„Wir stehen mit dem Rücken zur Wand, Planungssicherheit gibt es nicht mehr und egal, wie laut wir werden, es möchte niemand hören.“ Das sind die Worte, die Hans-Peter Schlaudt, Geschäftsführer des Klinikums Hochrhein in Waldshut, wählt, um die aktuelle Situation zu beschreiben.

Denn die Krankenhäuser in Deutschland rutschen derzeit von einer Krise in die nächste: Zwei Jahre Pandemie, immer noch zahlreiche coronabedingte Personalausfälle sowie die hohe Belastung durch Corona-Patienten. Hinzu kommen jetzt noch die Energiekrise, steigende Preise und die Inflation. Seit Ende Juni sind auch die letzten Hilfen vom Bund mit der Abschaffung der Versorgungspauschale ausgelaufen. Die Situation der deutschen Krankenhäuser sei derzeit so angespannt und belastet wie nie zuvor und auch am Klinikum Hochrhein sei die Lage ernst.

Patienten mussten schon abgewiesen werden

Zuletzt schlug das Klinikum Hochrhein Ende Juni Alarm, als an einem Wochenende in der Notaufnahme wegen Personalmangels Patienten nur nach langer Wartezeit oder gar nicht mehr aufgenommen werden konnten. Sie mussten damals teils auf Krankenhäuser in den Nachbarlandkreisen umgeleitet werden.

Hinzu komme auch heute noch die intensive Betreuung und Pflege von Corona-Patienten, die hohe Kapazitäten binde. Auch ein Problem seien immer wieder Personalausfälle aufgrund von Krankheiten wie Corona. „Es sind schwierige Zeiten und es ist keine Entlastung in Sicht. Wir sind daher auf die Mithilfe aller angewiesen“, sagte Hans-Peter Schlaudt, Geschäftsführer des Klinikums Hochrhein GmbH, nach diesem Wochenende gegenüber dem SÜDKURIER.

Das könnte Sie auch interessieren

Impfpflicht verschärft Personalmangel weiter: Patientenversorgung wird immer kritischer

Vor diesem Hintergrund sei gerade auch die einrichtungsbezogene Impfpflicht aus Sicht der Klinik-Geschäftsführung ein Unding, verschärfe sich doch das generelle Personalproblem noch zusätzlich.

Schlaudt: „Der Bund fordert, dass wir Mitarbeiter, die die Corona-Impfung aus den verschiedensten Gründen ablehnen, nicht weiter beschäftigen. Da stelle nicht nur ich mir die Frage, wie wir diese Lücken füllen wollen. Immer häufiger haben wir nun auch ungeimpfte Bewerber, die wir nicht einstellen dürfen. Gleichzeitig stehen wir jeden Tag vor der Herausforderung, wie wir unsere Patienten adäquat versorgen. Diese Rechnung geht nicht auf. Schon gar nicht, wenn zwei Kilometer die Schweiz mit höheren Löhnen ohne Impfpflicht lockt.“

Personalnot könnte wieder zu Schließungen einzelner Stationen führen und Verschiebung von Operationen

Die vielen Personalausfälle in patientennahen Bereichen, die nicht nur das Klinikum Hochrhein, sondern fast alle Krankenhäuser deutschlandweit betrifft, könnte Einschränkungen in der Patientenversorgung nach sich ziehen.

Die meisten Krankenhäuser (87 Prozent) schließen daher nicht aus, in den kommenden Wochen Stationen ihres Hauses zeitweise von der Versorgung abzumelden, schreibt das Klinikum Hochrhein in einer Pressemitteilung und bezieht sich auf Erhebungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft: „Für den bevorstehenden Herbst erwarten 78 Prozent der Krankenhäuser, vermehrt planbare Operationen und Eingriffe verschieben zu müssen.“

Finanzen bereiten große Sorgen

In der aktuellen Situation würden Preissteigerungen bei den Sachkosten und die explodierenden Gas- und Strompreise die Krankenhäuser besonders hart treffen. Deutliche Preissteigerungen gebe es laut Klinikum Hochrhein vor allem bei den Medikamenten und Implantaten.

Auch externe Dienstleister wie Wäscherei, Reinigung und lebensmittelbezogene Leistungen ziehen an. „Fast kein Krankenhaus kann die aktuellen Kostensteigerungen aus den regelhaften Erlösen dauerhaft finanzieren“, schreibt das Klinikum Hochrhein in einer Mitteilung. Daher sei die Liquiditätssituation der Krankenhäuser momentan sehr angespannt.

Zwei Millionen Euro Mehrkosten für Energie

Auch am Klinikum Hochrhein beurteilt man die Liquidität kritisch: „Durch die Energiepreisentwicklung erwarten wir allein in diesem Bereich Mehrkosten von zwei Millionen Euro. Anstehende Preissteigerungen der sonstigen Produkte sind hierbei noch nicht berücksichtigt“, erklärt Hans-Peter Schlaudt.

Um auf die zwischenzeitlich horrenden Probleme im deutschen Gesundheitswesen aufmerksam zu machen, schließt sich auch das Waldshuter Klinikum der DKG-Kampagne unter dem Motto „Alarmstufe rot: Krankenhäuser in Gefahr“ an, die am heutigen Freitag, 16. September, stattfindet.

„Die Politik muss handeln!“

Deutschlandweit hofft man nun darauf, dass die Initiative der Deutschen
Krankenhausgesellschaft Früchte trägt. „Die Politik muss handeln! In den vergangenen zwei Jahren wurde viel gesprochen, aber wenig getan. Wenn jetzt nicht umgedacht wird, wird unser ohnehin marodes Gesundheitswesen weiter belastet. Die Folgen für die Bürger sind dann nicht mehr abzusehen“, so Schlaudt abschließend.

Das könnte Sie auch interessieren