Es war einer dieser Momente, als Janine Regel-Zachmann, Schulleiterin der Hans-Thoma-Schule Laufenburg, ihren Schülerinnen beim Neubau der Schule die Architektin vorstellte: „Das ist Yvonne Reich, sie baut eure Schule.“ Großes Erstaunen bei den Mädchen. Eine Frau baut eine Schule? Einen Neubau für fast vier Millionen Euro?
Einer dieser Momente, der Regel-Zachmann wieder einmal zeigte, das Empowerment von Mädchen so wichtig ist. Das ist ihre Motivation. Sie selbst hat sich in ihrem Leben gegen festgefahrene Rollenbilder gestellt, hat damit einiges erreicht. Und sie möchte Vorbild sein, inspirieren und zeigen: „Es ist alles möglich“ – auch für Frauen.
Zwischen Malaysia und Saudi-Arabien
Der Werdegang von Janine Regel-Zachmann zeigt, dass vieles nur erreicht werden kann, wenn Rollenbilder aufgebrochen werden – wenn Mann und Frau schauen, was für die Familie am besten ist und nicht für sich selbst. Ihre erste Ausbildung zur Krankenschwester verfolgte sie nicht weiter, im Schichtdienst sei der Beruf nicht gut mit der Familie vereinbar gewesen.

Sie wollte gerne mit Kindern arbeiten, studierte auf Lehramt. Dann ging die Reise los. Nach zehn Jahren als Lehrerin in der Realschule Stühlingen, arbeitete sie als Schulinspektorin am Landesinstitut für Schulentwicklung in Stuttgart – reiste quer durchs Land, um Schulen zu verbessern. „Dabei habe ich unheimlich viel gelernt.“
Ihr Mann bekam dann eine Anstellung als Lehrer in Malaysia – sie reiste mit und leitete die deutsche Abteilung in einem französischen Gymnasium. Für zwei Jahre. Die 13-Jährige Tochter war damals dabei. Gleichzeitig legte Regel-Zachmann einen Masterstudiengang im fernen Malaysia ab. Dann wurde sie erneut schwanger. Für die Familie ging es zurück nach Deutschland und für die Mutter zurück ans Landesinstitut.
Später arbeitete sie dann beim Auswärtigen Amt, war als Qualitätsmanagerin und Projektleiterin für alle deutschen Schulen in der Türkei und im Nahen Osten zuständig. Eine Aufgabe mit großer Verantwortung.
Gemeinsam mit Mann und kleiner Tochter reiste sie in die fernen Länder zu den Schulen. Sie arbeitete, er nicht. „Wir hatten die Verabredung, dass er nun das Kind betreut.“ Und: „Ich bin der festen Überzeugung, dass festgefahrene Rollenbilder die Familie hemmen.“ Als es in den Ländern im Nahen Osten zu gefährlich wurde, konnte sie die Familie nicht mehr mitnehmen. Diese wurde in Rom ansässig.

Regel-Zachmann reiste fortan alleine, im Wechsel mit Homeoffice. „Es war für mich die Chance, überall in der Welt unterwegs zu sein und die verschiedenen Schulsysteme kennenzulernen“, erzählt die 49-Jährige heute.
Wir orientieren uns am schwächsten Glied in der Familie
Doch dann war das Leben der großen Reisen vorbei. Die Tochter kam in die Schule – die Familie sollte sesshaft werden. Hatte die Tochter zuvor immer woanders gelebt, hätte sie nun Stabilität und einen festen Sprachraum gebraucht. „Wir sind immer am Abwägen, was beruflich glücklich macht, und was die Familie braucht“, sagt Regel-Zachmann.
„Dabei orientieren wir uns immer am schwächsten Glied.“ Und so kam es, dass die Familie zurück ins Eigenheim nach Gurtweil zog und die Mutter beruflich einen gewaltigen Schritt zurück machte: Sie nahm 2016 die Stelle als Schulleiterin der Hans-Thoma-Schule Laufenburg an.

650 Schüler, 52 Lehrer, 20 weitere Angestellte – auch diese Aufgabe sei herausfordernd, weil hier mit Grund-, Real- und Werkrealschule drei Schularten vereint sind.
„Jede Frau kann ein Vorbild sein“
Und wie ist es als Frau in einer Führungsposition? „Ich habe nie erlebt, dass ich als Frau nicht ernst genommen wurde, der Umgang mit Frauen war immer sehr professionell und angenehm“, erzählt sie.
Aber: „Ich erlebe bei Frauen, dass sie immer länger brauchen, bis sie sich etwas zutrauen.“ Mädchen bräuchten ein Role-Model, ein Vorbild. Und dies könnte jede Frau sein. Wie etwa Architektin Yvonne Reich.

„Aber auch jede Frau, die nicht arbeitet und zuhause die Kinder betreut, ist ein Vorbild“, betont Regel-Zachmann. Denn die Vielfalt mache es aus. „Denn erst dann sehen die Mädchen: Es ist alles möglich.“
Den Schülern zeigen, dass sie etwas bewegen können
An ihrer Arbeit reize sie, dass sie für viele Menschen den Alltag gestalten könne. Schule präge fürs Leben, sei ein zentraler Ort. „Wir ermöglichen Erfolg, dokumentieren nicht das Scheitern“, steht im Büro der Schulleiterin an der Wand. Das ist auch ihr Motto.
Die Schulleiterin habe viele praktische Projekte auf den Weg gebracht und damit auch die Schule vorangebracht. „Die Schüler sollen dabei spüren, wie wirksam sie sein können, was sie bewegen können“, so Regel-Zachmann. All diese Projekte sind eine Aushängeschild für die Schule. Hier lernen die Schüler nach einem Theorie-Input, das
Erlernte in die Praxis zu übertragen. „Lernen durch Engagement“, nennt es die Schulleiterin. Und mit diesem Konzept ist sie erfolgreich, wie aktuell auch das Projekt Waldklassenzimmer zeigt, mit dem die Schule als eine von vier Schulen in Baden-Württemberg den Würth-Bildungspreis gewinnen möchte.
Der Teamgeist ist stark
Lehrer sind an Corona erkrankt, neue Schüler aus der Ukraine wurden gerade eingeschult, ohne auch nur ein Wort Deutsch zu können. All dies und noch viel mehr gehören zu den täglichen Herausforderungen der Schulleiterin.
Während des Gesprächs klingelt immer wieder das Telefon im Rektorat. Die Sekretärin ist an diesem Tag abwesend. „Diese Herausforderungen meistere ich mit meinem richtig starken Team.“

Auch für ihre Personalführung bekam Regel-Zachmann eine Auszeichnung: Die Schule bekam 2018 den Sonder-Innovationspreis des Landkreises Waldshut für die flexible und kreative Pflege des Miteinanders im Kollegium. Denn im Team werde überlegt, wer welche Stärken hat und, wer welche Aufgaben übernehmen kann, so die Schulleiterin.
Was ist ihr Erfolgsgeheimnis?
Die 49-Jährige hat ihre Strategie: „Ich arbeite mit Zielen, wo will ich hin, gehe dann in Ruhe diesen Weg.“ Im Beruf wie auch in der Familie frage sie sich immer wieder: „Was brauchen wir? Wie können wir das erreichen?“ Schon oft habe sie Menschen getroffen, die in Situationen verharren, die sie als unglücklich erleben. Das sei für sie nicht der richtige Weg.
Und wenn es bei ihr mal nicht so gut läuft? Dann helfe die Sicht von außen, von Menschen, die nicht in der Situation sind. „Ich rate jedem, dann einen Coach zu nehmen“, sagt Regel-Zachmann, die sich selbst immer mal wieder coachen lässt, falls es mal stockt.
Außerdem neige sie nicht zu allzu großem Perfektionismus. „80 Prozent reichen aus.“ Sonst werde es schnell zu viel. Und noch ein Tipp: „Ich suche nach meinen Absorbern, was mir richtig viel Kraft frisst und mich auslaugt, und befreie mich dann davon.“
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gelinge ihr übrigens auch als Schulleiterin sehr gut. Zwei Nachmittage arbeitet sie im Homeoffice. „Ich bin sehr zufrieden damit.“ Die Freude an der Arbeit sieht und merkt man ihr an. „Ich mache das mit sehr viel Herzblut und genau deshalb gehen mir die Dinge leichter von der Hand.“
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