Die Aussagen von Minister Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen) in seinem Schreiben sind klar und unmissverständlich. Er will keine Hochrhein-Autobahn. Er favorisiert stattdessen eine Bundesstraße. Diese soll dreispurig ausgebaut werden. Die Idee Hermanns würde alle fehlenden Teilstücke der A98 zwischen Rheinfelden und Lauchringen betreffen. Zunächst vor allem die Vorzugsvariante von Schwörstadt bis Murg.

Landräte und Bürgermeister antworten deutlich

Waldshuts Landrat Martin Kistler
Waldshuts Landrat Martin Kistler | Bild: Ursula Freudig

Der Waldshuter Landrat Martin Kistler (parteilos) widerspricht Verkehrsminister Winfried Hermann klar und fordert die durch die Planungen der Deges vom Sommer 2021 erzeugte Aufbruchstimmung in der Region nicht aufs Spiel zu setzen. Vor allem aber sei ein dreispuriger Ausbau der B 34 nicht genehmigungsfähig. Deshalb solle sich der Verkehrsminister für den Weiterbau der A 98 einsetzen.

Dies geht aus dem Antwortschreiben Kistlers an Herrmann hervor, das auch der Lörracher Landrätin Dammann (parteilos) sowie den Bürgermeistern Alexander Guhl (SPD, Bad Säckingen), Michael Thater (FW, Wehr) und Christine Trautwein-Domschat (parteilos, Schwörstadt) unterschrieben ist. Für eine persönliche Stellungnahme war Kistler urlaubsbedingt nicht zu erreichen.

CDU-Abgeordnete: „Unglaublicher Vorgang“

Felix Schreiner
Felix Schreiner | Bild: Büro Felix Schreiner MdB

Als einen „unglaublichen Vorgang“ bezeichnet der Lauchringer CDU-Bundestagsabgeordnete Felix Schreiner die Pläne des grünen Landesverkehrsministers. „Winfried Hermann möchte die A 98 beerdigen.“ In einer gemeinsam mit der CDU-Landtagsabgeordneten Sabine Hartmann-Müller (Rheinfelden) verfassten Pressemitteilung schreibt Schreiner: „Der Landesverkehrsminister gefährdet die Fortschritte in der A98-Planung und will das Rad komplett zurückdrehen.“ Und weiter: „Dieses Schreiben macht mich fassungslos, sind wir doch gerade in den vergangenen Monaten als Region so einig und gemeinsam vorangekommen“, so der Abgeordnete.

Sabine Hartmann-Müller, CDU
Sabine Hartmann-Müller, CDU | Bild: photothek GbR / Thomas Imo

Die Pläne Hermanns, die A 98 nur als nur als Bundesstraße zu bauen, hätte planungsrechtliche Konsequenzen, „die uns sehr viel Zeit kosten und am Ende das gesamte Vorhaben gefährdet“, betont Sabine Hartmann-Müller.

Rathaus-Chefs reagieren verständnislos

Alexander Guhl, Bürgermeister der Stadt Bad Säckingen
Alexander Guhl, Bürgermeister der Stadt Bad Säckingen | Bild: Esteban Waid

Das sagt Bad Säckingens Bürgermeister Alexander Guhl (SPD): Kopfschütteln löst Winfried Hermanns Vorstoß bei Bad Säckingens Bürgermeister Alexander Guhl aus: „Ohne Not wird hier wieder eine Grundsatzdiskussion über Autobahn- oder Bundesstraßenbau eröffnet. Dabei befinden wir uns eigentlich schon mehrere Schritte weiter und noch dazu in einer Königsposition.“

Philipp Frank, Oberbürgermeister Waldshut-Tiengen
Philipp Frank, Oberbürgermeister Waldshut-Tiengen | Bild: Oldenburg, Kai

Das sagt Waldshut-Tiengens Oberbürgermeister Philipp Frank (CDU): „Die Nachricht vom Verkehrsminister in Stuttgart überrascht und enttäuscht mich. Wir haben uns als Region gemeinsam mit der Deges vielversprechend auf einem guten Weg gemacht und arbeiten mit viel Bürgerbeteiligung an der Lösung unseres Ziels: eine Verkehrsentlastung für die Bürgerinnen und Bürger schnell zu erreichen. Wir brauchen eine Autobahn am Hochrhein, so wie sie auch im Bundesverkehrswegeplan steht und keine neuerlichen Störfeuer.“

Und darum geht es: Minister-Schreiben mit brisantem Inhalt

Das Schreiben von Landesverkehrsminister Winfried Hermann datiert bereits vom 16. Februar 2022. Das heißt, es wird seit zwei Wochen von den Adressaten unter Verschluss gehalten. Der Brief liegt dem SÜDKURIER vor und ist adressiert an die beiden Landräte von Waldshut und Lörrach sowie die Bürgermeisterin von Schwörstadt und deren Amtskollegen in Bad Säckingen und Wehr.

Bild 6: Aus für A98? Verkehrsminister will die Hochrhein-Autobahn kippen
Bild: Schönlein, Ute

Der Inhalt ist an Brisanz nicht zu überbieten. Denn der Verkehrsminister schlägt nichts anderes vor, als die Hochrhein-Autobahn zu kippen und durch eine dreispurige Bundesstraße zu ersetzen. Und zwar auf dem kompletten noch nicht fertiggestellten Abschnitten zwischen Rheinfelden-Minseln und Lauchringen.

Der Minister schreibt wörtlich: „Ich vertrete daher die verkehrspolitische Auffassung, vom Bau einer zweibahnigen beziehungsweise vierstreifigen Autobahn abzusehen und stattdessen vom jetzigen Bauende bis Lauchringen eine dreistreifige Bundesstraße zu realisieren.“ Diese könne die Anforderungen „einer leistungsfähigen und sicheren Verkehrsanbindung am Hochrhein erfüllen“.

Sie, also eine dreispurige Bundesstraße, erfüllt nach Ansicht von Minister Winfried Hermann „jedoch gleichermaßen auch die Anforderungen der verkehrlichen Zukunft im Sinne eines bedarfsgerechten Straßenneubaus“. Zeitlich solle auch ein Schwerpunkt auf den Ausbau alternativer Mobilitiätsangebote gesetzt werden, schreibt Herrmann weiter.

Hermann reagiert in seinem Brief offensichtlich auf ein Schreiben vom 14. Dezember 2021 der Landräte Martin Kistler (Waldshut) und Marion Dammann (Lörrach) sowie der Bürgermeister Alexander Guhl (Bad Säckingen), Michael Thater (Wehr) und Christine Trautwein-Domschat (Schwörstadt).

Taten sollen folgen

Und Winfried Hermann will seine Vorstellungen von einer leistungsfähigen Verkehrsachse am Hochrhein auch gleich Taten folgen lassen. Denn abschließend schreibt er: „In diesem Zusammenhang werde ich gegenüber dem Bundesministerium für Digitale und Verkehr, Herrn Dr. Volker Wissing anregen, bei der Evaluation des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen insbesondere auch die oben genannten Aspekte eines ökologischen und nachhaltigen Mobilitätswandels zu berücksichtigen.“

Damit scheint, zumindest aus Sicht des Stuttgarter Verkehrsministers, die A 98 Geschichte zu sein, bevor sie in Gänze realisiert wurde.

Vielversprechende A98-Planungen

Im Juli 2021 hatte die Deges (Deutsche Einheit Fernstraßenplanung und -bau GmbH) ein Gutachten vorgelegt aus dem hervorgeht, dass sich das Verkehrsaufkommen entlang des Hochrheins zum Jahr 2040 markant erhöhen werde. Und zwar auf bis zu 43.000 Fahrzeuge täglich. Die Deges kam daher zu dem Schluss, dass nur ein vierspuriger Ausbau der A98 Abhilfe schaffen könne.

Die Aussagen der Deges-Planer wurden seinerzeit von allen Verantwortlichen in der Region ausdrücklich begrüßt und gut geheißen. Dies gilt auch für die Vorzugsvariante zwischen Schwörstadt und Murg, also entlang der Städte Wehr und Bad Säckingen.

Entwicklungen bei der Hochrheinautobahn A98