr heikle Angelegenheit.

Derweil fand schon vier Tage nach Wiedereröffnung die Reservierungspflicht in einigen Betrieben keine Anwendung mehr. Hier war wohl die wirtschaftliche Not bestimmend – oder der gastronomische Grundsatz, dass man einen Kunden nicht wegschickt, weil er nicht reserviert hat. Aber gemäß der Vorschriften soll durch Reservierungen ja gewährleistet werden, dass genügend Zeit zur Reinigung bleibt, bevor die nächsten Gäste kommen.

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Dies wäre für alle eine Katastrophe und es stellt sich die Frage, nicht nur für die Gastronomie, sondern für alle Gewerbetriebe mit Kundenkontakt, wer überprüft, ob die Vorschriften zur Eindämmung des Corona Virus korrekt umgesetzt werden? Die Ämter müssten garantieren, dass alle nach denselben Spielregeln spielen und keiner die gesamte Branche gefährdet. Denn anders als früher haben Verfehlungen einzelner unter Umständen heftige Auswirkungen auf alle.

Es mangelt an Kontroll-Möglichkeiten

Doch wie wird die Einhaltung der Corona-Vorschriften eigentlich überprüft? Zuständig für die Kontrolle sind die Ortspolizeibehörden, also die Gemeinen. Doch eine Anfrage unserer Zeitung bei den Kommunen in der Region zeigt, dass lediglich die Städte überhaupt in der Lage sind ein gewisses Potenzial an Außendienstmitarbeitern einzusetzen.

Martina Bögle, Leiterin des städtischen Ordnungsamtes Laufenburg, teilte mit, dass hierfür zwei Teilzeitmitarbeiter umgeschult worden seien: Diese kontrollierten nun die Einhaltung der coronarelevanten Verordnungen anstatt den ruhenden Verkehr. In Bad Säckingen werden sogar noch drei Minijober gesucht, die die Stadt bei den Kontrollen unterstützen sollen.

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In kleineren Gemeinden wie Herrischried, Rickenbach oder Görwihl sind die Ämter, nach Auskunft der Bürgermeister, mit den regulären Tätigkeiten und der ständigen Aktualisierung der Rechtslage zu den Corona-Verordungen ausgelastet. Kontrollen können hier lediglich nach konkreten Anzeigen stattfinden, oder indem der Bürgermeister sich selber die Zeit nimmt und seine Gewerbetreibenden vor Ort aufsucht.

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Generell stehe der Servicegedanke im Vordergrund: Es gehe darum, die Betriebe mit aktuellen Informationen zu versorgen und bei Nachfragen auch Hilfestellung zu leisten. Bürger, die Verfehlungen feststellen, sollten diese im direkten Gespräch mit dem Unternehmer oder dem Personal klären, lautet ein Hinweis. Anzeigewürdige Verstöße können den zuständigen Ordnungsämtern gemeldet werden.

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Klar ist: Die Einhaltung der Corona-Vorschriften hat weiterhin hohe Bedeutung, und um Grunde trägt jeder Einzelne einen Teil der Verantwortung, dass die bereits eingeleiteten Lockerungen auch bleiben oder besenfalls ausgeweitet werden. Denn schon 86 Neuinfizierte in sieben Tage reichen, und der Landkreis Waldshut steht vor der Entscheidung einen erneuten Lockdown durchführen zu müssen.