Als Helfer fing er 2014 an, heute ist Karl Stoll Köhlermeister und Chef einer aus 30 Ehrenamtlichen bestehenden Köhlertruppe. Und als solcher bei den Dachsberger Kohlenmeilertagen unermüdlich im Einsatz.
Tag und Nacht, rund um die Uhr, bewachen die Köhler auf dem Dachsberg den Kohlenmeiler, nachdem er in Glut gesetzt worden ist. Zu Beginn haben sie immer wieder Holzscheite in den Kamin nachgefüllt, um die Glut am Leben zu halten. Dann galt es, vom Kopf des Meilers her zu prüfen, wie weit das Holz im Innern bereits zu Holzkohle geworden ist. Die Köhler haben entsprechend des Fortschritts die zunächst oben gestochenen Luftlöcher wieder verschlossen, mit dem langen Eisenstab weiter unten neue geöffnet und die oberste Schicht durch Festklopfen und Stampfen verdichtet.
Altes Handwerk fasziniert
Fast ununterbrochen mit dabei ist Stoll. In seiner Köhlertruppe machen mittlerweile auch Frauen mit. Vor allem aber ist eine relativ große Zahl junger Männer dabei, die von dem alten Handwerk fasziniert ist und sich mit Herzblut für die Köhlerei engagiert.
Begonnen hat die Köhlerei im Schwarzwald als regelrechter Wirtschaftszweig. Zwischen 1650 und 1850 diente sie als Grundlage für die Glasbläserei und die Eisenerzverhüttung, konnte man doch mit der Holzkohle bei einem Viertel des Gewichtes und 50 Prozent des Volumens die doppelte Energie gewinnen als mit dem ursprünglichen Holz. Nach 1850 wurde Holzkohle als Energielieferant zunehmend durch Steinkohle ersetzt. Auf dem Dachsberg wurde die Köhlerei bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein aktiv betrieben.
Wiederbelebt wurde sie nach einigen punktuell organisierten Meilern in den Vorjahren dann dauerhaft im Rahmen der Feierlichkeiten zum Doppeljubiläum 1000 Jahre Österreich und gleichzeitig 625 Jahre Hauensteinische Einungen. Auf dem Dachsberg hat von Anfang an Köhlermeister Reinhold Berger maßgeblich zur Köhlerei als jährlich wiederkehrendem Ereignis beigetragen. Bis 2015 hatte er auch die Führung der Köhlergruppe inne. Als er in diesem Jahr während der Verkohlung zu Gast beim zehnten Europäischen Köhlertreffen in Neukirchen am Teisenberg (Bayern) war, übergab er die Führung in die Hände der nachfolgenden Generation.
Seit 2020 Chef der Truppe
Hier kommt Karl Stoll ins Spiel. 2007 nach Wittenschwand gezogen, fragte er nach Beendigung seines aktiven Berufslebens 2014 beim Köhlerfest Reinhold Berger, ob bei den Köhlern noch Helfer gebraucht werden, und arbeitete gleich bei der Kohlenernte im selben Jahr mit. Sofort begeistert von der Köhlerei, war er im Folgejahr beim Meileraufbau dabei, holte sich 2016 viele Tipps beim Besuch des Europäischen Köhlertreffens und versuchte sich an einem eigenen kleinen Meiler, den er mit Hilfe von Reinhold Berger und Bernhard Schäuble aufbaute und betreute. So wuchs er von der Pike auf in das Handwerk hinein und wurde im Jahr 2020 zum Chef der Gruppe.
Seither ist Stoll nicht nur engagierter Chefköhlermeister auf dem Dachsberg, er ist auch als Botschafter der Köhlerei unterwegs. Mit viel Freude organisiert und leitet er seit ein paar Jahren jeweils mit der fünften Klasse der Freien Waldorfschule in Dachsberg-Urberg eine Meilerwoche, und 2023 hat er mit der Dachsberger Grundschule einen Meiler aufgebaut und betrieben, der im kommenden Jahr nach den Pfingstferien auf dem Waldsportplatz in Wolpadingen wieder aufgebaut werden soll. Außerdem ist Karl Stoll gerne im Finstergrund in Wieden, um dem dortigen Köhlermeister beim Aufbau und bei der Ernte seines Meilers zu helfen und auch ein paar Tag- und Nachtwachen zu übernehmen. „Das macht mir so viel Spaß, dass ich mittlerweile davon überzeugt bin, einer meiner Vorfahren muss Köhler gewesen sein“, erklärt er strahlend.
Dachsberger betreut Meiler in Paderborn
Vor zwei Jahren wurde er über die Gemeinde angefragt, ob er in Schwanay im Kreis Paderborn einen Meiler betreuen würde, und war dann vom 1. bis 24.¦Mai dort. Für ihn war das eine besondere Herausforderung, weil der Meiler mit Stroh abgedeckt werden und aus Mangel an Lösch zur Abdichtung der Hülle mit Lehm vermischte Muttererde verwendet werden musste.
Immer wieder neue Erfahrungen zu machen, spornt Karl Stoll nur noch mehr an. „Der Meiler verhält sich jedes Jahr anders“, sagt er. Sein Hobby sei grundsätzlich zeitintensiv und aufwändig, dafür brauche man auch die richtige Frau. Ein Thema seien auch die von der Köhlerei verschmutzten Kleider, die müssten jeweils eingeweicht werden, sogar eine eigene Waschmaschine habe er sich angeschafft, um den Rauchgeruch wieder loszuwerden, wenn man einige Stunden am Meiler verbracht hat.
Seit zwei Jahren hat die Dachsberger Köhlergruppe in Heinrich Holz auch einen Köhlerwirt, der der Nachtwache am Morgen Frühstück bringt, tagsüber für Getränke und immer für einen mit Vorrat zum Vespern gefüllten Kühlschrank sorgt.
Und nach dem plötzlichen Tod des stellvertretenden Chefköhlermeisters ist nun Leon Behringer, Sohn des 2015 bereits für Reinhold Berger eingesprungenen Herbert Behringer, der von Kindesbeinen an bei der Köhlerei dabei war, zum neuen stellvertretenden Chefköhlermeister ernannt worden.