Schneller als gedacht endete das Auslandssemester für Alexander Görlich, Student für Ingenieurwissenschaft, das ursprünglich von Ende März bis August vorgesehen war. Nach einem Monat hieß es für ihn wegen der Corona-Maßnahmen bereits wieder Sayonara, auf Wiedersehen Tokio.

Jetzt, wo die Koffer weggepackt sind, blickt Alexander Görlich wehmütig zurück. Am 17. März landete er Tokio und bezog seine Unterkunft im International Exchange Center, ein von der Regierung betriebenes Wohnheim für Absolventen eines Master-Studiengangs, Promovierende und Wissenschaftler. Mit dem Auslandsaufenthalt wollte er sein Studium bereichern. „Japan als Hochtechnologienation hat sich im Rahmen des ingenieurwissenschaftlichen Studiums gut zur Ergänzung der akademischen Ausbildung in Deutschland angeboten,“ sagt er nun etwas niedergeschlagen. Auch der Aufenthalt an einem weit entfernten Ort in einem völlig anderen Kulturkreis passte bei der Planung in seine Überlegungen.
Schon die Anreise barg jedoch Hürden. An Plätzen, an denen sich in normalen Zeiten viel internationales Publikum aufhält, wurde auf Tafeln in der Regel auf Japanisch oder Chinesisch informiert, manchmal zudem in Englisch. Gerade Japanisch und Chinesisch stifteten Verwirrung bei ihm, da er die Sprachen zunächst kaum auseinanderhalten konnte. Doch da viele Menschen Englisch sprachen, manche mehr, manche weniger gut, konnte sich Görlich weiterhelfen. Und im Notfall fand er mit Händen und Füßen eine Lösung. „Bei der Anmeldung in der Stadtverwaltung gab es für die wenig Englisch sprechenden Mitarbeiter einen digitalen Dolmetscher-Service über ein Tablet“, sagt er.
Nudeln mit Sojasauce zum Frühstück
Schnell fand sich der Student aber mit den Gepflogenheiten vor Ort zurecht. So wird ein höfliches „guten Tag“, auf Japanisch „konnichiwa“, gehaucht und zur Begrüßung mit einer leichten Verbeugung verbunden. Dann heißt es innehalten, um sich die Schuhe auszuziehen, bevor man eine Wohnung betritt, will man nicht den Unmut seines Gastgebers auf sich ziehen.
Des Öfteren beobachtete er in den Restaurants der schnelllebigen Innenstadt Tokios, wie die Leute nach der raschen Nahrungsaufnahme zügig wieder gehen. „Die Eile war ihnen anzumerken. Meine Eindrücke waren aber durch den kurzen Aufenthalt ziemlich beschränkt, sodass sie durchaus vom Durchschnitt abweichen können“, gibt er zu bedenken. Beim Einkaufen in der Fremde gab es zunächst ebenfalls Probleme. Nicht bei Produkten, die man kennt, etwa Bananen. Aber manche Ware blieb undefinierbar, da selten eine Beschreibung auf Englisch zu finden war. „Zudem waren die Essgewohnheiten ungewohnt, sodass ich manchmal nicht wusste, was ich essen kann“, berichtet er. So gab es aus Unwissenheit und Verzweiflung sogar einmal Nudeln mit Sojasauce zum Frühstück, bis Görlich dann etwas Internationales fand, was ihm schmeckte.
Fehlende Sozialkontakte
Wegen der Corona-Krise fanden keine Präsenzveranstaltungen statt, was es dem Studenten erschwerte, im Wohnheim oder an der Uni anzukommen und Menschen kennenzulernen. „Ich war auf mich allein gestellt, was bei so einem Aufenthalt sonst nicht der Fall ist“, sagt er. Und die Enttäuschung schwingt mit, wenn er erzählt, dass es wegen der fehlenden Sozialkontakte zu anderen Studierenden durch Corona keine Gemeinschaftsaktivitäten gab.
Das aber hatte er sich ursprünglich von seinem Auslandsaufenthalt erhofft. Stattdessen füllte er seine Freizeit mit Lauftraining und Sightseeing hauptsächlich im Zentrum von Tokio. Touren unternahm er meist mit dem Fahrrad, um Geld zu sparen und flexibler zu sein; wobei Museen und andere Attraktionen geschlossen waren. „Trotz der Menschenmassen in der Metropolregion Tokio mit knapp 39 Millionen Menschen hat alles einen recht strukturierten Eindruck gemacht. Auch fiel mir auf, dass es so gut wie keine Mülleimer gab, es trotzdem alles sehr sauber wirkte“. Dabei sei es nicht ausgeschlossen, dass dies durch Corona so war.