Keine langen Auto-, Bus- oder Zugfahrten. Mittagessen zu Hause. Die Arbeit ist genauso erledigt. Eigentlich ist Homeoffice, das Arbeiten von zu Hause aus, eine feine Sache. In Corona-Zeiten praktizieren es viele Betriebe, um das Ansteckungsrisiko am Arbeitsplatz zu minimieren. Alles so weit kein Problem. Zumindest für diejenigen, die in Deutschland wohnen und arbeiten. Doch wie sieht es für die entlang der Grenze ansässigen Deutschen aus, die in Schweizer Firmen beschäftigt sind?

Regelung schon im Frühjahr getroffen

Schon beim ersten Lockdown tauchten bei vielen Grenzgängern und deren Arbeitgebern rechtliche Fragen, vor allem bezüglich der Regelungen für die Sozialversicherungen auf. Die Behörden beider Länder reagierten auf die veränderte Situation in der Pandemie und einigten sich auf eine Ausnahmeregelung, die aktuell bis zum 30. Juni 2021 verlängert worden ist.

Schweizer Versicherungssystem hat Vorteile

Das ist wichtig. Denn unter normalen Umständen könnten die in der Schweiz Beschäftigten, kurz gesagt, ihren Grenzgängerstatus verlieren, wenn sie zu oft zu Hause arbeiten. Somit würde sich auch die Zuständigkeit für die Sozialversicherungen ändern. Zum Nachteil der Grenzgänger. Anders herum: Die Vorteile, vor allem des Schweizer Rentenversicherungssystems unter anderem mit der Pensionskasse, würden wegfallen.

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Ein Verlust des Grenzgängerstatus‘ hätte finanzielle Auswirkungen. Nicht nur aus steuerlicher Sicht. Wer dauerhaft im Homeoffice arbeitet, müsste sich in Deutschland versichern. Für mehr Geld. Die Konditionen sind schlechter, die Versicherungen teurer. Das betrifft Kranken-, Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung gleichermaßen.

Sebastian Kaiser (42) aus Tiengen arbeitet als Warengeschäftsleiter in einer Schweizer Niederlassung eines großen deutschen Discounters, 85 Kilometer von seinem Wohnort entfernt. Normalerweise fährt er täglich hin und her. Insgesamt ist er fast zweieinhalb Stunden unterwegs, um zum Arbeitsplatz und wieder nach Hause zu kommen.

Einmal pro Woche zu Hause

Corona hat auch die Situation in seiner Firma verändert. „Die Hälfte der Büroangestellten arbeiten im Homeoffice. Der Rest im Büro“, beschreibt er in einem Telefonat. Er selbst arbeite einmal die Woche zu Hause. In seiner Stellung im Betrieb koordiniert er die Aufteilung der Heimarbeit. Kaiser: „Natürlich gibt es Tätigkeiten, die nicht zu Hause erledigt werden können.“ Das betrifft zu einem großen Teil auch seinen Führungsaufgaben.

Mitarbeiter gut ausgerüstet

Die Technik funktioniere, die Mitarbeiter seien fürs Homeoffice ausgerüstet. „Es funktioniert gut“, sagt Kaiser. Er schätzt die Vorteile: „Ich muss nicht fahren und habe zweieinhalb Stunden gespart.“

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Von den Diskussionen um das Homeoffice und die Sozialversicherungen habe er gehört. Allerdings würde ihn die Regelung ohnehin nicht treffen. Weil er nur einmal pro Woche in seinem Heimbüro arbeitet.

Thomas Kummer (63) aus Lauchringen, CEO beim Schweizer Möbelhersteller Dietiker in Stein am Rhein bei Schaffhausen sammelt gute Erfahrungen mit dem Homeoffice. In seiner Firma bleibe jeder Büromitarbeiter zwei Tage in der Woche am Heimarbeitsplatz.

Grenzgänger Thomas Kummer aus Lauchringen
Grenzgänger Thomas Kummer aus Lauchringen | Bild: privat

Er beschreibt: „Es läuft besser, als ich mir das vorgestellt habe. In einigen Positionen kann der Job zu Hause genauso erledigt werden. Und: Ob der Gesprächspartner bei einer Besprechung mit mir an einem Tisch sitzt oder ob ich ihn auf dem Bildschirm sehe, ist fast gleich.“ Die eine oder andere Geschäftsreise könne gespart werden.

Vor Corona nie ein Thema

Vor Corona sei Homeoffice im Unternehmen nie ein Thema gewesen. Kummer: „Jetzt machen wir uns darüber Gedanken, dass die Leute generell den einen oder anderen Tag zu Hause arbeiten können. Wir werden uns genau erkundigen, in welchem Rahmen das möglich ist.“

Felix Schreiner begrüßt die Verlängerung

Laut einer Pressemitteilung des Bundestagsabgeordneten Felix Schreiner müssen sich die Grenzgänger hinsichtlich der Heimarbeit und Regelungen zur Sozialversicherungen im Moment auf jeden Fall keine Sorgen machen. Die im März zwischen Deutschland und der Schweiz getroffenen Vereinbarungen für eine Ausnahmeregelung während der Corona-Pandemie wurde bis zum 30. Juni 2021 verlängert. Bezugnehmend auf eine Internet-Veröffentlichung des schweizerischen Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV)

Interessen von 60.000 Grenzgängern

Schreiner schreibt: „Ich begrüße, dass beide Länder die Verlängerung beschlossen haben. Unter den gegebenen Umständen ist es richtig und für viele Bereiche wichtig, Kontakte zu reduzieren und die Möglichkeit von Homeoffice zu nutzen.“ Er habe die Interessen der fast 60.000 Grenzgänger zwischen Lörrach und Konstanz im Blick. Er sei froh, dass Klarheit herrsche. Eine mittlerweile aktualisierte Formulierung auf der BSV-Seite habe für Verwirrung gesorgt.

Information der DVKA ist klar formuliert

Die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung-Ausland (DVKA) untermauert dies auf ihren Internetseiten: „Eine Person, die vorübergehend – ganz oder teilweise – für bis zu 24 Monate ihre Tätigkeit von zu Hause aus ausübt, ergeben sich keine Änderungen hinsichtlich des anwendbaren Sozialversicherungsrechts.“

Grenzgänger können im Moment also ruhig schlafen. Wenn Corona vorbei ist, sieht alles wieder anders aus. Allerdings denken einige Fachkreise schon darüber nach, die Verordnungen für Homeoffice nach der Krise generell zu lockern.

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