Die FDP-Fraktion im Kreistag Waldshut hat zweieinhalb Jahre nach der Kommunalwahl Halbzeitbilanz gezogen. Um es vorweg zu nehmen: Die Fraktion zieht ein durchwachsenes Fazit von der Arbeit des Kreistags. Mit manchem zeigten sich Fraktionssprecher Klaus Denzinger (Wehr) und FDP-Kreisrätin Carolin Welsch (Bad Säckingen) im Gespräch mit dem SÜDKURIER zufrieden, einige Punkte der Kreistagsarbeit sehen sie jedoch äußerst kritisch.
Klinikum Hochrhein: Hohes Defizit bereitet Sorge
Recht deutlich werden die beiden vor allem beim Thema Klinikum Hochrhein und Finanzen. Die Entwicklung des Hauses bereite Sorge, sagte Klaus Denzinger. Während die allgemeine Haushaltsentwicklung des Landkreises in der Coronakrise weit weniger dramatisch verlief wie befürchtet, entwickle sich die Wirtschaftlichkeit der Klinik gegenläufig. Das Haus habe 2020 ein Defizit von 4,6 Millionen Euro eingefahren, sagte Denzinger. Auch in diesem Jahr werde das Minus in die Millionen gehen, schätzt er. Die Coronakrise sei sicher eine Erklärung dafür, räumte Denzinger ein, „aber das kann nicht die alleinige Entschuldigung sein.“
Grundsätzlich müsse eine Klinik zwar nicht gewinnbringend arbeiten, aber mit den roten Zahlen dürfe es in dieser Höhe auf Dauer jedenfalls nicht weitergehen. Den Kreistag sehen Welsch und Denzinger für dieses Finanz-Loch nicht in der Verantwortung, sondern die Geschäftsführung des Klinikums. Bei den Verantwortlichen seien bereits Maßnahmen angemahnt worden. Die Hoffnung ruhe jetzt auf den Nordanbau, der zu mehr Wirtschaftlichkeit beitrage soll.
Forderung: Mehr Transparenz, mehr Öffentlichkeit im Kreistag
Gerade beim Thema Krankenhaus – egal ob Spital Waldshut oder Klinikneubau – wünscht sich die FDP-Fraktion ohnehin mehr Öffentlichkeit und bessere Information für Bürgerinnen und Bürger. „Das ist eine klare Forderung von uns“, sagt Carolin Welsch. Die Entscheidungsfindung im Kreistag müsse für Wählerinnen und Wähler nachvollziehbar sein. „Wir müssen transparenter werden“, fügt Denzinger hinzu, die Bevölkerung müsse wissen, welcher Mandatsträger gegen oder für etwas ist. Es könne nicht angehen, dass wichtige Entscheidung hinter verschlossenen Türen gefasst würden und der Kreistag das nachher öffentlich nur noch abnicken kann. Im Übrigen gelte das nicht nur für die Themen Klinikum Hochrhein und Klinik-Neubau, sondern für alle Entscheidungen des Kreistages.
Digitalisierung: Daumen hoch
Bei diesem Thema zieht die Fraktion hingegen eine durchweg positive Bilanz. „Hier hat der Landkreis seine Hausaufgaben gemacht“, freut sich Denzinger. Die Zusammenarbeit des Landkreises mit den Gemeinden im gemeinsamen Zweckverband Breitband sei ein Erfolgsmodell. Derzeit seien die Gemeinden am Zuge und bauten die Ortsnetze aus.

Verkehr: Neue Dynamik mit neuer A98-Planung
Die Hochrheinautobahn habe durch die Planungsübernahme der Deges an Dynamik gewonnen (Deges ist die Fernstraßenplanungsgesellschaft von Bund und Ländern). Mit der Vorzugsvariante im Bereich Wehr und Bad Säckingen liege eine machbare Trasse vor, so Denzinger – auch wenn er gerade in Wehr bei der Hardtsiedlung und der Weckertsmatt noch Bedarf für Nachbesserungen sieht. Wichtig sei jedoch, die zeitlichen Zielvorstellung einzuhalten. Denn 2030 laufe der gültige Bundesverkehrswegeplan aus. Der aktuelle Planungseifer dürfe jetzt nicht wie schon so oft wieder „einschlafen“. Dasselbe gelte für die Elektrifizierung der Hochrhein-Bahnstrecke. Die Fertigstellung ist 2027 geplant. Die FDP werde hier – wie auch bei der A98 – auf die Einhaltung des Zeitplanes pochen.

Zustände auf der Hochrheinbahn erreichen unerträgliches Maß
Als völlig indiskutabel nannten Welsch und Denzinger in diesem Zusammenhang die aktuellen Zustände auf der Hochrheinbahn. Verspätung, Ausfälle und Überfüllung hätten ein unerträgliches Maß erreicht. Gleichzeitig sei der Ton der hiesigen Kommunalpolitik gegenüber der Deutschen Bahn „zu freundlich“ angesichts solcher Zustände.

Berufliche Bildung: Förderunterricht bringt Pluspunkt
Für die beruflichen Schulen ist der Landkreis zuständig. Als Stärkung dieses Schulzweigs nannten Carolin Welsch die Einführung des Bildungsganges „Ausbildungsvorbereitung“. Ziel: Hier können Schüler mit Förderbedarf die Voraussetzungen für den Start in eine erfolgreiche Berufsausbildung erlangen. In Bad Säckingen sei dies an der Hauswirtschaftlichen Schule und der Rudolf-Eberle-Schule dieses Schuljahr gestartet, in Waldshut starte die neue Klasse an der Käufmännischen Schule zum Schuljahr 2022/23.
Gleichzeitig müsse die Politik vor Ort ein waches Auge auf den Bestand der Beruflichen Schule im Landkreis haben. Es bestehe zwar keine konkrete Gefahr für die Standorte, so Denzinger, dennoch sei angesichts sinkender Schülerzahlen Vorsicht geboten. So könne etwa der Unterricht für bestimmte Berufsgruppen andernorts zu Landesklassen zusammengefasst werden.