„Ich fahre ins Hochwassergebiet zum Helfen, wer kommt mit?“ heißt es in einem von vielen Postings in den sozialen Medien, die auch Menschen vom Hochrhein in diesen Tagen absetzen. Viele Menschen wollen helfen, wollen mit anpacken, um den Opfern des Hochwassers das Leben zu erleichtern. Der gute Wille führt dazu, dass viele auf eigene Faust ins Katastrophengebiet reisen.
Ganz klar ist: Hilfe an und für sich ist löblich. Und es handelt sich um Helfer mit Herz, Menschen mit ganz viel Nächstenliebe und mit gut gemeinten Gedanken. Doch gut gemeint ist leider nicht immer gut gemacht, wie Experten vom Hochrhein deutlich machen. Denn in vielen Fällen führt diese Hilfe in Eigenregie zu noch mehr Chaos. Dabei gibt es durchaus auch andere Arten, Hilfe zu leisten.

„Einfach hin fahren – davon raten wir dringend ab“
Der THW-Ortsverband Waldshut-Tiengen war beim Hochwasser in Grimmelshofen sowie in Säckingen und Waldshut im Einsatz. Doch man kenne auch die Situation in den Katastrophengebieten in Rheinland-Pfalz. „Einfach hinzufahren, davon raten wir dringend ab“, sagt der Ortsbeauftragte Christian Hipp.
„Hilfe muss zielführend und koordiniert sein.“Christian Hipp, Ortsbeauftragter des THW Waldshut-Tiengen
Freiwillige Helfer in den betroffenen Gebieten sollten sich bei der jeweiligen Landkreisverwaltung melden, die die Einsätze koordiniert. Hilfe sei sehr löblich, betont Hipp. „Doch es ist nicht damit getan, auf eigene Faust mit Schaufel und Schubkarre ins Katastrophengebiet zu fahren“, sagt er. Damit könnten sich die Helfer selbst in Gefahr bringen, einen Stau verursachen und die Arbeit der Hilfsorganisationen behindern.
Die Hilfsbereitschaft sei aktuell sehr hoch. Dabei sei es doch sinnvoll, sich auch außerhalb von Katastrophen zu engagieren. „Wir würden uns sehr freuen, wenn die Freiwilligen sich als Mitglieder bei Hilfsorganisationen engagieren würden“, schlägt er vor.
Zusätzlicher Aufwand durch Spontanhelfer
Auch Kreisbrandmeister Dominik Rotzinger kennt die Problematik der gut gemeinten Hilfe, die ins Chaos führt. Auch er betont, dass das Helfen auf eigene Faust „absolut keinen Sinn macht“: „Mir sind Berichte von anderen Großschadenslagen bekannt, bei denen für die Einsatzleiter die größte Herausforderung die Steuerung der Heerscharen an „Laien“-Helfern ist.“
Die Helfer kämen teilweise ohne persönliche Schutzkleidung, ohne Hilfsmittel, könnten sich nicht selbst versorgen und verursachten so zusätzlichen Aufwand. „Wer den dringenden Wunsch verspürt, in solchen Situationen helfen zu wollen, dem empfehle ich auf eine Hilfsorganisation zuzugehen und Mitglied zu werden“, so Rotzinger.
Oft lässt Polizei Spontanhelfer nicht mehr durch
Christoph Dennenmoser vom DRK Kreisverband Bad Säckingen beobachtet als Mitglied des digitalen Unterstützungsteams des Innenministeriums, wie sich die Einsatzlage im Internet widerspiegelt. Darüber informiert er dann den Einsatzstab. Was ihm auffällt: „Viele Menschen starten private Initiativen“. Doch: „Wenn viele mit dem Privatauto anreisen, macht es die Lage für die Einsatzleitung unübersichtlich und komplexer.“

Dennenmoser erklärt: „Oftmals lässt die Polizei die Spontanhelfer gar nicht mehr durch und dann ist der Frust nach einer langen Anreise groß.“ Denn oft würden sie für Chaos und Stau sorgen und darüber hinaus sei auch die Verletzungsgefahr groß. „Gut gemeint, ist nicht immer gut gemacht“, so der Rotkreuzbeauftragte.
Sachspenden werden nicht gebraucht
Peter Hofmeister, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands Säckingen, stellt klar: „Das Hinfahren auf eigene Faust belastet die Helfer vor Ort mehr als, dass es ihnen hilft.“ Und die Nachbarschaftshilfe vor Ort würde ohnehin schon sehr gut funktionieren.

Viele Menschen wollen auch Dinge spenden. Doch in den betroffenen Gebieten seien die Lager bereits mit Sachspenden überfüllt. „Auch wir haben viele Anfragen zu Sachspenden bekommen, mussten diese aber ablehnen.“ Diese müssten ja auch transportiert und verteilt werden. Und dafür sei es momentan auch noch zu früh: „Bis zum Beispiel Möbel gebraucht werden dauert es noch Wochen.“ Für Geldspenden hat das DRK ein Spendenkonto eingerichtet.
„Die Geldspende ist immer effektiver“
Bei Sachspenden sei die Administration und damit der Transport, die Lagerung und die Verteilung einfach sehr schwierig, weiß auch Martin Riegraf, Vorstandsvorsitzender des Caritasverbands Hochrhein. „Damit mache ich die Lager voll, binde Kapazitäten, kann es aber nicht loswerden“, fasst er zusammen. „Geldspenden sind immer effektiver, gerade in solchen Notsituationen.“
Auch die Caritas nehme Geldspenden entgegen, wobei das über die Abteilung Caritas International laufe, die auch ein Spendenkonto für die Hochwasserhilfe eingerichtet hat. Wenn für diesen Zweck an die Ortsgruppen gespendet werde, leite diese es dann an Caritas International weiter. Von dort aus wird es dann an die Betroffenen verteilt.
Es fehlt an Grundlegendem
Wer helfen wolle, solle sich zuerst vor Ort bei den Behörden melden, betont auch Adrian Probst, Vorsitzender der Bergwacht Schwarzwald. Er ist aktuell in Bad Neuenahr-Ahrweiler als Helfer im Einsatz. „Einfach drauf los fahren und helfen, ist nicht sinnvoll.“ Denn es müsse klar sein, dass man sich in einem Katastrophengebiet befinde. Hier fehle es an Grundlegendem, an Trinkwasser, der Infrastruktur, den Wegen.
Stühlingen: „Dorfgemeinschaft hat es selbst geregelt“
Für die zahlreichen Schäden, die im Stühlinger Ortsteil Grimmelshofen entstanden sind, gebe es noch kein Spendenkonto, so Bürgermeister Joachim Burger. Hierzu müsse man erst noch abwarten, wie hoch der Sachverständige die Schäden beziffert. Wer jedoch helfen möchte, könne sich jederzeit an die Stadt Stühlingen wenden, so Burger. Er betont aber: „Sachspenden werden nicht benötigt, wenn dann Geldspenden.“

Die gröbsten Aufräumarbeiten seien so gut wie abgeschlossen: „Das hat die Dorfgemeinschaft ganz schnell selbst erledigt, sie haben gemeinsam angepackt und aufgeräumt“, freut sich der Bürgermeister über die Welle der Hilfsbereitschaft. Aktuell sei im Ort eine Familie, die ihr Zuhause noch nicht beziehen kann und in einer Ferienwohnung untergebracht ist. Mit Geldspenden könne die Gemeinde den Betroffenen direkt helfen.
Keine offiziellen Hilfsaktionen in den Landkreisen Waldshut und Lörrach
„Offizielle Hilfsaktionen wurden bislang noch keine eingerichtet“, erklärt Tobias Hermann, Pressesprecher des Landratsamts Waldshut. Genauso sei es auch im Landkreis Lörrach, wie der dortige Pressesprecher Torben Pahl mitteilt. Für solche Aktionen seien die jeweiligen Städte Ansprechpartner. Im Kreis Lörrach seien vor allem Tumringen, Inzlingen und Grenzach-Wyhlen besonders vom Hochwasser betroffen gewesen. Wer hier helfen möchte, soll sich laut Pahl direkt an die Gemeinden wenden.
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