Der Erste Weltkrieg war vorbei, die Notzeiten aber nicht. Brot, Getreide, Butter und Milch waren 1920 noch rationiert, die Lebensmittelkarte blieb unentbehrlicher Begleiter im Alltag. Schmalhans war Küchenmeister.
Mit der Speisekarte hat das nichts zu tun
Der Anfang 1920 in der Heimatzeitung aufgetauchte Begriff vom „Wuchergericht“ hatte aber nichts mit einer Speisekarte zu tun wie etwa das Linsengericht. Das Wuchergericht war der Versuch der Justiz auch in Waldshut, mit Strafen den Schleichhandel und das Verschieben von Lebensmitteln zu unterbinden.
Die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft
„In der letzten Zeit häufen sich die Fälle, dass Lebensmittel, insbesondere Butter, Eier und anderes von der Grenzbevölkerung nach der Schweiz ausgeführt werden, und zwar in erschwerter Weise versteckt in Unterkleidern“, veröffentlichte die Zeitung am 16. Februar 1920 diese Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft.
Wer dagegen verstößt, muss ins Gefängnis
„Es sei nochmals auf die Bestimmungen des Wuchergerichts hingewiesen, wonach die Ausfuhr lebenswichtiger Gegenstände, wozu natürlich Lebens- und Futtermittel gehören, mit Gefängnisstrafe regelmäßig nicht unter drei Monaten und empfindlichen Geldstrafen neben Einziehung der betreffenden Lebensmittel und Publikation in den Zeitungen bestraft werden kann. Die Bevölkerung sei nachdrücklich vor derartigen Verfehlungen gewarnt“, so die Staatsanwaltschaft.
Angeklagte und Strafmaß werden veröffentlicht
„Publikation in den Zeitungen“ bedeutete, dass die Namen der Angeklagten und das Strafmaß öffentlich genannt wurden. Was auch den beiden Frauen drohte, die am 24. Februar 1920 in Waldshut bei der Schmuggelfahrt in die Schweiz erwischt wurden. Sie wollten die Rheinfähre benutzen, die zwischen der Anlegestelle beim Gasthaus „Fährhaus“ und Koblenz verkehrte; die Straßenbrücke gibt es erst seit 1932.
Die Butter verschwindet im Toiletten-Abfluss
„30 Eier und etwa vier Pfund Butter hatten sie in ihren Unterkleidern versteckt“, berichtete anderntags die Zeitung. „Als sie zur körperlichen Untersuchung vorgeführt werden sollten, flüchteten sie in den Abort im Gasthaus, wo sie auspacken wollten. Sie wurden aber hieran gehindert, doch leider gelang es ihnen, die Butter in den Abort zu werfen. Hoffentlich bleibt das Nachspiel nicht aus.“