Seit vielen Monaten wird um die Tunnelvarianten für die Überdeckelung im Bereich Karsau – Minseln für den Teilabschnitt fünf der A98 (Karsau – Schwörstadt) kontrovers gestritten. Dabei sind sich die Stadt Rheinfelden, Umweltverbände, das Landesverkehrsministerium, die Öffentlichkeit sowie die Genehmigungsbehörde beim Regierungspräsidium Freiburg einig: Nur die 390 Meter lange Überdeckelung sei eine geeignete Lösung, stellt Rheinfeldens Oberbergermeister Klaus Eberhardt auf Anfrage des SÜDKURIER fest. Natur- und Landschaftsschutz sowie der Lärmschutz seien allein bei dieser Variante berücksichtigt.
Bisher beharrt das Bundesverkehrsministerium (BMVI) allerdings auf der 79 Meter Variante und sieht keinen Grund für die Ablehnung dieses kurzen Tunnels. Die Presseverantwortlichen der Autobahn GmbH des Bundes verweisen in diesem Zusammenhang auf die Zuständigkeit des BMVI und geben keine Stellungnahme ab. Ein Schwarze-Peter-Spiel, das in der Region kaum auf Verständnis stößt.
Wie ist der aktuelle Stand?
Wie das Landesverkehrsministerium in Stuttgart auf Anfrage dieser Zeitung erklärt, habe das Regierungspräsidium Freiburg als ehemaliger Vorhabensträger eine Betrachtung dem Bau eines 390 Meter langen Tunnel erarbeitet. „Das Bundesverkehrsministerium hat der vorgelegten neuen Vorzugsvariante bislang keine Zustimmung erteilt. Die Verantwortung für die Planung der A 98.5 ist mit dem Jahreswechsel auf die Autobahn GmbH des Bundes als neuem Vorhabensträger übergegangen“, heißt es aus Stuttgart.
Zu den aktuellen Forderungen nach einem 390 Meter langen Tunnel liegen dem BMVI bisher keine Planungsunterlagen vor, aus denen die Notwendigkeit für einen solchen Tunnel abgeleitet werden könnte, hieß es am Montagmorgen aus dem Neuigkeitenzimmer des Bundesverkehrsministeriums. Es wird nochmals betont, dass es keine Begründung gebe, auf welcher rechtlichen Basis die Planfeststellungsbehörde die 79 Meter lange Überdeckelung für nicht feststellungsfähig halte. Das Ministerium fordert erneut diese Informationen ein. Erst danach könne der Sachverhalt geprüft und entschieden werden.
Der Gemeinderat der Stadt Rheinfelden verabschiedete am 16. Februar 2021 einstimmig eine Resolution, in der die Haltung zu einer 390 Meter langen Überdeckelung bekräftigt wurde, so OB Eberhardt. Zudem stellten in einer von der Stadt initiierten Videokonferenz sowohl Ministerialdirektor Uwe Lahl vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg und Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer klar, dass mit einer nur 79 Meter langen Überdeckelung keine Rechtsgrundlage für eine Planfeststellung gesehen werde, heißt es aus dem Rheinfelder Rathaus.
Was kosten für die Tunnelvarianten?
Eine Kostenberechnung für die 390 Meter lange Tunnelvariante gibt es laut Stuttgarter Verkehrsministerium derzeit nicht. Die Variantenbetrachtung vom Februar 2020 enthalte aber eine auf Erfahrungswerten beruhende Schätzung der gesamten Baukosten des rund sechs Kilometer langen Teilstücks: Mit der vom Bund favorisierten 79 Meter langen Landschaftsbrücke (Planfeststellungsentwurf/zweibahnig) würden die Kosten rund 23,6 Millionen, für die Variante mit dem 390 Meter langen Tunnel 43,2 Millionen Euro betragen. Die Autobahn GmbH hat nun die Aufgabe, eine planfeststellungsfähige Planung der Autobahn zu erstellen, die den gesetzlichen Vorgaben genügt, um anschließend deren Finanzierung und Umsetzung in Angriff nehmen zu können, heißt es aus dem Stuttgarter Ministerium.

Ministerialdirektor Uwe Lahl, Amtschef im Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg erklärt: „Das Land Baden-Württemberg begrüßt jeden weiteren raschen Planungsfortschritt bei diesem Projekt. Eine finanzielle Beteiligung des Landes am Bau wäre aufgrund der alleinigen Zuständigkeit des Bundes nicht zu rechtfertigen.“ Das wünscht sich allerdings OB Eberhardt, der mit seinem Rat beschloss, sich mit bis zu einer Million Euro an der längeren Variante zu beteiligen.
Wie soll die Varianten-Frage gelöst werden?
Aus Sicht des Landes, das bei der A 98.5 keinerlei fachplanerische Zuständigkeit mehr habe, sei eine Lösung des Problems nur möglich, indem das Bundesverkehrsministerium eine fachliche Entscheidung treffe. Die Zustimmung dieses Ministeriums zu einer Vorzugsvariante sei Voraussetzung für die weitere Planung der Maßnahme, erklärt das zuständige Ministerium in Stuttgart. „Die Stadt Rheinfelden geht davon aus, dass aufgrund der Erörterung und der fachgutachterlichen Stellungnahme, eine Neubewertung der besonderen landschaftlichen und naturräumlichen Situation erfordert“, erklärt Eberhardt. Die Öffentlichkeit dürfe erwarten, dass mit den besonderen Herausforderungen eine sensible Planung vorgelegt werde.

Das Regierungspräsidium Freiburg sehe in der bisherigen Antragsvariante (79 Meter-Tunnel) keine Planfeststellungsmöglichkeit, heißt es aus dem Rheinfelder Rathaus. Für OB Eberhardt sind dies gute Voraussetzungen für eine Abänderung der Planung mit sehr guten Begründungen. Der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Bilger (BMVI) hatte bei einem Ortstermin eine Änderung der Planung angedeutet, wenn es die Rechtslage erfordere, erklärt Heiner Lohmann vom BUND Rheinfelden.