Über die Ufer getretene Bäche, vollgelaufene Keller und dann noch ein Erdrutsch: Für die Rettungskräfte im Landkreis Waldshut begann das Jahr 2018 mit einem Großeinsatz. Nach tagelangem Regen führte die Alb in St. Blasien Anfang Januar mehr Wasser als der mittlere Abfluss des Neckars in Heidelberg. „Rein theoretisch wäre die Alb schiffbar gewesen“, erinnert sich Thomas Santl und lacht.

Dass der langjährige Kreisbrandmeister, der vor kurzem seinen Ruhestand angetreten hat, knapp vier Monate nach dem schweren Hochwasser so entspannt darüber spricht, liegt nicht zuletzt an den Erkenntnissen, die die Feuerwehrleute aus dem sogenannten St. Blasier Jahrhundert-Hochwasser von 1990 gewonnen hatten. „Die Wetterverhältnisse waren damals ähnlich“, sagt Santl. Doch während seinerzeit die Bewohner der Bernau-Menzenschwander-Straße mit Booten aus der Gefahrenzone gebracht worden waren, habe man diesmal die betroffenen Bürger rechtzeitig evakuiert.

Ein vergessener Backofen löst einen Großbrand in Erzingen aus
„Der Schutz von Mensch und Tier ist das Wichtigste. Erst danach kümmern wir uns um Sach- und Umweltschäden“, sagt Santl. Als dramatischer Einsatz entpuppte sich daher der Brand des Altenwohnstifts in Erzingen im Oktober 2017. Das Feuer war durch einen vergessenen Backofen entstanden. Innerhalb kurzer Zeit stand der Dachstuhl in Flammen und die Fluchtwege waren verraucht. „Mehrere Personen standen auf einem Balkon und riefen um Hilfe“, erinnert sich der 60-Jährige.

Über eine Drehleiter wurden sie zwar gerettet, doch wie viele Personen sich noch im Gebäude befanden, wussten die Retter anfangs nicht. „Wir mussten erst mit dem Bürgermeister die Meldekartei abgleichen“, erzählt Santl. „Zufrieden waren wir erst, als wir von jedem Bewohner die Kontaktdaten hatten“, fügt er hinzu. Dass alle gerettet wurden, macht ihn und seine Kameraden glücklich. Nebensächlich erscheint dann der Sachschaden, der in jenem Fall zwar beträchtlich war, aber, so Santl, „das interessiert höchstens die Versicherung“.
Straßenrennen auf der B 34 bei Albbruck endet für drei Jugendliche tödlich
Nicht jeder Einsatz geht leider so glimpflich aus. Immer dann, wenn Menschen bei Unglücken ums Leben kommen, setzen sich die Feuerwehrkameraden einer psychischen Belastung aus. Besonders im Gedächtnis bleibt Thomas Santl jener schwere Verkehrsunfall Ende Oktober 2008, als drei junge Leute aus Laufenburg auf der Bundesstraße 34 bei Albbruck starben. Sieben Jugendliche hatten sich in mehreren Autos auf dem Weg zur Disko ein Straßenrennen geliefert. Einer der Fahrer verlor kurz vor der Kurve bei der Papierfabrik die Kontrolle über seinen Wagen. Durch den Aufprall wurde der Motorblock herausgerissen, das Auto fing sofort Feuer.
„Wir haben gekämpft wie die Verrückten, doch leider hat es nicht gereicht“, blickt Santl traurig zurück. Der junge Autofahrer verbrannte in seinem Auto, zwei weitere junge Frauen starben. Noch heute erinnern drei Holzkreuze an der B 34 an den schweren Unfall. Nach Einsätzen wie diesen kümmern sich Psychologen und Traumatherapeuten vom Einsatznachsorgeteam für Einsatzkräfte um die Feuerwehrleute. „Es gibt Dinge, die sich festsetzen, andere verblassen mit der Zeit“, sagt Thomas Santl.

Für den ehemaligen Kreisbrandmeister sind Einsätze auch immer mit bestimmten Gerüchen und Geräuschen verbunden, wie er erzählt. 2003 war er dabei, als ebenfalls in Albbruck 27 Rinder beim Brand in einem Stall getötet wurden. „Seitdem kommen die Gedanken daran immer wieder hoch, wenn ich ein Steak auf den Grill werfe.“
Der bislang einzige radioaktive Einsatz im Landkreis spielte sich in Eggingen ab
Einen heiklen Einsatz hatten die Rettungskräfte 2006 bei Eggingen, als eine Gasleitung im Wutachtal verlegt wurde. Um zu prüfen, ob die Schweißnähte der Leitung dicht waren, setzten die Bauarbeiter einen radioaktiven Strahler ein. Als sich dieser wegen eines Defekts nicht mehr einfahren ließ, flüchteten sie und die Feuerwehr musste ran.
Um die Kameraden nicht länger als zulässig der Radioaktivität auszusetzen, griff Santl zu einer pragmatischen Lösung: „Wir haben den radioaktiven Bolzen abgeschnitten und mit einer Zange in einen Bleibehälter gegeben. Deckel drauf und dann war Ruhe.“ Der Vorfall bei Eggingen war bislang zum Glück der einzige radioaktive Einsatz der Feuerwehr im Landkreis Waldshut.