Aufbruch, Zuversicht und Hoffnung liegen am Donnerstagnachmittag an der Tiefensteiner Brücke in der Luft. Die Arbeit der Bürgerinitiative Pro Albtalstraße, die auf eine Wiedereröffnung der historischen Straße hinwirkt, scheint nach rund zehn Jahren Früchte zu tragen. Im Beisein der Bürgermeister der anliegenden Gemeinden, Vertretern des Landratsamtes und in der Spitze bis zu 150 Menschen feiert man das Erreichte, blickt zurück und tauscht sich aus. Die Erwartungen an die Politik sind hoch.
Lockere Stimmung, ernstes Thema
Heiß ist es am Donnerstag auch im Albtal. Hinter der Mühle und nach der Brücke, wo sich rechts die historische Straße aus dem 19. Jahrhundert entlang schlängelt, steht ein Foodtruck, spielt die Jagdhornbläsergruppe Hotzenwald und suchen Menschen unter Zelten Schatten. Die Stimmung ist locker, das Thema ernst. Der Tenor: Das Machbare machen.
Kritik an den politischen Ebenen
Es ist weniger populistisch gemeint als vielmehr eine Kritik an den politischen Ebenen der vergangenen zehn Jahre. Die Sperrung der Albtalstraße nach dem Felssturz 2015 und die damit verbundenen umfangreichen Sanierungsmaßnahmen, all das ließ sich rechtlich begründen. Bei den Menschen im Albtal aber wurde das über Alters- und Parteigrenzen hinweg als Verkehrsverhinderungspolitik wahrgenommen.

Der Widerstand war konstruktiv und lösungsorientiert. Von „einer Bürgerinitiative im besten Sinne“ sprach Albbrucks Bürgermeister Stefan Kaiser. Er lobte die Fortschritte seitens der Waldbesitzer, die anliegende Grundstücke für die Sanierung verkauften. Ein Lob ging auch an Caren-Denise Sigg und Constanze Krieger vom Landratsamt, die ebenfalls gekommen sind. Für die umfangreichen Gutachten der Vergangenheit, die die Kosten für die notwendigen Felssicherungsarbeiten auf rund 30 Millionen Euro bezifferten, zeigten er und die anderen Redner nur wenig Verständnis.
Stefan Kaiser appelliert an die Eigenverantwortung
Bei bloßer Kritik an „der Politik“ aber blieb es nicht. Nicht in den vergangenen zehn Jahren und nicht am Donnerstag. Die gute Zusammenarbeit mit dem Landratsamt, welches vom Regierungspräsidium die Planungshoheit für die Arbeiten zur Wiedereröffnung bekam, wurde gelobt. Kaiser appellierte aber auch an die Eigenverantwortung: „Der Staat kann nicht alle Aufgaben übernehmen und überall für 150-prozentige Sicherheit sorgen.“

Das Engagement der Menschen, der Lokalpolitiker und der Bürgerinitiative Pro Albtalstraße solle verhindern, dass aus dem Albtal ein Präzedenzfall werde und weitere Straßen in den tiefen Schwarzwaldtälern geschlossen werden, so Kaiser. Der „Druck von unten“, den die „Salpeterer“, so der Name der Bürgerinitiative in Anlehnung an die Freiheitskämpfer des 18. und 19. Jahrhunderts im Hotzenwald, führte zu Fortschritten.
Gutachten der Bürgerinitiative kommt an
Der enge Austausch mit den Behörden milderte die Enttäuschungen über nicht gehaltene Versprechen der Landespolitik ab. Ein Gutachten der Bürgerinitiative, erstellt von einem namhaften und mit Verkehrssicherung in den Alpen betrauten Geologen, stieß im Landratsamt auf positive Resonanz. „Wir liegen jetzt bei unter zehn Millionen Euro“, erklärt Herbert Nägele von den „Salpeterern“.
Unter den Gästen sind auch die Bürgermeister von Görwihl und Dachsberg, Mike Biehler und Stephan Bücheler. Seitens der Landes- oder Bundespolitik ist dieses Mal niemand vertreten. Als einziger der Kandidaten für die Landtagswahl im Wahlkreis Waldshut ist Simon Herzog da. Der 26-Jährige kandidiert für die CDU. Er ist beeindruckt vom Engagement der Menschen und von der Leistung der Arbeiter, die die Straße im 19. Jahrhundert binnen fünf Jahren inklusive der fünf Tunnel realisiert hatten.
„Mehr Pragmatismus statt Ideologie“ fasst Simon Herzog sein Statement zusammen und hofft, dass die Strecke noch vor der Wahl im kommenden März eröffnet werden kann. „Wenn nicht, werde ich, wenn ich gewählt werde, weiter Druck machen und alles dafür tun“, versichert er.
Dieser Nachmittag zeigt, was die Bürgerinnen und Bürger bereits geleistet haben. Entsprechend hoch sind ihre Erwartungen an die politischen Entscheidungsträger.
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