Susann Duygu-D'Souza

Nach Herzenslust Knallen, Krach machen oder Raketen steigen lassen und danach nicht einmal aufräumen müssen. Für viele Deutsche gehört ein Silvesterfeuerwerk einfach zur Tradition. Aber so laut wie in diesem Jahr war die Kritik an der Silvester-Böllerei noch nie, natürlich auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie. Erst jüngst wurde bekannt, dass es vor Silvester ein Verbot für Feuerwerksverkauf geben wird.

Die Feuerwerksliebhaberin

Monika Wunderle betreibt mit ihrem Mann einen Feuerwerksverkauf in Murg-Hänner. Ein Verbot von Silvesterfeuerwerk würde für sie ...
Monika Wunderle betreibt mit ihrem Mann einen Feuerwerksverkauf in Murg-Hänner. Ein Verbot von Silvesterfeuerwerk würde für sie finanzielle Einbußen bedeuten. Sie betont, dass ihre Kunden sehr umsichtig seien und auf Sicherheit achten würden. | Bild: Horatio Gollin

Eine, die Silvesterfeuerwerk befürwortet ist Monika Wunderle, die mit ihrem Mann seit mehreren Jahrzehnten in Murg-Hänner einen Feuerwerksverkauf führt. „Mit einem Verbot wäre eine jahrelange Tradition mit einem Schlag weg“, sagt sie. Wer verantwortungsbewusst mit Feuerwerk umgehe, keine Polenböller kaufe oder sich selbst sogar als Bastler bemühe, der stelle kein Sicherheitsproblem dar, sagt die Feuerwerkliebhaberin. Es sei besser, Feuerwerk in einem Fachgeschäft mit entsprechender Beratung zu kaufen, als im Internet zu bestellen oder im schlimmsten Fall selbst zu basteln. Denn dann steige die Verletzungsgefahr und die Notaufnahmen würden in Zeiten von Corona eben nicht entlastet werden.

Die Böllergegnerin

Gerda Sorychta setzt sich aus Angst vor einem möglichen Brand schon seit Jahren für ein Verbot von Silvesterfeuerwerk in der Waldshuter ...
Gerda Sorychta setzt sich aus Angst vor einem möglichen Brand schon seit Jahren für ein Verbot von Silvesterfeuerwerk in der Waldshuter Innnestadt ein. Gerda Sorychta hat dieses Jahr deshalb eine Unterschriftenliste initiiert, auf der bereits 60 Anwohner unterschrieben haben. | Bild: Susann Duygu-D'Souza/Archiv

Gerad Sorychta aus Waldshut setzt sich dagegen sehr für ein Feuerwerksverbot ein, speziell in den Innenstädten von Waldshut und Tiengen. Ist Silvester-Feuerwerk noch zeitgemäß? Alte Traditionen und Gewohnheiten an veränderte Situationen anzupassen, fällt nicht immer leicht. Passt jedoch sinnloses Böllern noch in unsere ernste und angespannte Corona-Zeit? Vieles spricht dagegen!

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Die Vorwürfe: Zu viel Feinstaub, zu viele Verletzte und zu viel Müll

Gerda Sorychta nennt Umwelt-, Lärm- und Brandschutz als Gründe, weshalb sie gerne auf das Knallen zu Silvester verzichtet. Gerda Sorychta: „Das Umweltbundesamt rechnet, dass durch Abbrennen von Feuerwerkskörpern 2 Prozent des über das Jahr in Deutschland freigesetzten Feinstaubs ausmacht, oder 15,5 Prozent der jährlichen Feinstaubmenge im Straßenverkehr. Sollte uns kurzfristiges Vergnügen wichtiger sein, als der Zustand der Welt, in der unsere Kinder in den nächsten Jahrzehnten leben?“

Monika Wunderle widerspricht: „Viel hat man in diesem Jahr in Presse und Fernsehen über Feinstaub und CO2-Ausstoß gelesen. Die Werte seien zu hoch, gefährlich für Umwelt und Mensch. Der Verband der Pyrotechnischen Industrie hat mit neuen Messungen und fachlichen Gutachten dies nun widerlegt und im Internet veröffentlicht. Demnach ist der Wert der Feinstäube vom Silvesterfeuerwerk bei 0,7 Prozent, bei staatlich geförderten Holzfeuerungsanlagen liegt der Wert zum Vergleich bei 9 Prozent“, sagt Wunderle.

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Der Müll

Gerda Sorychta sagt: „Hinzu kommen die Nachfolgeschäden, wie Müllbeseitigung. In den Städten Berlin, Hamburg, München und Frankfurt wurden 191 Tonnen Silvestermüll beseitigt durch 1.100 Reinigungskräfte. In Waldshut und Tiengen wird es adäquat behandelt, was als selbstverständlich empfunden wird.“

Monika Wunderle weiter: „Auch das Thema Müll fällt immer wieder, wenn es um ein Feuerwerksverbot geht. Aber die Feuerwerksreste stellen nur einen kleinen Teil dar. Verpackungen, Glas- und Plastikflaschen den Größeren. An dieser Stelle noch angemerkt: Jede Festlichkeit, ob ein Konzert des hiesigen Musikvereins oder ein Stadtfest, hinterlässt Müll.“

Verantwortungsvoller Umgang

Monika Wunderle: „Viele unserer Kunden gehen verantwortungsvoll mit der Ware um, achten auf alle Sicherheitsmaßnahmen. Sie würden ein Verbot akzeptieren. Aber da gibt es immer wieder Leute, die sich Ware im Internet oder im Ausland (Polenböller) besorgen würden. Eine schlechte Entscheidung. Diese Artikel haben eine größere Menge an Explosivstoff, als es in Deutschland erlaubt ist. Und sogenannte Bastler sollte man auch nicht vergessen. Eine Folge daraus wären: Mehr Rettungseinsätze, die man mit dem Verbot ja vermeiden möchte.“

Gerda Sorychta: „Die erhöhte Brandgefahr in unseren dicht bebauten, historischen Innenstädten Waldshut und Tiengen darf nicht außer Acht gelassen werden, was wiederum Feuerwehren, Polizei und Rettungskräfte auf den Plan ruft. Durch unsachgemäße Handhabung von meistens importierten Böllern werden jährlich etwa 8.000 Menschen verletzt und in den Notaufnahmen der Kliniken durch Ärzte und Pflegepersonal versorgt, welche durch Corona-Pandemie-Patienten bereits schon an ihre Grenzen stoßen.“

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Die Alternative

Gerda Sorychta betont, dass sie nicht missionarisch wirken wolle. „Man sollte sich vielmehr Gedanken machen, ob es für die Freunde dieses Spektakels nicht zentrale Leucht-Feuerwerke oder Lasershows geben könnte ohne Kanonenschläge? An geeigneten Orten, an welchen die Abstandsregeln eingehalten werden könnten. Die Mitnahme des Restmülls halten wir für obligatorisch und wäre eine Option.“

Monika Wunderle: „Feuerwerksverbote auf besonders ausgewiesenen Plätzen ist zwar eine Möglichkeit der Krise zu trotzen, ob sich alle daran halten, mag ich zu bezweifeln.“

Die wirtschaftlichen Folgen eines Verbots

Monika Wunderle: „Bauchschmerzen bereitet mir ein mögliches Verbot für das diesjährige Silvesterfeuerwerk. Nicht nur, weil wir dadurch unseren Verkauf nicht durchführen dürfen. Viel Arbeit wäre dann umsonst gewesen, aber auch finanziell gebe es Einbußen, nicht nur für unsere Firma, sondern für die ganze Branche. Corona sei Dank (viele Insolvenzen).“

Der Tierschutz

Gerda Sorychta sagt: „Auch der Tierschutz sollte nicht unberücksichtigt bleiben. Ein großes Problem stellt die lautstarke Knallerei für Haustiere, Wildtiere und Tierparks dar. So leiden nicht nur wir Menschen unter der geballten Begrüßung des Neuen Jahres, man sollte sich auch fragen, ob für 133 Millionen, welche die Deutschen im Schnitt für Feuerwerk ausgeben, nicht Sinnvolleres getan werden könnte in unserer kostenintensiven Zeit?“

Monika Wunderle: „Für einige Tiere ist der Jahreswechsel nicht angenehm, andere dagegen sind neugierig, wollen wissen, was da vor sich geht. Sie haben keine Angst. Als Besitzer eines Tieres weiß ich, wie mein Tier reagiert und kann handeln.“

Die Hoffnung

Gerdas Sorychta hofft, dass die Stadt eine Anfang des Jahres eingereichte Petition unterstützt, um Feuerwerk aus den Innenstädten fern zu halten. Zuversicht verspricht uns auch die Zusage des Ordnungsamtes, welches zum Schutz der Innenstädte von Waldshut und Tiengen, Absperrungen der begrenzten Zonen und verstärkten Einsatz der Ortspolizei zusicherte. In der Hoffnung auf einen friedlichen Jahreswechsel wünschen wir allen Bewohnern von Stadt und Kreis ein gesundes und angstfreies Jahr 2021, in dem wir respektvoll miteinander umgehen.“

Monika Wunderle: „Feuerwerk macht Freude, macht fröhlich. In dieser, unserer Pandemiezeit, vielleicht eine kurze Auszeit. Sollte den Bürgern, die gerne Feuerwerk zünden – was ja aus den Verkaufszahlen hervorgeht – dies auch verboten werden? Jahrelange Tradition wäre auf einen Schlag weg. Wir hoffen, dass es kein Verbot geben wird und Familien das neue Jahr mit strahlenden Augen begrüßen dürfen. Den Jahreswechsel verbringen wir mit einem Gläschen Sekt zu Hause und bewundern die unzähligen Farben und Formen des Feuerwerks am Himmel. Allen Lesern wünschen wir ein gutes und vor allem gesundes Jahr 2021.“

Anmerkung der Redaktion: Die Stellungnahmen wurden vor dem offiziellen Verbot des Feuerwerksverkauf eingeholt.