Wir schreiben das Jahr 1975. Die Neuordnung der baden-württembergischen Landkreise und Gemeinden war vollzogen, der daraus mancherorts entstandene Frust über die neuen kommunalen Gebilde war allmählich am Abklingen und die Menschen vor Ort machten sich daran, aus der ein oder anderen Zwangsheirat funktionierende Lebensgemeinschaften zu machen.
Doch ein Dorf, ganz hoch oben im Landkreis Waldshut gelegen, wollte sich damit nicht abfinden. Die offene Revolte blieb zwar aus, aber am Ende bekamen die Bürger aus Grünwald das, was sie schon immer wollten: Die Abspaltung von Bonndorf und den Anschluss an Lenzkirch und damit den Wechsel vom Landkreis Waldshut hin zum Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Möglich gemacht haben diesen Coup die beiden damals noch jungen Bürgermeister Klaus Denzinger und Peter Folkerts.
Klaus Denzinger
saß gerade einmal zwei Jahre auf dem Chefsessel im Lenzkircher Rathaus, den er 1973 erobert hatte. Mit 25 Jahren war er seinerzeit der jüngste Bürgermeister in Baden-Württemberg. In seiner Freizeit, so erinnert sich das heute 73 Jahre alte Mitglied im Waldshuter Kreistag, sei er immer mal wieder Gast im früheren Gasthaus „Grünwald„ gewesen.Und für die Bürger des

Die Gründe für diesen Wunsch seien, so Denzinger in seiner Rückschau, auch heute noch verständlich und nachvollziehbar. Grünwald bildete mit Glashütte und Holzschlag einst den Ort Holzschlag, der später in die Stadt Bonndorf eingemeindet worden war. Grünwald lag
Die Wünsche der Grünwalder blieben beim noch jungen Bürgermeister Denzinger nicht ungehört. Immerhin, so dachte er sich damals, könne ihm ein solcher Coup politisch nur nutzen. Also machte er sich auf den Weg nach Bonndorf und suchte im Rathaus der Löwenstadt den Dialog mit dem ebenfalls noch recht jungen Bürgermeister Peter Folkerts. Beide kannten sich bereits gut. Nachdem er seinem Amtskollegen seinen Wunsch vorgetragen
Für ihn wie auch für Peter Folkerts habe der Bürgerwille und nicht künstlich gezogene Grenzen oder politisch erzwungene Eingemeindungen im Vordergrund gestanden. Deshalb gingen beide ans Werk. Vor allem der Chef im Bonndorfer Rathaus war nun gefordert. Er musste zunächst seinen Gemeinderat und danach den Waldshuter Landrat Norbert Nothhelfer und dessen Kreistag überzeugen, ein Dorf, 62 Bürger Menschen und 360 Hektar Fläche an die Gemeinde Lenzkirch und damit an den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald abzutreten.

„Gemeinsam haben wir etwas hinbekommen, was in der heutigen Zeit so nicht mehr möglich wäre.“Klaus Denzinger
Denzinger war später 16 Jahre Bürgermeister der Stadt Wehr und ist seit vielen Jahren Mitglied im Kreistag des Landkreises Waldshut.
Als er die ersten positiven Signale aus Bonndorf erhalten habe, habe sich bei ihm ein „gigantisches Erfolgserlebnis“ breit gemacht. Klaus Denzinger, längst ein glühender Verfechter der Interessen des Landkreises Waldshut, sagt: „Das weiß ich noch wie heute, obwohl es inzwischen 45 Jahre her ist.“
Zu pass sei ihm und dem Vorhaben gekommen, dass der damalige Waldshuter Landrat und spätere Freiburger Regierungspräsident Norbert Nothhelfer „die Situation im Hochschwarzwald bestens gekannt hat“. Gemeinsam mit Peter Folkerts habe er den Anschluss Grünwalds an Lenzkirch gemanagt. Seine Worte, so erinnert sich Klaus Denzinger, sollen gewesen sein: „Wenn beide Bürgermeister einverstanden sind, lege ich Euch keine Steine in den Weg.“
Zustimmung der Gremien
Und schon kurze Zeit später sei den positiven Voten der beiden Gemeinderäte in Lenzkirch und Bonndorf sowie des Waldshuter Kreistags auch das Go aus dem Stuttgarter Innenministerium gekommen. Von der ersten Kontaktaufnahme mit seinem Bonndorfer Amtskollegen bis zum Stuttgarter Einverständnis sei kein Jahr vergangenen, blickt Klaus Denzinger auch heute noch glücklich und nicht ohne Stolz auf diesen politischen Coup zurück, bei dem es zwei Bürgermeistern gelang, das Rad der Zeit zurückzudrehen. Seit dem 1. Januar 1976 ist der Weiler Grünwald ein Teil des Luftkurorts Lenzkirch.
Denzinger: „Die Grünwälder waren glücklich und zufrieden und ich war auch zufrieden.“ Das Drehen am Rad der großen Politik machte zudem aus den beiden Amtskollegen Denzinger und Folkerts Freunde. Eine enge Bande, die hielt, bis der Bonndorfer Bürgermeister im Jahr 1992 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.
Dass er seinerzeit seinem heutigen Heimat-Landkreis eine Fläche so groß wie etwa 480 Fußballfelder abgerungen habe, bereitet ihm auch im Nachhinein keinerlei Gewissensbisse. „Ich haben den Wunsch der Bürger erfüllt, auch wenn dabei der Landkreis Waldshut ein wenig kleiner wurde.“ Viel wichtiger als ein paar Hektar Wald und Wiesen sei der Bürgerwille gewesen. „Der Stand bei der ganzen Aktion im Vordergrund.“
Und Klaus Denzinger ist von noch etwas felsenfest überzeugt: Heute wäre eine derartige Aktion weder beim Landratsamt, dem Regierungspräsidium und dem Innenministerium in Stuttgart möglich. Denzinger, der von sich sagt, dass er noch immer mit voller Leidenschaft ein politischer Mensch sei, sagt rückblickend: „Wir haben ohne viel Bürokratie eine bürgerfreundliche Entscheidung getroffen.“