Der katholischen Kirche rennen die Schäflein davon. Im vergangenen Jahr traten bundesweit 216.078 Mitglieder aus. Davon leben 18.031 im Gebiet des Erzbistums Freiburg. Laut einer bundesweiten Umfrage aus dem Jahr 2018 gaben 44 Prozent der Befragten die Kirchensteuer als Grund ihres Austritts an. Aber dahinter folgen mit 34 Prozent bereits diejenigen, die unzufrieden mit der Institution Kirche sowie deren Amtsträgern sind. Das sind gut ein Drittel der befragten Katholiken, die genug haben von Missbrauchsvorwürfen und Finanzskandalen und die Konsequenzen gezogen haben.

Kirchenaustritt kommt für die Frauen einer Kapitulation gleich

Austreten kommt für die Initiatorinnen des Lauchringer Kirchenstreiks nicht in Frage. Ein Austritt käme für die drei Frauen einer Kapitulation gleich. Und dies ist nur verständlich: In der Kirche wurden die gläubigen Katholikinnen getauft, feierten Kommunion und Firmung, heirateten, ließen ihre Kinder taufen und engagieren sich seit vielen Jahren in den Gemeindeteams von Ober- und Unterlauchringen.

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In dieser Kirche wollen sie ihren Glauben leben und weitergeben. Dafür wenden sie und zahlreiche andere Gläubige einen Großteil ihrer Freizeit auf. Sie organisieren Suppensonntage, Kirchencafés und St. Martinsumzüge, kümmern sich um die Kommunionkinder, bereiten Messen vor und halten Wortgottesdienste, wenn der Pfarrer keine Zeit hat. Die Liste der Aufgaben, die die Ehrenamtlichen in der katholischen Kirche ausüben, ließe sich noch lange fortsetzen.

Aus 224 Seelsorgeeinheiten sollen 40 Pfarreien werden

Und sie wird noch länger werden. Nämlich spätestens dann, wenn die Erzdiözese Freiburg ihr bislang theoretisches Reformkonzept namens „Pastoral 2030“ in die Praxis umsetzt, wird noch mehr Arbeit auf den Schultern der Gemeindeteams lasten. Denn die Pläne sehen unter anderem vor, die Zahl der bislang 224 Seelsorgeeinheiten der Erzdiözese auf 40 sehr viel größere Pfarreien zu verringern. Das hat zur Folge, dass ein Pfarrer sich künftig um eine Pfarrei von der Größe eines Landkreises kümmern muss.

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Für die Mitglieder des Pfarrgemeinderats Görwihl hören sich diese Pläne wie eine „Insolvenzverwaltung“ an. Ihren Unmut darüber haben sie in einem offenen Brief an den Erzbischof Stephan Burger ausgedrückt. In Bad Säckingen schlossen sich Mitte Mai Frauen mit einer Klagemauer vor dem Münster der bundesweiten Aktion Maria 2.0. an.

Als Grund für die Umstrukturierung nennt die Erzdiözese unter anderem akuten Priestermangel. Lösungen für dieses Problem wären die Abschaffung des Zölibats und der Zugang von Frauen zu allen Weiheämtern. Für Letzteres kämpfen Ulrika Schirmaier, Karin Höhl und Gertrud Bernauer-Eckert aus Lauchringen seit einem halben Jahr unermüdlich. Dass sie mit ihrer Meinung nicht allein dastehen, beweist die Liste ihrer Unterstützer: Die CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer empfing die Lauchringerinnen in Berlin. Der Sänger Max Mutzke demonstrierte mit ihnen in Waldshut. Und schließlich nahm der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Marx, von Ulrika Schirmaier eine Petition mit 5000 Unterschriften entgegen.

Vom Freiburger Erzbischof fehlt bislang die Unterstützung

Gerade letztere Begegnung und der sogenannte synodale Weg, ein Reformprozess, den die deutschen Bischöfe bei ihrer Tagung in Fulda angestoßen haben, machen Hoffnung, dass sich auf lange Sicht die katholische Kirche verändern könnte. Warum in der Liste der Unterstützer der Freiburger Erzbischof Stephan Burger bislang fehlt, ist allerdings unverständlich. Mehrmals lehnte er ein Treffen mit den rührigen Katholikinnen aus Lauchringen ab. Wenn der Oberhirte aus Freiburg weiterhin auf Distanz zu seinen Schäflein bleibt, wird es ihm nicht gelingen, diese ins Trockene zu bringen.

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