Wegen Betruges, Urkundenfälschung und Ladendiebstahl verurteilte das Amtsgericht Bad Säckingen am vergangenen Donnerstag eine 35-jährige Frau aus dem Landkreis Waldshut zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung. Darüber hinaus muss sie 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und wird unter die Aufsicht eines Bewährungshelfers gestellt.

Auf den ersten Blick eine vertraute Masche

Auf den ersten Blick sah es nach einer mittlerweile vertrauten Masche aus: In insgesamt 13 Fällen hatte die unverheiratete Frau laut Anklage Waren im Internet bestellt, wohl wissend, dass sie diese nicht bezahlen könne – oder über eine Internetplattform Waren verkauft, die sie nie habe liefern können. Die jeweilige Schadenssumme belief sich auf wenige hundert Euro, bei einem betrügerisch abgeschlossenen Bankdarlehen betrug der Schaden jedoch 19.000 Euro.

Erschwerend kam hinzu, dass vier Fälle mit einer ungewöhnlichen Urkundenfälschung verbunden waren: Die Angeklagte manipulierte die Sterbeurkunde ihres Vaters, um den eigenen Tod vorzutäuschen und so der Gefahr einer Strafverfolgung zu entgehen. Ein Vorgehen, das Staatsanwältin Anne Mehling scharf verurteilte: „Es bedarf schon einiger Dreistigkeit, eine Sterbeurkunde zu fälschen“, erklärte die Anklägerin.

Ein bedrückendes Bild der arbeitslosen Frau

Der weitere Verlauf der Gerichtsverhandlung enthüllte jedoch ein bedrückendes Bild der Lebensumstände der arbeitslosen Frau: Nach dem Hauptschulabschluss ohne Berufsausbildung, lebte sie alleine bei den von ihr gepflegten Eltern, die 2021 in kurzer Zeit verstarben. Ihr einziger Bekannter habe ihr nach eigenen Worten danach „viel Falsches angetan und mich nur heruntergezogen.“ Die Taten räumte die Angeklagte über ihren Verteidiger Patrick Steiger aus Bad Säckingen ein und bekundete tiefe Reue. Ein von der Verteidigung beantragtes psychologisches Fachgutachten billigte der Angeklagten eine verminderte Schuldfähigkeit zu.

Die Staatsanwältin hat durchaus Verständnis

Strafmildernd wertete Staatsanwältin Mehling neben dem Gutachten „die desolaten Lebensverhältnisse der Angeklagten, die in ihrem Leben nach der Schulzeit nicht weitergekommen ist. Es war ihr nicht möglich, ein eigenes Leben aufzubauen, nach dem Tod der Eltern wusste sie nicht mehr ein noch aus, da sie keine Hilfe von außen fand. Die Angeklagte beging die Taten aus wirtschaftlicher Not, nicht mit dem Wunsch nach einem besseren Leben.“

Der Richtertisch im großen Saal des Amtsgerichts Bad Säckingen.
Der Richtertisch im großen Saal des Amtsgerichts Bad Säckingen. | Bild: Alexander Jaser

Aber sie sieht strafverschärfende Ansatzpunkte

Strafverschärfend wertete die Anklage zwei vorhergehende Verurteilungen aufgrund ähnlicher Straftaten sowie die Vielzahl der Taten und die Höhe der Schadenssumme. Sie forderte daher eine Freiheitsstrafe von 16 Monaten auf Bewährung, 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit sowie die Aufsicht durch einen Bewährungshelfer. Zudem beantragte sie, das Gericht möge der Angeklagten die Weisung für eine psychotherapeutische Behandlung sowie für den weiteren Gang zur Schuldnerberatung erteilen.

Die junge Frau schildert ihr gegenwärtiges Leben

Mehling berücksichtigte hierbei, dass die Angeklagte vor wenigen Wochen durch einen Wohnhausbrand alles verloren habe. Mit leiser Stimme hatte die junge Frau zuvor auf einfühlsame Nachfrage von Richterin Rabisch ihr gegenwärtiges Leben geschildert: Seit drei Wochen lebe sie voller Angst in einer Obdachlosenunterkunft und sei dort ständiger Bedrohung durch eine Mitbewohnerin und deren Tochter ausgesetzt. Für Staatsanwältin Mehling eine glaubwürdige Darstellung – beide Frauen seien der Staatsanwaltschaft aus mehreren Verhandlungen heraus bekannt. Der Träger der Unterkunft, so Mehling, bemühe sich bisher leider vergebens, diesen eine andere Unterkunft zuzuweisen.

Verteidiger: „Meine Mandantin ist keine Kriminelle“

Verteidiger Patrick Steiger wandte sich deutlich gegen den Strafantrag der Anklage: „Meine Mandantin ist keine Kriminelle. Sie hat ihre Eltern bis zum Tode gepflegt und den Boden unter den Füßen verloren.“ Vor allem jedoch warf er dem kreditgebenden Bankinstitut fragwürdige Methoden vor: „Zivilrechtlich hat die Bank ein Mitverschulden, denn sie nimmt hohe Zinsen von einem Menschen, der keine Sicherheiten bieten konnte.“ Aufgrund dessen hielt Steiger eine sechsmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung und eine Geldstrafe für angemessen.

Ein schwerer Gang ist für die Angeklagten der Weg zum Gericht.
Ein schwerer Gang ist für die Angeklagten der Weg zum Gericht. | Bild: Alexander Jaser

Und so sieht es die Richterin

Eine Argumentation, der sich Amtsrichterin Rabisch nicht anschließen konnte – mit einer elfmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verband sie den weiteren Strafantrag der Staatsanwaltschaft. Maßgebend war für sie hierbei der hohe finanzielle Schaden, der „eine gewisse kriminelle Energie“ bei der Angeklagten zeige.

Beeindruckend waren angesichts dessen die Schlussworte von Amtsrichterin Rabisch: „Es war damals eine schlimme Zeit für sie und ist es sicher auch noch heute. Sie bereuen, und das glaube ich ihnen. Wirtschaftliche Not führte zu ihrem Handeln, nicht der Wunsch, eine Kreuzfahrt oder anderen Luxus zu finanzieren.“ Unmittelbar nach dem Urteil kündigte Verteidiger Steiger an, seine Mandantin werde das Urteil annehmen.

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