„Ich finde die Impfpflicht wichtig“, sagt Susanne Mutter, Leitung der sozialen Betreuung im Marienhaus Bad Säckingen, klar und deutlich. Auch die berufsbezogene Corona-Impfpflicht, die ab 15. März für alle Beschäftigten in Gesundheitsberufen gelten soll, findet sie sinnvoll, wie sie sagt.
Sie selbst sei zu Beginn der Pandemie an Corona erkrankt. „Ich hatte viel Glück, aber eine Kollegin ist wegen der Krankheit heute nicht mehr arbeitsfähig“, erzählt Mutter. Denn ihre Kollegin leide noch heute unter Long-Covid und damit an Langzeitfolgen der Erkrankung.

Etwas zwiegespaltener blickt ihre Chefin Geraldine Dumont, Heimleitung des Marienhauses, auf die kommende Impfpflicht. „Ich finde es ärgerlich, dass wir die Impfpflicht haben, die nur unsere Berufe betrifft.“ 90 Prozent der Mitarbeiter in ihrem Haus seien geimpft. „Einerseits, wer hier arbeitet, trägt Verantwortung, andererseits bin ich gegen die Pflicht“, sagt Dumont.
Ihre Mitarbeiter fänden eine allgemeine Pflicht schon gut, würden sich aber auch fragen: „Warum nur für uns und nicht für alle?“ Die Mitarbeiter fühlten sich gut geschützt. Und dafür sei das Tragen der FFP2-Masken für alle, die mit den Bewohnern in Kontakt stehen, das wichtigste Mittel. Die Testung gebe zusätzlich Sicherheit.
Im Frühjahr 2020 habe es unter den Bewohnern einige Corona-Fälle gegeben. Seitdem nicht mehr. Denn die Fälle unter den Mitarbeitern zum Ende des vergangenen Jahres seien nicht ins Haus übertragen worden. Außerdem befürchte Dumont auch keinen Weggang von Fachkräften wegen der Corona-Impfpflicht, die bedeutet, dass ohne Impfung keine Beschäftigung mehr möglich ist. Die Fachkräfte seien alle geimpft, einzig unter den Helfern seien einige Ungeimpfte.
„Ein Tropfen auf den heißen Stein“
Auch Patrick Scholder, Regionalgeschäftsführer der ASB Südbaden, zu der auch das Seniorenzentrum Sankt Fridolin in Bad Säckingen, das „Rheinblick“ in Laufenburg sowie Seniorenzentrum Albal in Albbruck gehört, spricht sich gegen die berufsbezogene Impfpflicht aus. „Ich bin nicht glücklich damit, meine Kollegen und die Branche sind auch nicht glücklich damit“, sagt Scholder.
Es sei unsolidarisch, wenn einzelne Berufsgruppen, die ohnehin schweren Stand haben, nun einen Zwang erfahren. Aber: „Ich erachte es als sinnvoll, grundsätzlich eine generelle Impfpflicht einzuführen.“ Die Impfpflicht sei für eine ohnehin schon gebeutelte Berufsgruppe eine weitere Benachteiligung.

Für die Bekämpfung der Pandemie sei diese Maßnahme ohnehin nur ein „Tropfen auf den heißen Stein.“ Vielmehr müssten sich die Bewohner und Besucher der Heime impfen lassen, meint Scholder. Auch wenn alle Mitarbeiter geimpft seien, breche die Krankheit trotzdem aus, wie Beispiele von anderen Heimen – etwa in Freiburg – zeigen würden, bei denen eine Imfpquote von 100 Prozent besteht.
Keine Angst vor Kündigungen
Auch Patrick Scholder habe keine Angst vor Kündigungen, wie er sagt, da die Impfquote ohnehin schon hoch ist. „Es werden welche gehen, die sich nicht impfen lassen wollen, aber für uns ist diese Zahl nicht maßgeblich“, sagt er. Von insgesamt 875 Mitarbeitern rechnet er mit rund 15, die deswegen den Beruf wechseln werden, also in jeder ASB-Einrichtung rund ein bis zwei Mitarbeiter.
„Ich bin mittlerweile für eine genrelle Impflicht – denn ich fände eine Solidargemeinschaft besser: Wenn man auf dem Balkon steht und klatscht, müsste man sich nun auch solidarisch verhalten und sich impfen lassen.“Patrick Scholder, Regionalgeschäftsführer des ASB Südbaden
Als Familienvater finde Scholder es zudem unglücklich, dass die Impfpflicht nicht auch für Lehrer gelte. „Wie kann man dann die Kinder schützen?“, fragt er sich.
Bürgerstiftung Wehr klar für die Impfpflicht
„Personen, die Fürsorge für andere, meist schutzbedürftige Menschen wahrnehmen und diesen bei ihrer Tätigkeit körperlich nahe kommen müssen – beispielsweise in der Alten- oder Krankenpflege oder auch in Kindergärten -, sollten sich nach unserer Überzeugung in jedem Fall bereits aus berufsethischen Gründen impfen lassen“, sagt Stiftungsratsvorsitzender Michael Thater. „Für viele Krankheiten ist eine erfolgte Impfung heute schon eine Berufsvoraussetzung für solche Berufsgruppen. Aus Sicht der Bürgerstiftung sollte dies auch für Covid-19 gelten“, so Thater weiter.
Heimleiter Boris Blazevic sieht das genauso: „Die Gruppe der Senioren hat die Pandemie eindeutig am härtesten getroffen – und sie ist nach wie vor am stärksten von der Erkrankung bedroht“, so Blazevic. Auch das Personal habe weitgehend die gleiche Meinung. Die Imfpquote unter den Mitarbeitern liege aktuell bei 94 Prozent, Tendenz weiter steigend.

Gleichwohl könne es durchaus passieren, dass sich die ungeimpften Mitarbeiter bald beruflich neu orientieren könnten. „Wir sehen darin jedoch keine große Gefahr“, so Blazevic. Denn: „Unsere Beschäftigten sind meist aus Überzeugung in der Altenpflege tätig und würden sich von einer Impfpflicht kaum von diesem Beruf abbringen lassen“, sagt der Heimleiter. Auch an Frankreich und anderen Staaten könne man sehen, dass es nicht zu vielen Kündigungen gekommen sei.