Eine Bewährungsstrafe als letzte Warnung verhängte der Bad Säckinger Amtsrichter Jan Meents gegen einen 26-Jährigen, der sich mehrfach mit Gewalt gegen Polizisten zur Wehr gesetzt und die Beamten dabei auch übel beleidigt hatte. Insgesamt zwölf Monate Haft drohen dem Angeklagten, sollte er innerhalb der nächsten zwei Jahre noch einmal einschlägig auffallen oder gegen eine der Bewährungsauflagen verstoßen.

„Wenn es weitere Verfahren gibt, werden Sie voraussichtlich ins Gefängnis gehen müssen. Sie haben ein Problem: Alkohol und Drogen, da müssen Sie einfach die Finger davon lassen“, so Amtsrichter Meents, der dem Angeklagten deshalb eine ungewöhnliche Bewährungsauflage erteilte: Er darf keine alkoholischen Getränke mehr zu sich nehmen, mit der einzigen Ausnahme, wenn es zu Hause und im Einvernehmen mit seiner Verlobten zwischen 16 und 24 Uhr sei. Und natürlich dürfe er auch keinerlei Drogen mehr nehmen.

Gefährliche Körperverletzung, Beleidigungen, Diebstähle und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte warf die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vor. Die meisten Delikte waren dabei unstrittig. Mehrfach war der 26-Jährige im vergangenen Jahr unter dem Einfluss von Drogen und Alkohol mit der Polizei aneinandergeraten. So beispielsweise am 28. Mai 2023, als er in einer Gaststätte in der Bad Säckinger Innenstadt herumpöbelte. Die herbeigerufene Polizei wollte ihn am Bahnhof kontrollieren, wobei die Situation schnell eskalierte: Mit Beleidigungen, Spucken und Tritten setzte der junge Mann den Beamten zu. Nur mit Gewalt gelang es ihnen schließlich, den kräftigen Mann in Gewahrsam zu nehmen, was diesen aber auch nicht beruhigte.

Polizist mit Tritten verletzt

Noch gewalttätiger war der Vorfall vor genau einem Jahr am Wohnort des Angeklagten im östlichen Kreisgebiet. Eine Frau hatte den 26-Jährigen – wohl zu Unrecht – der sexuellen Belästigung bezichtigt. Dies brachte eine größere Menschenmenge gegen den unter Alkohol und Drogen stehenden Mann auf. Die herbeigerufene Polizei sprach von und tumultartigen Szenen mit bis zu 80 Personen. Gegen eine Kontrolle der Beamten wehrte sich der Angeklagte mit Gewalt – ein Polizist wurde dabei so schwer verletzt, dass er sich dienstunfähig melden musste. Der Angeklagte selbst wurde auf der Fahrt in die Gewahrsamszelle so sehr fixiert, dass er bewusstlos wurde und ins Krankenhaus gebracht werden musste. Dort randalierte er allerdings weiter und beleidigte und bespuckte Einsatzkräfte und Personal.

Bei blauen Uniformen sah der Angeklagte rot: Unter Alkohol- und Drogeneinfluss kam es mehrfach zu Gewaltausbrüchen des Angeklagten ...
Bei blauen Uniformen sah der Angeklagte rot: Unter Alkohol- und Drogeneinfluss kam es mehrfach zu Gewaltausbrüchen des Angeklagten gegenüber den Ordnungshütern. Das Amtsgericht Bad Säckingen sprach nun eine Bewährungsstrafe aus. | Bild: Völk, Melanie

„Ich kann mich nicht mehr genau erinnern“, sagte der Angeklagte nun vor Gericht, schloss aber nicht aus, dass es durchaus so gewesen sein könnte. Auch den Konsum von diversen harten Drogen und Alkohol räumte er ein. In diesem Zustand war es nach Auffassung des Gerichts zu den exzessiven Gewaltausbrüchen gekommen.

In dubio pro reo

Widerspruch gab es hingegen gegen den Tatvorwurf der gefährlichen Körperverletzung, der sich ebenfalls vor einem Jahr bei einer tätlichen Auseinandersetzung auf einem Supermarkt-Parkplatz in Rheinfelden ereignet haben soll. Staatsanwalt Tobias Rubin warf dem Angeklagten vor, einem Widersacher mit einer Flasche auf den Kopf geschlagen zu haben. Nachdem er bei ersten Aussagen bei der Polizei Erinnerungslücken vorgeschoben hatte, sagte er nun vor Gericht aus, der Angriff sei von seinem Gegenüber ausgegangen: Dieser habe ihn mit einer kaputten Bierflasche an beiden Armen sowie am Kopf verletzt. Tatsächlich konnte er glaubhaft zwei zehn und 15 Zentimeter lange Narben vorweisen, die von dem Vorfall stammen. „Mein Mandant hat in Notwehr gehandelt“, so Verteidigerin Waltraud Salomon. Weil der genaue Tathergang mangels Zeugen letztlich nicht geklärt werden könne, gelte der Zweifelsgrundsatz „In dubio pro reo“, befand auch Richter Jan Meents und sprach den 26-Jährigen in diesem Anklagepunkt frei.

Angeklagter seit einem halben Jahr abstinent

Schuldig befand er ihn hingegen des mehrfachen Diebstahls: Um seinen Drogenkonsum zu finanzieren, hatte er in einem Bad Säckinger Drogeriemarkt Parfüms im Wert von über 600 Euro gestohlen. Überführt wurde er von Kamera-Aufnahmen, die von der Polizei mit einer elektronischen Gesichtserkennung ausgewertet wurden.

Für den Angeklagten spreche die günstige soziale Prognose, begründete Richter Meents sein vergleichsweise mildes Urteil: Seit zwei Jahren ist er mit einer 67-jährigen Frau verlobt. Seit März sei er „trocken und clean“, wie die Verlobte als Zeugin bestätigte. Da sie chronisch krank ist, führt er ihren Haushalt und pflegt sie. Außerdem habe er mittlerweile eine Festanstellung. Auch in der Gerichtsverhandlung gab sich der 26-Jährige überaus friedlich, kooperativ und reumütig.

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