Es war vor 20 Jahren, als unter den Klängen des Trompeters von Säckingen am Donnerstag, 15. November 2001, um 8 Uhr die Geschäfte des neuen Einkaufszentrums Lohgerbe I in bad Säckingen eröffneten. Die Eröffnung war auch für den damaligen Stadtbaumeister Michael Rohrer, der das Projekt von der Planung bis zur Fertigstellung begleitete, ein besonderer Tag. So war das städtische Bauamt beispielsweise für die Gestaltung der Außenfassade und der gesamten Umgebungsbebauung zuständig.

Der Parkplatz mit der Baustelle: Das abgerissene Vereinshaus gibt den Blick vom Parkplatz Lohgerbe frei auf die Schützenstraße und das ...
Der Parkplatz mit der Baustelle: Das abgerissene Vereinshaus gibt den Blick vom Parkplatz Lohgerbe frei auf die Schützenstraße und das Volksbankgebäude. | Bild: Michael Rohrer

Das renovierungsbedürftige Vereinshaus abzureißen und auf dem damals bestehenden Parkplatz Lohgerbe ein Einkaufszentrum zu erstellen, verfolgte laut Rohrer das Ziel, im Zuge der Altstadtsanierung die Attraktivität der Innenstadt zu erhöhen. Das Ergebnis einer Untersuchung zu dieser Fragestellung forderte neben Woolworth und Groß & Hammer (heute Modehaus May) die Ansiedlung eines dritten Magnetbetriebs mit einer Parkmöglichkeit, die zentral liegt und problemlos mit dem Auto anfahrbar ist. Im Rahmen der städtebaulichen Planung erfüllte das Areal der Lohgerbe die Voraussetzungen. Beim Bau der Lohgerbe I erlebte Rohrer eine bedenkenswerte Begebenheit. Aufgrund regnerischen Wetters führte der Prozessionsweg ausnahmsweise bei der Fridolinsprozession mit dem Fridolinsschrein durch die Schützenstraße an der Baustelle vorbei. Es ist anzunehmen, dass der Glaubensbote vom Hochrhein der Baumaßnahme seinen Segen erteilte.

Aufgrund regnerischen Wetters führte der Prozessionsweg bei Fridolinsprozession mit der Fridolinsschrein durch die Schützenstraße, an ...
Aufgrund regnerischen Wetters führte der Prozessionsweg bei Fridolinsprozession mit der Fridolinsschrein durch die Schützenstraße, an der Baustelle vorbei. Es ist anzunehmen, dass der Glaubensbote vom Hochrhein der Baumaßnahme seinen Segen erteilte. | Bild: Michael Rohrer

Das multifunktionale Einkaufszentrum I mit einem Parkhaus bezeichnet Rohrer als Mittelpunkt des gesamten Bauprojekts. Im Untergeschoss siedelte sich zunächst die Schweizer Einzelhandelskette Migros an. Dies beurteilt Rohrer als große Erleichterung für die Stadt. Denn dadurch verfügte das Untergeschoss über die Lebensmittelversorgung der Innenstadt und das Erdgeschoss stand weiteren Geschäften in bester Lage zur Verfügung.

Vor der Bebauung: Blick vom Spitalplatz auf Schützenstraße Vereinshaus und Parkplatz (Lohgerbe).
Vor der Bebauung: Blick vom Spitalplatz auf Schützenstraße Vereinshaus und Parkplatz (Lohgerbe). | Bild: Michael Rohrer

Ist Rohrer ausnahmsweise einmal nicht mit dem Fahrrad unterwegs in das Stadtzentrum, sondern mit dem Auto, dann nutzt er regelmäßig das zentral gelegene Parkhaus. Nach dem Verlassen der Einkaufspassage den Weg in die Altstadt im Fußgängerbereich zurücklegen zu können, ohne eine Straße überqueren zu müssen, bezeichnet Rohrer als eine gute und sichere Lösung. Er erinnert sich, dass kurz vor der Fertigstellung des Lohgerbeprojekts die Schützenstraße noch für Autos befahrbar war. Neben dem Durchgangsverkehr ließen außerdem parkende Autos den Fußgängern wenig Raum.

Verkehrsberuhigung

Im Zuge des Projekts Lohgerbe I die Schützenstraße als verkehrsberuhigten Bereich mit Bänken und Bäumen auszuweisen, wird von den Fußgängern gut angenommen und wertet das Gesamtbild vor dem Einkaufszentrum auf. Rohrer hofft, dass der Schmidts Markt, der auf Migros folgte, den Altstadtbewohnern als Einkaufsmöglichkeit noch lange erhalten bleibt. Insgesamt äußert sich der ehemalige Stadtbaumeister überaus zufrieden mit der Entwicklung des Einkaufszentrums. Die Versorgung mit Fernwärme und die Photovoltaikanlage waren laut Rohrer für die damalige Zeit zukunftsweisend.

Veränderte Silhouette: Ein Blick vom Spitalplatz auf das neu erbaute Einkaufszentrum Lohgerbe.
Veränderte Silhouette: Ein Blick vom Spitalplatz auf das neu erbaute Einkaufszentrum Lohgerbe. | Bild: Michael Rohrer

Als Anschlussbebauung an Lohgerbe I sollte Lohgerbe II erfolgen. Vonseiten der Stadtverwaltung war im östlichen Bereich des Lohgerbegebiets in Richtung ehemaliger Sport Weissenberger (heute Jeans Road) der Neubau eines Kinos mit zwei getrennten Sälen im Erdgeschoss und im Obergeschoss eine Gastronomie geplant. Das neue Kino sollte die Gloria-Lichtspiele ersetzen. Da neben der Stadtmusik und einigen Theaterabenden keine weiteren Veranstaltungen stattfanden, konnte das Kino mit den 600 Plätzen nur mit Filmvorführungen kaum rentabel geführt werden. Doch ein fehlender Investor und Eigentümer mit anderen Zielen, standen dem Vorhaben entgegen.

Das Kino: Auf der freien Fläche östlich des Einkaufszentrums sollte im Bauabschnitt Lohgerbe II ein Kino entstehen.
Das Kino: Auf der freien Fläche östlich des Einkaufszentrums sollte im Bauabschnitt Lohgerbe II ein Kino entstehen. | Bild: Michael Rohrer

Stattdessen konnte das Gloria-Theater mit einer neuen und erfolgreichen Nutzung durch die Aufführung von Musicals und weiteren kulturellen Veranstaltungen erhalten werden. Als Gründungsmitglied im Förderverein Förderfreunde Gloria-Theater ist für Michael Rohrer der Erhalt des Kinos die beste Lösung. Das geplante Kino auf der Lohgerbe ist damit nicht mehr erforderlich. Eine entsprechend andere attraktive Nutzung an dieser Stelle, wie beispielsweise in Form einer Mediathek, ist sicher möglich.

Mögliche Entwicklung

Michael Rohrer sieht aufgrund des Bebauungsplans auch weiterhin die Möglichkeit, das Erscheinungsbild rund um den bestehenden Gebäudekomplex aufzuwerten. Gerne würde er dann zum Beispiel in ein Café einkehren und sich über die städtebauliche Meisterleistung Lohrgerbe freuen.

Das Areal, sein Name und das Vereinshaus

  • Die Lohgerbe: Seit dem Mittelalter gab es in Säckingen Gerbereien. Eine von ihnen gab der Lohgerbe den Namen. 1906 stellte der letzte Gerber Josef Sutter den Betrieb ein. 1954 erwarb die Stadt die Lohgerbe. Bis ins Jahr 2000 wurde sie als Parkplatz genutzt, in den ersten Jahren auch als Festplatz.
  • Das Vereinshaus: Der erste Grundstock wurde 1884 gelegt, als Säckinger Frauen dem Gesellenverein 300 Reichsmark für den Bau eines eigenen Hauses überreichten. Ende 1887 war der Bau des Vereinshauses fertig, Kosten: 50.000 Reichsmark. Er bestand aus dem Haupthaus und dem Saalanbau. Im Jahr 1901 brannte der Dachstuhl ab. Beim Wiederaufbau wurden über dem Saalbau Wohnungen eingebaut. Im Jahr 1911 wurde an der Ostseite des Haupthauses ein Neubau mit einer Turnhalle und einem separaten Versammlungsraum angegliedert. Nach der Übernahme des veralteten Vereinshauses durch die Münsterpfarrei 1961 entschließt sich diese zu einer durchgreifenden Modernisierung und Erweiterung. Die Stadt leistete mit 200.000 D-Mark einen bedeutenden finanziellen Beitrag. Ende Januar 1961 feierten Kirchengemeinde und Kommune das neue Vereinshaus. Das Herzstück des Hauses war der große Saal für 480 Personen. In den 90er Jahren war der Gebäudekomplex wenig stadtbildfördernd. Der 1983 eingeweihte Kursaal war nun der Veranstaltungsort der Stadt. Im Jahr 2000 wurde das Vereinshaus abgerissen.
  • Der Neubau: Nach nur elfmonatiger Bauzeit wurde der Gebäudekomplex Lohgerbe erstellt. Er umfasst drei Gebäudeteile, die direkt miteinander verbunden sind: das Wohn- und Geschäftshaus mit Ärztehaus, das Einkaufszentrum und das öffentliche Parkhaus mit drei transparenten Aufzugsanlagen. Mitte November 2001 wurden das Einkaufszentrum Lohgerbe sowie das Parkhaus mit 321 Stellplätzen eröffnet. Die Gesamtinvestition betrug 40 Millionen D-Mark. 5100 Quadratmeter Fläche stehen dem Handel zur Verfügung. Hinzu kommen 680 Quadratmeter Wohn- und 1300 Quadratmeter Bürofläche. Die gesamte überbaute Fläche beträgt 18.152 Quadratmeter. Zu den Geschäften der ersten Stunde gehörten beispielsweise die Migros (heute Schmidt‘s Markt), Mode Vögele, dm-Drogerie-Markt, Handarbeiten Fachgeschäft Spitz, Schwarzwald Apotheke, Parfümerie Ruthe, Tabak- und Presse-Shop Werner sowie das Esco Reisebüro.