Um einen Streitwert von mittlerweile vier Millionen Euro geht es in einem Zivilverfahren zwischen dem früheren Geschäftsführer des Bad Säckinger Gesundheitscampus und seinem damaligen Arbeitgeber. Dieser Streitwert könnte sogar noch steigen. „Wir haben noch einiges im Köcher“, kündigte der juristische Vertreter der Stadt, der Stuttgarter Rechtsanwalt Roger Gabor in der Verhandlung am Donnerstag an.
Er sprach von einem Schadensersatz von fünf Millionen Euro, die er für die städtische Gesellschaft erstreiten wolle. Der Vorsitzende Richter der Zivilkammer, Stephan Elsner legte beiden Parteien zwar eine gütliche Einigung nahe, war damit zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht erfolgreich.
Worum geht es in dem Rechtsstreit?
Die Kostenexplosion bei den Baukosten des Bad Säckinger Gesundheitscampus im Sommer 2022 ist noch in guter Erinnerung: Statt der ursprünglich geplanten 28 Millionen Euro sollte die Sanierung des ehemaligen Krankenhauses plötzlich 44 Millionen Euro kosten, was zu einem längeren Baustopp am Meisenhartweg führte. In der Folge trennte sich die städtische Gesundheitscampus GmbH vom damaligen Geschäftsführer und setzte an seiner Stelle Stadtkämmerin Bettina Huber und ihren Stellvertreter Fabio Jenisch ein.
Zwischen dem damaligen Geschäftsführer und der städtischen GmbH begann daraufhin ein umfangreicher Rechtsstreit, der nun in einem ersten Gütetermin vor einer Zivilkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen mündete. Ausgangspunkt des Prozesses war eine Klage des ehemaligen Geschäftsführers, der eine noch offene Vergütung von etwa 48.000 Euro einklagte.
Städtische Gesellschaft verlangt Schadensersatz
Die Widerklage ließ allerdings nicht lange auf sich warten: Für Fehler, die im Verantwortungsbereich des Ex-Geschäftsführers gelegen haben sollen, machte die GmbH einen Schadensersatz von 1,1 Millionen Euro geltend. Durch fachliche Fehler habe es bei der Beauftragung verschiedener Gewerke Mehrkosten gegeben, so die Argumentation des Stuttgarter Rechtsanwalts Roger Gabor. So habe er beispielsweise entgegen der ursprünglichen Bauplanung deutlich teurere Elektroinstallationen beauftragt. Der Geschäftsführer argumentierte hingegen, die Ausschreibungen seien von Fachplanern ausgearbeitet worden.
„Sie hätten das schon genau überprüfen müssen. Sonst wären Sie ja als Geschäftsführer überflüssig“, gab der Vorsitzende Richter der Zivilkammer Stephan Elsner zu Bedenken. Juristisch fraglich sei allerdings auf der anderen Seite, ob und wie hoch der Schaden sei, der entstanden sei. Denn es sei ja auch hochwertiges Material installiert worden. „Hier gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen“, so der Richter, der eine mögliche Entscheidung der Kammer offen ließ.
Auch bei einer anderen Schadensersatzforderung sieht der Richter noch offene Rechtsfragen, nämlich die Rückforderung des Landes von Fördermitteln in Höhe von 700.000 Euro. Für den Vorsitzenden Richter ist die Verantwortlichkeit allerdings nicht eindeutig geklärt. Möglicherweise hätten auch andere Faktoren für die Rückforderung geführt, sieht der Richter die Stadt in der Pflicht, die Schuld ihres früheren Geschäftsführers zu belegen.
Ohne gütliche Einigung dauert das Verfahren vermutlich noch Jahre
Richter Stephan Elsner sieht in dem Rechtsstreit noch „eine ganze Reihe komplexer juristischer Probleme“ zu klären und legte beiden Parteien deshalb eine gütliche Einigung nahe. Das Prozessrisiko bestehe auf beiden Seiten, deshalb sei die Frage, ob man wirklich weiter Kosten produzieren wolle, so Elsner. Insbesondere wenn das Verfahren in die nächste Instanz zum OLG gehe, dauere es vermutlich noch mehrere Jahre.
Nach einer Beratungspause erklärte sich der Geschäftsführer zu einer gütlichen Einigung bereit – allerdings nur zu einer „doppelten Nulllösung“, wie sein Berliner Rechtsanwalt Rolf Zeißig vorschlug: Keine Partei schulde der anderen etwas. Darauf wollte sich sein Gegenüber Roger Gabor angesichts der hohen Schadensersatzsumme aber nicht einlassen. Auch die aktuelle Campus-Geschäftsführerin Bettina Huber sieht derzeit noch keine Chance auf eine gütliche Einigung. „Wir arbeiten die ganze Campus-Entwicklung jetzt auf“, erklärte Huber.
Gabor zeigte sich auch verwundert, dass der frühere Geschäftsführer bis heute noch keinen Kontakt mit der Manager-Haftpflicht-Versicherung aufgenommen habe, die die Campus GmbH für ihn abgeschlossen habe und die möglicherweise einen Teil des Schadens übernehme. Mit einem sogenannten schriftlichen Hinweis-Beschluss will der Vorsitzende Richter den Parteien nun die Ansicht der Kammer zur Sach- und Rechtslage mitteilen. Weiter will er sich um eine gütliche Einigung bemühen, um das außerordentlich komplexe Verfahren abzukürzen.
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