Frau Trehn, Sie koordinieren die Einsätze der Grünen Damen und Herren am Klinikum Hochrhein in Waldshut. Was machen die Ehrenamtlichen eigentlich genau?

Wir schenken den Patienten und deren Angehörigen vor allem Zeit: Wir besorgen von Zahnpasta über Lesebrillen bis hin zu Jogginghosen und Handy-Ladekabeln alles, was die Betroffenen gerade brauchen. Und wir teilen Momente der Menschlichkeit miteinander. Wenn Schmerzen oder ein langer Krankenhausaufenthalt die Psyche belasten, sind wir da und hören zu, spenden frei von Phrasen oder Floskeln Trost, machen Mut und bringen die Patienten auf andere Gedanken. Oft hilft auch ein gemeinsamer Spaziergang auf die krankenhauseigene Rheinterrasse oder in die Klinik-Kapelle – oder wir stillen Gelüste, in dem wir das heißersehnte Stück Schwarzwälder Kirschtorte in der Stadt besorgen. Die Bedürfnisse sind so vielseitig wie die Menschen.

Die Grünen Damen und Herren sind die helfenden Hände für Patienten.
Die Grünen Damen und Herren sind die helfenden Hände für Patienten. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Welche Eigenschaften muss eine Grüne Dame oder ein Grüner Herr also mitbringen?

Vor allem sollten unsere Ehrenamtlichen gerne auf Menschen zugehen und ihnen mit offenem Herzen begegnen. Oft wehren Patienten unsere helfende Hände zunächst ab, sagen: ‚Eigentlich brauche ich nichts, aber wenn Sie schon mal da sind...“. Unsere aktuell neun Damen und zwei Herren verstehen es durch Einfühlungsvermögen, das Eis zu brechen. Wichtig ist auf jeden Fall auch Mitgefühl, Diskretion und ein gewisses Maß an Lebenserfahrung und innerer Stärker – denn so nah dran an den Patienten bekommt man sehr viel mit, und zwar Freud und Leid gleichermaßen.

Was sind die schönsten Momente der ehrenamtlichen Tätigkeit?

Etwas Sinnvolles und Gutes zu tun, erfüllt mich und mein Team jeden Tag mit Freude. Wir bekommen so viel Dankbarkeit von den Patienten zurück, werden oft schon mit leuchtenden Augen erwartet – das ist schön! Und wenn ein Gespräch den Patienten auf positivere Gedanken gebracht hat, macht uns das richtig stolz.

Gibt es auch Momente, die einen sehr mitnehmen?

Ja, die gibt es. Patienten die vor lauter Schmerzen schreien oder um Erlösung bitten, begegnen uns in unseren Einsätzen immer wieder. Und wir bekommen auch Streitigkeiten um Erbschaften oder um den möglichen Umzug in eine Pflegeeinrichtung zwischen Patienten und Angehörigen mit. Das Leid aller Beteiligten geht uns natürlich auch nahe, wir sind ja alle Menschen! Besonders schwere Fälle, die wir nicht mehr aus dem Kopf bekommen, besprechen wir dann im Team oder mit dem Pflegepersonal im Krankenhaus. Und ein mal jährlich haben wir eine Supervision mit einer Psychologin, in der wir Erlebtes besprechen und verarbeiten können.

Welche Alltagsrituale können dabei helfen, diese Momente zu verarbeiten?

Unsere Einsatzkleidung, die grünen Kittel, sehen wir ein bisschen wie einen Schutzpanzer, den wir ausziehen und so die Sorgen symbolisch in der Klinik lassen können. Aber es ist auch wichtig, dass wir nach den Einsätzen Dinge tun, die uns ganz persönlich gut tun. Da hat jeder von uns andere Strategien entwickelt: Eine Kollegin bummelt stets noch durch ein paar Läden in der Kaiserstraße und gönnt sich zum Abschluss ein Stück Kuchen oder einen Eisbecher, andere radeln oder spazieren durch die Natur. Ich habe viele Jahre ein Vollbad genossen, mir dabei einen Wellness-Moment gegönnt und gleichzeitig Kummer und Sorgen abgewaschen.

Die Grünen Damen und Herren Waldshut haben im September bereits ihr 25-jähriges Bestehen gefeiert. Wie genau?

Wir waren mit Blick auf den Rhein Mittagessen, saßen fröhlich beisammen und haben auf die vielen Jahre angestoßen. Wenn es die Corona-Lage zulässt, werden wir in diesem Jahr noch eine Feier mit der Geschäftsleitung des Klinikums Hochrhein nachholen. Bisher war das leider nicht möglich.

Wie hat sich die Arbeit in diesen vielen Jahren verändert?

In den Anfangsjahren hat der Name bei Patienten und Angehörigen manchmal für Verwirrung gesorgt. Manche dachten, wir hätten etwas mit der politischen Partei zu tun – doch wir sind unabhängig von Religion oder Politik: eine soziale Organisation, die von Mensch zu Mensch helfen möchte. Heute kennt man die Grünen Damen und Herren – und viele Patienten erwarten unseren Besuch sogar schon. Die Bedürfnisse und Anliegen der Patienten sind über die vielen Jahre stets die gleichen geblieben. Telefonkarten werden natürlich weniger nachgefragt, weil heute fast jeder ein Handy hat. Stattdessen brauchen immer mehr Patienten Ladekabel für ihre Geräte. Die Smartphones sind es auch, die die Kommunikation mit fremdsprachigen Patienten einfacher machen: Mit Übersetzungsprogrammen können wir uns austauschen – das eröffnet ganz neue, tolle Möglichkeiten.

Welche Patienten nutzen die Hilfe der Grünen Damen und Herren besonders?

Vor allem, wenn die Verwandten weiter weg wohnen oder beruflich sehr eingespannt sind, wird schon bei den kleinsten Dingen Hilfe benötigt: Ein Kleidungsstück aus dem Schrank holen, das Kissen aufschütteln, eine Wärmflasche mit Wasser füllen oder die Lieblingszeitschrift am Kiosk besorgen – schon die aller kleinsten Dinge sorgen für ein dankbares Lächeln.

Was würden Sie sich für die Zukunft der Grünen Damen wünschen?

Durch die Corona-Pandemie ist unser Team etwas kleiner geworden, während seither gleichzeitig weniger Patienten-Besucher kommen. Wir würden uns sehr freuen, wenn unser Team künftig wieder wachsen würde. Viele von uns sind mit dem Eintritt in die Pension zu den Grünen Damen gestoßen. Aber wir freuen uns über jede Unterstützung – egal ob Mann, Frau oder jüngeren Alters – wer Menschen helfen möchte und seine Freizeit sinnvoll verbringen möchte, ist bei uns herzlich willkommen.