Die derzeit explodierenden Baukosten machen auch dem Campus-Projekt zu schaffen. Der Finanzierungsplan des Projektes ist im Zuge der aktuellen Krisen aus den Fugen geraten. Den gestrigen Besuch von Andreas Schwarz, dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Landtag, nutzten die Verantwortlichen, um das Land Baden-Württemberg um Hilfe zu bitten.

Finanzielle Situation ist dramatisch
Bürgermeister Alexander Guhl und Campusmanager Jörg Blattmann schilderten die finanzielle Situation dramatisch. Die Campus Baustelle schreitet zwar zügig und planmäßig voran. Anfang 2023 soll das Ärztezentrum einziehen. Aber die Kosten schreiten ebenso zügig voran. Guhl: Bei der ersten Auftragsvergabe lag alles noch im Plan.“ Dann aber seien mit jeder Ausschreibung die Angebote gestiegen. Von den ursprünglich geplanten 27 Millionen Bausumme müsse man sich verabschieden, bedauert Guhl, man rechne mit 35 Millionen.

Die Stadt als 100-prozentiger Gesellschafter der Campus GmbH sei bereit bis an die Grenzen zu gehen. Aber irgendwann ist Schluss, sagte Guhl, da müsse sich auch das Land Baden-Württemberg auch mal Gedanken machen.
Andreas Schwarz, der auf Einladung des Waldshuter Landtagsabgeordneten Niklas Nüssle und der Bad Säckinger Grünen-Chefin Ruth Cremer-Ricken nach Bad Säckingen gekommen war, war beeindruckt von dem innovativen Campus-Konzept. Auch Sozialminister Manfred Lucha habe den Bad Säckinger Gesunsheitscampus als „Leuchtturmprojekt“ bezeichnet, fügte Niklas Nüssle hinzu. Fraktionschef Schwarz sah die Sorgen der Verantwortlichen. Er machte aber deutlich, dass er keinen Scheck dabei habe und keine Gelder versprechen könne. Dennoch: Angesichts der aktuell guten Steuereinnahmen habe das Land die Mehreinnahmen in einem Puffer geparkt. Eine Arbeitsgruppe verhandle, inwieweit diese Gelder für Projekt verwendet werden, die durch Baukostenexplosion in Schieflage geraten.
Schwarz wies zudem auf die Landesförderung für sogenannte Primärversorgungszentren hin. Gemeint ist damit praktisch genau das, was Bad Säckingen mit seinem Gesundheitscampus derzeit realisiert.

Guhl und Blattmann baten die Landesregierung dringend um Unterstützung. Helfen könnten beispielsweise auch schon Bürgschaften der Landesbank, um an sehr zinsgünstige Kredite zu kommen. Denn ohne zusätzliche Kredite werde es wohl nicht gehen, so der Bürgermeister.
Trotz der Probleme: Bau ist im Plan
Trotz der Situation sei die Bauentwicklung der Campusbaustelle im Plan, betonte Jörg Blattmann. Das große Ärztezentrum im Erdgeschoss nimmt in der Tat Formen an, die einzelnen Praxen werden bereits sichtbar. Anfang 2023 sollen die Ärzte als Mieter einziehen, ein Jahr später im Obergeschoss das Altenpflegeheim Marienhaus.

Der Wirtschaftsplan der Campus GmbH beruht darauf, dass sich das Projekt mit dem Mieten trägt, so Guhl. Da die Mietverträge aber vor der Baukostenexplosion geschlossen wurden, geht die Rechnung nicht mehr auf. Neben der Hoffnung auf Unterstützung durchs Land müssten nun schnell die noch freien Flächen im ehemaligen Spital vermietete werden, so der Bürgermeister, und die Campus GmbH müsse über Ausgabeneinsparung nachdenken.
Kostenanstieg und Handwerkermangel
Derzeit seien 80 Prozent der Arbeiten im ehemaligen Krankenhaus vergeben, so Guhl, wobei die Endabrechnung noch böse Überraschungen erwarten lasse – von den noch nicht vergebenen Arbeiten ganz zu schweigen. „Es ist nicht nur die Kostenanstieg, man kriegt auch kaum Handwerker“, sagte Guhl. Beispiel: Die Instandsetzung des Aufzugs lag in der Kalkulation bei 80.000 Euro. Bei der Ausschreibung habe jedoch nur eine Firma abgegeben mit einer Angebotssumme von 350.000 Euro.
Rehaklinik sieht sich Rückforderung von einer Million Euro gegenüber
Auch der von Fraktionschef Andreas Schwarz ebenfalls besichtigten Rehaklinik geht es nicht rosig. Aktuelle Entwicklung: Die Rentenversicherung als Hauptkostenträger habe eine Rückforderung der Coronahilfen gestellt, berichtete Chefarzt Daniel Schlittenhardt dem Gast aus Stuttgart. Laut Guhl liegt die Rückforderung bei einer Million Euro. Schlittenhardt wie auch Guhl sprachen angesicht der Forderung von fehlender Fairness bei den Rentenversicherern. Denn während diese die eigenen Rehahäuser zu annähernd 100 Prozent auslasten würden, erhielten die Rehakliniken mit privaten Betreibern weniger Zuweisung.