Wenn in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie die Fasnacht ausfällt, so konnten sich die Narrenzünfte seit Monaten darauf einstellen. Anders war dies beim ersten Golfkrieg im Jahre 1991. Hier mussten sich die Verantwortlichen in kürzester Zeit entscheiden, ob die fünfte Jahreszeit stattfinden soll oder nicht.
„Hüt beginnt sie wieder, dia närrische Zit/bis zum Aschermittwoch/isch no recht wit/drum mümer, vu hütt a mit ünsere Kraft für die Narredei schaffe/dass alles au klappt/denn lustig +fröhlich soll d´Fasnacht si. Als der Fasnachtsruef 1991 am „ölfte ölfte nünzehundertnünzig“ verkündet wurde, war die Vorfreude auf die fünfte Jahreszeit groß. Zu diesem Zeitpunkt wusste niemand, dass der Beginn gleichzeitig das Ende der närrischen Saison sein sollte.
„Es spielt keine Rolle, ob mit Maschinengewehren oder Atomwaffen geschossen wird, eine Zeit mit möglicherweise vielen Kriegstoten am Golf ist, keine Zeit für die Narren“, begründete der damalige Bad Säckinger Zunftmeister Franz Meyer den schmerzhaften Schritt, aufgrund des Golfkrieges alle närrischen Veranstaltungen in der Stadt abzusagen.
Für unangebracht hielt der Zunftmeister die öffentlichen Umzüge und die mit der Straßenfasnacht verbundene Knallerei. Zu groß war ihm auch das Risiko, dass bei Umzügen mit 10.000 und mehr Besuchern mit Blockaden und Kriegsgegnern gerechnet werden müsse. Nichts dagegen hatte Meyer, wenn sich ein paar Aktive der Narrenzunft zur Mehlsuppe zusammensetzen, aber ohne fasnächtliche Dekoration.

Für die Narrenzunft war die Absage der Fasnacht 1991 ein harter Schlag. Das Bühnenbild mit Altenstift und Rudolf-Eberle-Platz für den Narrenspiegel im Kursaal, war bereits aufgebaut. Das Programm stand. Die Akteure auf der Bühne, darunter Wolfgang Butz, der die Traditionsfigur des Paukenmanns präsentieren sollte, waren bestens vorbereitet.

Hier ein Auszug aus dem Manuskript des Paukenmannes, das unveröffentlicht im Narrenbuch der Narrenzunft dokumentiert ist: „Saddam Hussein gege d´USA/wegem Kuwaitöl fangt de Golf-Krieg a/ und damit sich die ganz´ Welt wehrt/wird bi üs Fasnacht ig´sperrt/ dass des Texte it ganz umesuscht gewesen/ isch do ä Beispiel nachzulesen“: Ays Fritz schenkt sinem Göttibub uf Weihnachte en neue Trainingsanzug/ unterm Christbaum d´Überraschig isch riesegross/ im Päckli isch, statt em Trainer, vum Fritz ä Molerhos´. Eine weitere Begebenheit: „Bi de Stadtmusik, jetzt muen er lose/duet de Friseur Wissler d´Trompete blose/Bösi Zunge b´haupte: Achtung! Lose!/ er darf nur mime und it ihne blose“.
Und dies waren auszugsweise die Programmpunkte, einschließlich der Mitwirkenden des Narrenspiegels, der nicht stattfand: Jubelpaar (Beate Lauber und Otmar Bührer), Narrenschule (Michael Ebner, Rolf Meyer, Rudolf Guber, Joachim Kürz, Alexander Urich und Michael Traum), Jungbrunnen-Tanz (Irene Schwarz, Susi Hoschke, Alexandra Vetter, Anja Butz, Sabine Künze, Sabine Huber, Bettina Himmelsbach, Karin Thoma, Tanja Lüber, Claudia Mayer und Sabine Schmidt), Fliege (Stefan Harsch), Hexenstadl (Conny Skambraks, Horst Podien, Helmut Riemke, Marian Bodgoll, Stefanie Heinrich, Otmar Bührer und Charly Ilg), Heidewiibli (Adelheid Enderle), Wäschwiiber (Kurt Gießler und Herbert Hölderle), Wälder (Fritz Egle und Bernd Schaubinger) sowie die Quell-Nymphen (Elisabeth Strauß und Elisabeth Fischler). Neben dem Narrenspiegel fielen der Wäldertag, der Wiiberklatsch, der Umzug, die Kinderfasnacht, mehrere Bälle sowie die Böögverbrennung aus.

Doch der Narrenzunft blieb ein Trost. Die bisherigen Anstrengungen, waren nicht ganz umsonst. Das von Walter Michel gestaltete Bühnenbild erfreute beim Narrenspiegel 1992 die Besucher. Und manche Textpassage aus 1991 fand sich in den Beiträgen wieder.
Nicht nur die Narren waren von dem Verzicht der Fasnacht betroffen, sondern auch Kindergärten, Schulen und Spielwarengeschäfte. Die meisten Kindergärten boten den Kindern ein Ersatzprogramm wie beispielsweise ein Ball der Tiere mit auf das Motiv abgestimmten Kostümen, ein Märchenfest, gemeinsames Kochen oder eine Zaubervorstellung. „Es gibt keinen Krieg, der das vergossene Blut rechtfertigt“, mit diesem oder ähnlich lautenden Plakaten, bekundeten rund 300 Schüler des Scheffelgymnasiums kurz vor Ablauf des Ultimatums bei einer Mahnwache ihren Apell nach einer friedlichen Lösung. Obwohl die Spielwarengeschäfte weniger Umsatz bei den Fasnachtsartikeln erzielten, verkauften sie überraschend Spielzeugwaffen mit Munition sowie kriegerischen Zubehör.