Bis vor wenigen Tagen böllerte und knallte es noch zu bestimmten Tageszeiten in den Reben und auch ein eigenartiges lautes, zischendes Geräusch war in Erzingen, meist morgens und in den Nachmittagsstunden zu hören. Dafür verantwortlich ist die Rebhut, die mit ihren Gaskanonen und akustischen Abwehrgeräten die Vogelschwärme von den Trauben fernhalten soll.
Dieses Jahr führte der lange trockene Sommer zu einer früheren Lese. Die großen Vogelschwärme vor allem die Stare auf ihrem Zug nach Süden waren noch nicht in Massen eingetroffen. Aber jetzt herrscht wieder Ruhe in den Weinbergen, denn die Weinlese ist beendet.
Winzer freuen sich über hervorragendes Jahr
Während in anderen Weinbauregionen der trockene Sommer den Winzern große Sorgen bereitete, können sich die Winzerbetriebe in Klettgau über ein hervorragendes Weinjahr freuen. Weder Frost noch Hagel im Frühjahr suchten die Weinberge heim, auch die langen trockenen Sommermonate ohne Niederschläge konnten den Klettgauer Weinstöcken nicht zusetzen.
Das liegt an dem tonigen-lehmhaltigen Boden, der genug Wasser gespeichert kann, um die Rebstöcke versorgen zu können. Die Sonne tat ein Übriges und ließ die Trauben prächtig gedeihen und reifen.

Einzig die Junganlagen mussten ab und an gewässert werden. Deren Wurzeln reichen nicht tief genug in den Boden und können das dort gespeicherte Wasser noch nicht erreichen.
Während die Klimakrise andere Zweige der Landwirtschaft wie zum Beispiel die Sonderkulturen des Obst- und Gemüsebaus schwer gebeutelt hat, scheint dieser Kelch am hiesigen Weinbau vorbeigegangen zu sein. Wir haben nachgefragt, wie die Weinlese bei den Klettgauer Winzern gelaufen ist.
So lief die Lese bei den Winzern
Berthold Clauß vom gleichnamigen Weingut in Lottstetten-Nack fasst zusammen: „Wir bekommen ein Jahrgangswein, der ins Geschehen passt. Nach den vergangenen zwei eher durchwachsenen Jahren haben wir wider Erwarten eine großartige Qualität gelesen. Es war für die Reben ein richtig toller, trockener Sommer. Auch die Regentage konnten den Trauben nicht schaden, da die Nächte kühl waren, die Beeren deshalb nicht faulten.“
Seine Lese mit bis zu 18 Erntehelfern erstreckte sich über vier Wochen, von Regentagen jeweils unterbrochen. Im Burgunderbereich waren es bis 95 Öchslegrad, im Weißburgunderbereich bis zu 85 Öchslegrad. „Das ist ein wunderschöner Lohn für uns alle“, stellt Clauß fest.
Auch Lorenz Keller vom Weingut LCK in Erzingen schwärmt: „Das ist ein Jahrgang, wie man sich ihn nur in Träumen vorstellt, einfach traumhaft. Es gab kein Frost, kein Hagel, auch die Trockenheit schadete keineswegs, der Wasserhaltekraft des Klettgauer Bodens sei Dank.“
Qualität als auch Quantität seien überdurchschnittlich gut. Auch durch den früheren Lesetermin, sei die Lage an der „Vogelfront“ sehr entspannt gewesen. Die großen Schwärme ziehen in diesem Jahr im Wesentlichen nach beendeter Lese über den Klettgau.
Martin Stoll, Vorsitzender der Winzergenossenschaft, ist „überglücklich über die wunderbare Weinlese“ in diesem Jahr.
„Wir Winzerfamilien haben zusammen 40.000 Kilogramm Trauben an die Winzerkeller in Breisach geliefert. Das sind grob geschätzt 40.000 Flaschen gefüllt mit Erzinger Kapellenberger. Die Qualität war mit durchschnittlich 100 Öchslegrad hervorragend“, erklärt er.
Und wie fällt die Bilanz von Christian Groman vom gleichnamigen Bio-Weingut aus? „Wir haben diese Woche als letztes unsere Spezialitäten gelesen, Merlot in der Wolfsgrube in Erzingen und Syrah in den Rechberger Weinbergen“, erklärt Groman.
Die Qualität der Trauben liege im Spätlesebereich und die Handlese sei ein reines Vergnügen gewesen. Die kalten Nächte und warmen Herbsttage haben den Trauben eine schöne Frucht Aromatik geliefert. „Und wir freuen uns auf eine hervorragenden Jahrgang 2022.“