Groß war die Hoffnung, dass in den Kindergärten der Stadt nun schnell etwas gegen den ärgsten Sanierungsstau gemacht werden könnte, denn die Stadt muss ungeplant Überschüsse in Höhe von 1,5 Millionen Euro abbauen, um keine Strafzinsen zahlen zu müssen. Allerdings: Die Kindergärten werden dabei nicht bedacht. Dagegen regt sich nun Widerstand von den Leitungen und den Eltern. Doch die Stadt sieht das anders.
Wie der SÜDKURIER berichtete, muss die Stadt wegen drohender Negativzinsen Geld ausgeben und investiert deswegen. Konkret beschloss der Gemeinderat Investitionen in Höhe von knapp 1,5 Millionen Euro. Mit dem Geld sollte unter anderem ein zinsloser Kredit in Höhe von 830.000 Euro abgelöst werden. Das geht nun aber doch nicht so einfach, weil die KfW dies nicht zulasse, schildert Bürgermeister Alexander Guhl im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Definitiv anderweitig verplant wurden aber die restlichen 600.000 Euro: In die Sanierung der Bergstraße/Heimbachweg (65.000 Euro) sowie Mühlenweg (65.000) in Rippolingen, in neue Bodenbeläge in drei Büros im Rathaus (10.000), in den Einbau von Funkwarnmeldern Rathaus (20.000), in die Lüftungsanlage im Gloria-Theater (220.000) und den Bau einer Fluchttreppe im Scheffel-Gymnasium (220.000).
Kindergärten vergessen?
„Scheinbar ist es keinem in den Sinn gekommen, auch die eine oder andere Kindertagesstätte zu bedenken“, schreiben die Kita-Vertreter in einem Brief an unsere Zeitung und liefern gleich eine ganze Reihe von Vorschlägen mit, wo dringend in die Verbesserung des Ist-Zustands der Einrichtungen investiert werden könnte. Dabei sei alles nicht neu. Die Enttäuschung, dass die Einrichtungen nicht berücksichtigt wurden, sei folglich groß, betont daraufhin Bianca Stratmann, Leiterin des Wallbacher Kindergartens, im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Sie hat gemeinsam mit ihrem Elternbeirat und den Leitungen der Kindergärten Obersäckingen, Rippolingen und Harpolingen den Brief verfasst. „Von der Stadt ist immer wieder gesagt worden, es sei kein Geld da und wir wurden vertröstet“, sagt Stratmann. Und so herrsche nun Unverständnis. Auch darüber, dass niemand in der Ratsrunde angeregt habe, dass es dringenderen Handlungsbedarf gebe als Fußböden im Rathaus zu erneuern, so Stratmann weiter.

Bereits seit 1997 sei das Dach des Wallbacher Kindergartens undicht. Die Sanierung ist nun bewilligt. Auf den schon lange gewünschten Anbau wartet der Kindergarten jedoch weiter. Hier soll unter anderem eine neue Toilette ihren Platz finden, aktuell nutzen die zwölf Mitarbeiter eine Toilette. Anstatt das zinsfreie Darlehen abzulösen, hätte man den Anbau finanzieren können, schlägt die Kindergartenleiterin vor. „Die Eltern wollen nicht mehr abwarten“, betont sie.
Leidensdruck ist groß
Von beinahe „unglaublichen Zuständen“ im Wallbacher Kindergarten berichtet auch Anne Steinebrunner, die Vorsitzende des Elternbeirats. „Der Anbau ist dringend nötig, unsere Kinder essen im Flur“, betont sie. Denn einen Speisesaal gibt es nicht. Noch schlimmer: In den Gruppenraum laufe das Wasser aus dem undichten Dach die Wände herunter, und das direkt über dem Sicherungskasten. Es habe sich wegen der Feuchtigkeit im vergangenen Sommer bereits Schimmel entwickelt. Das gebe Anlass zu Fragen, etwa auch dahingehend, wann die Sanierung denn endlich vollzogen und in welchem Umfang sie realisiert werde.
Gegen den Schimmel brauche es schnell eine Lösung oder zumindest ein Gutachten, dass Gesundheitsschäden für die Kinder auzuschließen seien, so Steinebrunner. Das letzte Gutachten sei zwei Jahre her. Viele Eltern machen sich Sorgen um die Gesundheit ihrer Kinder. „Es ist schade, wenn man bei den Kleinsten der Gesellschaft spart auf Kosten der Sicherheit und der Gesundheit“, so die Mutter. Neben dem Schimmel gebe es weitere Gefahren. Unter anderem sei ein Stück vom Dach heruntergebrochen – zum Glück an einem Wochenende. Es sei unverständlich für die Eltern, dass die Sanierung so lange vorgeschoben wurde und so bleibt die Frage: „Warum hat man nicht früher reagiert?“ Steinebrunner und die Eltern wünschten sich eine bessere Zusammenarbeit mit der Stadt, eine offene Kommunikation auf respektvoller Ebene, sagt sie. Auch andere Kindergärten hätten Investitionen dringend notwendig.
Einrichtungen auf altem Stand
Auch vom Kindergarten Rippolingen gibt es Beschwerden und Kritik: „Ich verstehe die Welt nicht mehr. Hier hört man, dass das Geld schnell ausgegeben werden soll, aber dringende Maßnahmen werden weiter vorgeschoben“, sagt dessen Leiterin Cordula Wulf. Die Stadt solle doch dorthin schauen, wo die Zukunft liegt. Die Einrichtung nutze den öffentlichen Spielplatz auf der anderen Straßenseite, denn es gebe kein eigenes frei zugängliches Außenspielgelände. So könne man immer nur mit allen Kindern gleichzeitig auf den Spielplatz.

Auch in anderen Bereichen sei vieles im Argen in der Einrichtung, die auf einem „alten Stand“ sei, informiert Wulf. Dies führe auch dazu, dass es umso schwieriger sei, neues Personal zu finden. „Es geht nicht darum, Vorwürfe zu machen, sondern darauf aufmerksam zu machen, dass die Einrichtungen auf den heutigen Stand angehoben werden sollten und nicht nur das Allernötigste gemacht wird“, so Wulf. „Wenn was notwendig ist, muss es einfach möglich sein, dass es auch gemacht wird.“ Sie betont die Unterstützung durch den Ortschaftsrat.
Auch an einfachen Dingen fehlt es
Auch weitere Kindergärten hätten Investitionen notwendig. In einer Einrichtung fehle seit über einem Jahr ein neues Klettergerüst, schreiben die Verfasser des Beschwerdebriefs an unsere Redaktion. „Manche Kindergärten hätten gerne einfach ein Sonnensegel, damit nicht Eier auf der Rutsche im Außenspielbereich gebraten werden können“, wenn es im Sommer heiß sei. Auch über ein wenig neues Spielmaterial hätten sich bestimmt viele Kindergärten sehr gefreut, heißt es weiter.
Das sagt die Stadt dazu
Bürgermeister Alexander Guhl habe Verständnis,dass es wie er sagt „eine blöde Situation“ sei, dass die Stadt nun so viel Geld ausgebe. „Faktisch haben wir kein Geld, nur einen kurzfristigen Liquiditätsüberschuss“, erklärt er. Oberste Priorität sei weiterhin der Abbau von Schulden. Die nun unplanmäßigen Investitionen seien allesamt schon im Haushalt 2020/2021 enthalten gewesen und aufgeschoben worden. Die meisten Maßnahmen seien aus dem Tiefbau, wo es derzeit Arbeitskapazitäten gebe, die bereits länger vorgesehen seien. Das Büro des scheidenden Ordnungsamtsleiters soll in der Zeit saniert werden, in der es leer steht.
Für das Dach und den Anbau des Wallbacher Kindergartens hätten sich die Kosten um das Doppelte erhöht und somit hätte der jetzige Haushalt den Anbau nicht tragen können. Allerdings stehe der Anbau im Haushalt 2022. Im kommenden Jahr sollen damit 285.000 Euro in den Wallbacher Kindergarten investiert werden, erklärt Guhl.
Und auch zur Dachsanierung gebe es gute Nachrichten: „Die Baumaßnahme wurde vom Träger direkt nach Beschluss des Gemeinderats beauftragt. Es ist geplant, dass sie noch in diesen Herbstferien durchgeführt wird“, so Bauamtsleiterin Margit Ulrich. Ist das Dach saniert, sollen auch mögliche Schäden am Gebäude in diesem Zuge beseitigt werden, sichert Ulrich zu.
Guhl sagt im Gespräch mit dem SÜDKURIER, dass er von Schimmel im Wallbacher Kindergarten nichts wisse, in einem solchen Fall werde aber sofort reagiert. In der Einrichtung habe es wegen des Dachs schon einige Noteinsätze gegeben, räumt er ein. Auch der Schadensfall beim Dach sei schneller eingetreten als erwartet. Zur Kommunikation sagte der Rathauschef, dass diese mit der Verrechnungsstelle des Trägers als Ansprechpartner sehr gut funktioniere.
Einmal im Jahr unternehme der Gemeinderat eine Begehung der Kindergärten, die Letzte war im Frühjahr. Die Mängel-Liste, die dabei erarbeitet wurde, werde sukzessive abgearbeitet, erläutert Guhl. In die Kindergärten werde immer wieder investiert: 2020 habe man den Kindergarten Gallus saniert, Sanierungsmaßnahmen für die Kindergärten Rippolingen und Harpolingen seien im Haushalt 2022 eingeplant. Margit Ulrich ergänzt, dass auch einige Mittel für Anschaffungen wie Sonnensegel oder Spielgeräte im kommenden Haushalt eingeplant werden sollen. „Wir wollen dann die Außenanalgen instand halten und die Kinder vor Sonne schützen“, so Ulrich. „Wir bemühen uns wirklich für unsere Kinder und Jugendlichen“, betont Bürgermeister Guhl.