Wie es in Bad Säckingen nach der überraschenden Schließung der Notfallpraxis Ende Oktober mit der gesundheitlichen Grundversorgung weitergeht, ist konkret weiter offen. Eine mangelhafte Gesundheitsversorgung dürfe für die wachsende Stadt Bad Säckingen und die Region aber nicht zum Standorthindernis werden. Deshalb vereinbarten Bürgermeister Alexander Guhl, Jürgen Stadler vom Förderverein Pro Spital, der grüne Abgeordnete Niklas Nüssle und die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) am Dienstag in Stuttgart weitere Gespräche zur Lösung des Problems.
Die Unterschriften wurden auf Initiative von Pro Spital gesammelt
Wie unsere Zeitung bereits berichtete, übergaben Guhl und Stadler der für die Schließung der Notfallpraxis verantwortlichen KVBW 9000 Unterschriften, mit denen die Wiedereröffnung der Notfallpraxis gefordert wird. Die in Bad Säckingen und Umgebung auf Initiative von Pro Spital gesammelten Signaturen nahm die stellvertretende KVBW-Vorstandsvorsitzende Doris Reinhardt entgegen. Das Treffen hatte der grüne Landtagsabgeordnete Nüssle vermittelt.

Ob die Notfallpraxis in Bad Säckingen wiedereröffnet werde, sei Stand heute noch offen, heißt es in einer mit den anderen Beteiligten abgesprochenen Pressemitteilung Nüssles. Da der Bund aber plane, Notfallpraxen zuvorderst an Krankenhaus-Standorten einzurichten, stünden die Vorzeichen für Bad Säckingen nicht gut. Eine Öffnung oder endgültige Schließung dürfe aber nicht über die grundlegende Versorgung der Menschen in der Region entscheiden.
Im Zusammenhang mit der geschlossenen Notfallpraxis liege es nun an der KVBW die Überbrückungsversorgung durch den Bereitschaftsdienst sicherzustellen. Hierfür solle neben dem Fahrdienst perspektivisch auch die Telemedizin verstärkt zum Einsatz kommen.
Die Erreichbarkeit und Zuverlässigkeit der Notfallnummer soll verbessert werden
Zentral sei die Notfallnummer 116 117, die von der Vermittlung eines Bereitschaftsdienstes bis hin zur Koordination mit dem Notfalldienst die Rolle der Fallübergabe zuständig sei. In Waldshut werde diese Notfallnummer von einem Dienstleister übernommen. Allerdings werde die KVBW dies baldmöglichst ändern, um Erreichbarkeit und Zuverlässigkeit der Notfallnummer kurzfristig deutlich zu verbessern.
Guhl und Stadler schildern der Ärztevereinigung den Ernst der Situation
Die Lage sei bei der gesundheitlichen Grundversorgung mehr als ernst, betonten Stadler und Guhl laut Pressemitteilung. Bad Säckingen bemühe sich zwar, mit dem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) und der absehbaren Eröffnung des Gesundheitscampus bei der Gesundheitsversorgung moderne Strukturen voranzubringen. Spätestens seit der Schließung des Krankenhauses 2017 klaffe eine Versorgungslücke. Es seien zu wenig Hausärzte vorhanden, der demographische Wandel besitze das Potential, diese Situation nochmals zu verschärfen, so Guhl und Stadler.
Weil Hausärzte fehlen, gehen die Patienten zur Notfallpraxis
Eben wegen der schlechten Versorgung und weil sie keinen Hausarzt hätten, hätten viele Patienten bei Beschwerden bisher die Notfallpraxis aufgesucht. Solange diese geschlossen bleibe, müssten die Betroffenen entweder nach Waldshut oder Lörrach fahren. Die 9000 gesammelten Unterschriften kämen einem Hilferuf gleich, so Stadler.

Im Anschluss an die Übergabe der Unterschriften diskutierten Bürgermeister Guhl, Pro Spital-Vize Stadler und Nüssle über zwei Stunden gesundheitspolitische Themen mit KVBW-Vize Reinhardt. Schnell sei klar geworden, dass bei dem Thema auch das Deutsche Rote Kreuz, die regionalen Krankenhäuser oder Ärzte aus der Region mit am Tisch sitzen müssten.
Der Austausch erbringt auch erste konkrete Ideen
Dennoch erbrachte der Austausch konkrete Ideen. Neben der Förderung der Weiterbildung durch die KVBW könne zum Beispiel ein Antrag auf Sonderbedarf oder eine sogenannte Ermächtigungsambulanz gestellt werden, um weitere Fachärzte für die Region zu gewinnen. In der Vergangenheit konnte so zum Beispiel bereits im Bereich Rheumatologie eine Verbesserung erzielt werden.
Nüssle: Es musse über die Wiedereröffnung der Notfallpraxis hinausgedacht werden
Diese strukturellen Probleme der Region direkt an die KVBW heranzutragen und gemeinsam Lösungen zu finden, sei ihm ein Anliegen, erklärte Nüssle, weshalb er das Treffen vermittelt habe. Der direkte und persönliche Austausch aller Beteiligten sei wichtig. Es müsse über die geforderte Wiedereröffnung der Notfallpraxis hinausgedacht werden.