Peter Koch

Wenn man Hornberg in Richtung Hornbergbecken verlässt, dann stößt man am Ortsrand auf ein Denkmal, ein altes, verfallenes Hotzenhaus. An ihm ist wohl nichts mehr zu retten. Es ist verloren. Und es offenbart auch in seinem Verfall noch einmal seine Schönheit. Bei seinem Anblick überkommt den Betrachter die Frage, wer dort wohl gelebt haben mag und was er erlebt hat. Es schleicht sich Wehmut ein und das Gefühl einer Zeitreise.

Der eingestürzte Dachstuhl ist nicht mehr original, ebenso das Reetdach.
Der eingestürzte Dachstuhl ist nicht mehr original, ebenso das Reetdach. | Bild: Peter Koch

„Alois Hottinger hat dort zuletzt gelebt“, berichtet Franz Maier, der noch immer in direkter Nähe zu dem verfallenen Haus wohnt, sein Elternhaus stand unmittelbar daneben. Er wird in diesem Jahr 91 Jahre alt und erinnert sich an diesen Alois Hottinger. „Alois Hottinger wurde 1899 geboren und er war alleinstehend“, erinnert sich Maier. Nach seiner Auskunft bestand der Keller aus einem wunderschönen Felsengewölbe und die Küche darüber hatte noch eine offene Feuerstelle mit großem Rauchfang, so wie früher. Es gab keinen Kamin im Haus, der Qualm zog, wie bei den alten Rauchhäusern üblich, durch alle Ritzen und Spalten ab, nachdem er zuvor durchs Haus gezogen war.

Für einige ist es ein hässlicher Flecken, für andere ein romantisches Fotomotiv.
Für einige ist es ein hässlicher Flecken, für andere ein romantisches Fotomotiv. | Bild: Peter Koch

Maier erinnert sich noch, dass Hottinger eine Kuh besaß, sicherlich nichts besonderes im Hotzenwald zur damaligen Zeit, aber es beschreibt die Vergangenheit. Ein einfaches, hartes Leben, wie so viele im Hotzenwald und im gesamten Schwarzwald.

In Großherrischwand fungiert der Klausenhof als Museum und in Niederhof wird aktuell das Zechenwihler Hotzenhaus mit großem finanziellen Einsatz gerettet. Wieso verfällt hier eines von zwei strohgedeckten Häusern in der Gemeinde Herrischried? Wie kam es dazu?

Die Entwicklung

Rolf Bächle, ehemaliger Ortsvorsteher von Hornberg, erinnert sich, dass das Haus nach Hottingers Tod im Jahr 1967 an dessen Schwester Josefine ging, die damals schon nicht mehr im Ort lebte. Sie hatte die Idee, das alte Haus in ein Museum zu verwandeln und fand im damaligen Fremdenverkehrsverein unter der Leitung des Hogschürer Lehrers Fridolin Lohr Verbündete.

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Bächle, damals selbst erst zwölf Jahre alt, fügt an, dass er später aus Erzählungen erfahren habe, dass das Haus für eine symbolische Summe an den Verein verkauft worden sei. Hottinger war es wichtig, dass etwas aus dem Haus gemacht wird und dass es nicht verfällt. Im Weiteren verläuft das Schicksal des Hauses im Nebel. Nachdem der Verein das Objekt übernommen hatte, entschied man, vermutlich nach einer Begutachtung durch das Denkmalamt, aus nicht näher bekannten Gründen, dass das Haus wohl nicht in dem Maße schützenswert sei. Zeitgleich wurde damals der Klausenhof als Denkmal entdeckt. So wurde entschieden, dass der Klausenhof das Projekt der Wahl sein sollte und zugunsten dessen verkaufte der Verein das Haus in Hornberg wieder – entgegen der Absprachen mit Josefine Hottinger.

Bild 3: Vom Vergehen und Vergessen eines Hotzenhauses in Herrischried
Bild: Peter Koch

Der neue Eigentümer ersetzte den historischen Dachstuhl und deckte das Dach mit Reet ein, nicht mit Stroh, wie es im Original war. Jeder der folgte, baute einige wenige Dinge um, nie wurde es fertig. Offenbar wurde auch keine Rücksicht auf die historische Bausubstanz genommen. Ab welchem Zeitpunkt damals ein Denkmalschutz bestanden hat, ist nicht mehr bekannt. Allerdings teilt die Gemeinde Herrischried auf Anfrage mit, dass „die Eigenschaft als Kulturdenkmal entgegen der früheren Einstufung nicht mehr besteht. Aufgrund gravierender Veränderungen und Einbußen am historischen Bestand durch Umbaumaßnahmen in den 1980er Jahren ist diese Eigenschaft erloschen.“

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Die Eintragung des Hauses im Denkmalbuch wurde gelöscht. Die Bauakte des Objektes endet in den 1990er Jahren. Seitdem ist das Haus sich selbst überlassen. Es steht da, teilweise eingestürzt, für die einen ein hässlicher Fleck, für die anderen ein romantisches Fotomotiv. Josefine Hottinger, so erzählt man sich, war durch den schleichenden Verfall schwer getroffen, sie konnte ihr Elternhaus nicht mehr anschauen und blieb fern.