Die Erntezeit im Landkreis Waldshut ist fast vorbei. Die restlichen Äpfel werden von den Bäumen gepflückt, bevor die Felder und Bäume winterfest gemacht werden. Die Landwirte ziehen Bilanz.
Doch unterschiedlicher könnte der Erfolg nicht sein: Während die einen unzufrieden sind, haben die anderen die beste Ernte seit drei Jahren erlebt. Doch woher kommen eigentlich diese Unterschiede? Und welche Auswirkungen hat eine schlechte Ernte auf den Preis der Erzeugnisse? Drei Landwirte klären auf.
Beispiel 1: Mais und Kartoffeln aus Wutach-Ewattingen
Siegfried Maier ist Landwirt in Wutach-Ewattingen. Seit 30 Jahren führt er seinen Ackerbaubetrieb als Demeter-Hof. Blickt er auf das nun vergangene Erntejahr zurück, ist er unzufrieden: „Ich hatte viel weniger Ernte als sonst“, sagt der Landwirt im Nebenerwerb.
Schlecht für Kartoffeln: Käfer und Trockenheit
Die starke Trockenheit in diesem Sommer habe seinem Getreide zu Schaffen gemacht. Hafer brauche besonders viel Wasser und konnte kaum Korn bilden, woraufhin wiederum keine Flocken entstehen konnten. Auch der Mais habe unter der Trockenheit stark gelitten, die Erträge seien wie beim Weizen und Dinkel unterdurchschnittlich gewesen.

Und der Kartoffelkäfer trieb auf den Feldern sein Unwesen. „Die Population von Kartoffelkäfern war noch nie so groß wie dieses Jahr, in Folge der letztjährigen Trockenheit„, sagt Maier. Das Weibchen lege bis zu 6000 Eier unter die Kartoffelblätter. Und die Tiere können innerhalb kurzer Zeit ganze Felder kahl fressen. Maier musste die Käfer von Hand von den Pflanzen ablesen.
In der Trockenphase habe außerdem das Wachstum der Kartoffeln stagniert. Die Folge: „Am Ende hatte ich kleinere Kartoffeln und somit eine geringere Menge geerntet“, sagt Maier. „Wir hoffen natürlich, dass die Extreme nicht weiter so zunehmen“, so der Landwirt mit kritischem Blick auf den Klimawandel.
Weltmarkt bestimmt den Preis
Seine Preise konnte Siegfried Maier aber halten. Diese seien ohnehin nicht davon beeinflusst, wie die Ernte der regionalen Bauern verlaufe. „Der Weltmarkt bestimmt die Preise“, sagt Maier.

Das heißt konkret: Wenn auf der ganzen Welt viel Mais geerntet wird und die Nachfrage danach gering ist, ist auch der Preis niedrig. Werde jedoch auf der ganzen Welt nur ganz wenig Mais geerntet und ist die Nachfrage danach höher als die Ernte, steige auch der Preis des Mais hier am Hochrhein.
Diese Mengen wurden am Hochrhein 2019 geerntet
Beispiel 2: Gute Ernte in Lottstetten
30 Kilometer weiter in den niedrigeren Gefilden von Lottstetten sah die Ernte laut Landwirt Stefan Russ wesentlich besser aus. Erst vergangene Woche hat Familie Russ und ihr Team die letzte Ernte eingeholt. „Unsere Ernte war in allen Bereichen gut“, sagt Russ, der in Lottstetten, Jestetten und Altenburg Getreide erntet. „Wir haben es uns wesentlich schlechter vorgestellt“.
Wasser im richtigen Moment
Doch: „Das Wasser kam im richtigen Moment“, erklärt der junge Landwirt. Eigentlich habe Wutach die besseren, bindigeren Böden und in Lottstetten könnten die Böden mit mehr Kies die Feuchtigkeit nicht so gut halten. Aber dennoch ging die Ernte zugunsten der rund 300 Meter tiefer liegenden Gemeinden am Lottstetter Zipfel aus.
Stefan Russ erklärt das folgendermaßen: „Zu den Phasen, als es besonders heiß war, war das Getreide bei uns schon in der Abreife. Im höher gelegenen Wutach jedoch findet die Saat und somit auch die Ernte wegen der niedrigeren Temperaturen erst 14 Tage später statt und somit war dort die Pflanze genau dann in der Kornausbildung, als es am heißesten war“.

Russ freut sich über den Erfolg in diesem Jahr: „Wir hier in diesem Zipfel haben nach drei schlechten Jahren endlich wieder eine gute Ernte gebraucht“. 2017 habe Hagel hohen Schaden angerichtet und 2018 sei es die extreme Trockenheit gewesen.
Alles, was der Hof Russ erntet, wird an die Tiere verfüttert. „Der Klimawandel ist nicht ganz so schlimm für uns als der aktuelle Druck der Bevölkerung, mit dem wir Landwirte für den Klimawandel und das Insektensterben verantwortlich gemacht werden“, so der Agrartechniker. Doch das sei ein anderes Thema.
Beispiel 3: Durchschnittliche Obsternte in Lottstetten
Fährt man mitten durch den Ort, sieht man schon von Weitem das Schild „Frisches Obst zu verkaufen“, das in der Hauptstraße in Lottstetten vor dem Obsthof Henes steht. Kürzlich haben die Mitarbeiter vom Obsthof die letzten Äpfel von den Bäumen gepflückt. Nachdem die Erntemenge der Obstbauern im Jahr 2017 ein Rekordniveau erreichte, sei sie dieses Jahr nur durchschnittlich bis leicht unterdurchschnittlich, so Andreas Henes. „Das war zu erwarten“, sagt der Obstbauer.
Weniger Äpfel im heimischen Garten
Henes vermarktet all seine Erzeugnisse selbst, etwa in Einkaufsmärkten in der näheren Umgebung oder direkt vor seinem Obsthof am Stand an der Straße. „In diesem Herbst können wir sehr viele Äpfel verkaufen, weil es deutlich weniger Streuobst gibt“, so Henes.

In den heimischen Gärten wachsen dieses Jahr weniger Äpfel, so sei der Absatz für ihn umso größer. Zu den Lieblingsobstsorten seiner Kunden zählen laut Andreas Henes übrigens Erdbeeren, Kirschen und Himbeeren.

Preisdruck ist spürbar
Auch wenn er als Selbstvermarkter nicht so sehr in der Preisspirale gefangen sei, spüre er den Preisdruck durch das Importobst aus dem Ausland. Den Trend, dass immer mehr Menschen regional kaufen, könne er nicht bestätigen: „Der Großteil der Verbraucher schaut auf den Preis und nicht, wo es herkommt.“