Michael Hunziker

Das Bohrgerät ist nicht zu übersehen von der Bözbergstrasse aus, ragt zwischen den weißen Containern rund 25 Meter in den – an diesem windigen Nachmittag – wolkenverhangenen Himmel. Auf dem Bohrplatz „Bözberg 1“ zwischen saftig grüner Wiese und Waldrand hat die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) diese Woche den Betrieb aufgenommen.

Das könnte Sie auch interessieren

Durchgeführt wird eine Sondierbohrung – die vierte ins­gesamt, die erste in der Region Jura Ost. Auf der Suche nach einem sicheren Standort für ein geologisches Tiefenlager für die radioaktiven Abfälle wird der Untergrund untersucht.

Immer wieder Gesteinsproben

Der Regen fällt, das monotone Rattern ist zu hören. Patrick Studer, Leiter der Nagra-Medienstelle, steht auf der Aussichtsterrasse. „Mit diesem Gerät bohren wir rund 1000 Meter in die Tiefe“, erklärt er und fügt an: „Unterwegs nehmen wir immer wieder Gesteinsproben. Uns interessiert vor allem die Schicht in voraussichtlich rund 400 bis 500 Metern Tiefe. Wir wollen Erkenntnisse gewinnen zur Dicke, Dichtigkeit und Zusammensetzung des Wirtgesteins Opalinuston, in dem das Tiefenlager dereinst gebaut werden soll, sowie zu den angrenzenden Gesteinen in diesem Bereich.

Eingespieltes Team im Einsatz

Rund um die Uhr werden die Stangen in den Boden getrieben in den kommenden sechs bis neun Monaten. Im Schichtbetrieb im Einsatz steht ein eingespieltes Team aus jeweils zehn bis 20 Personen: erfahrene Bohrspezialisten einer englischen Firma, Ingenieure sowie Geo­logen. Letztere werden die drei Meter langen Bohrkerne in Empfang nehmen und sofort eine Analyse durchführen des Materials, das nach 175 Millionen Jahren zum ersten Mal an die Ober­fläche gelangt. Eine Tätigkeit, die höchste Sorgfalt und Konzentration erfordert. Denn bei einer Tiefbohrung, die um die 15 Millionen Franken kostet, dürften keine Fehler passieren, betont Nagra-Sprecher Studer.

Das könnte Sie auch interessieren

Ein Anliegen ist der Nagra, die Immissionen gering zu halten. Beim Bohrplatz „Bözberg 1“ in der Nähe der Weiler „Ursprung“ und „Vierlinden“ könnten die strengen Lärmgrenzwerte ohne spezielle vorsorgliche Massnahmen eingehalten werden, sagt Studer. Mit einem entsprechenden Konzept werde auch die Lichtverschmutzung minimiert. Ein weiteres wichtiges Thema sei der Verkehr. Zu- und Wegfahrt erfolgen über das gleiche Strässchen und werden mit einem Lichtsignal geregelt. Der Wanderweg, der ebenfalls über die Route führt, ist für die Dauer der Baustelle auf einen separaten Streifen verlegt worden.

Fragen per E-Mail oder Telefon möglich

Zwar sei der Nagra der Dialog mit der Bevölkerung wichtig, ergänzt Studer. Wegen der Coronapandemie aber seien Besucherpavillon und Aussichtsplattform derzeit geschlossen, Bohrplatzführungen und öffentliche Besuchstage nicht möglich. Fragen und Anliegen
werden entgegengenommen per E-Mail (info@nagra.ch) oder Gratis-Hotline 0800 437 333.

In der Region Jura Ost ist am Standort „Bözberg 2“ – unweit der Landwirtschaftsbetriebe Äbertsmatt und Riedacker – eine weitere Tiefbohrung geplant. Der Bohrplatzbau hat Anfang April begonnen, die Bohrung startet voraussichtlich in diesem Sommer.