Hier fahren jeden Tag Zehntausende vorbei. Der Schriftzug „Casino“ ist nur noch schemenhaft zu erkennen, ebenso wie „Number One“ über dem Eingang. Es ist augenfällig: An der B 34, mitten in Bad Säckingen, steht eine markante Immobilie teils leer. Es ist der frühere Standort eben jener „Number One“-Spielhalle. Die Liegenschaft gehört der Stadt und ihre Zukunft ist offen. „Die künftige Nutzung des Erdgeschosses steht noch nicht fest und ist aktuell noch in der Prüfung. In jedem Fall wird es vor einer neuen Nutzung noch investive Maßnahmen bedürfen“, sagt Muriel Schwerdtner, Leiterin des städtischen Rechts- und Ordnungsamtes. Das Gebäude sei teils vermietet, teils werde es durch das Ordnungsamt belegt, teils diene es als Lagerfläche, so Schwerdtner.

500 Meter Luftlinie Distanz

Im Erdgeschoss leer stehend ist das Haus nicht erst seit gestern, sondern schon seit Oktober 2023. Die dortige Spielhalle, betrieben von der Harlekin Spiel- und Unterhaltungs­automaten Betriebs­gesellschaft, musste durch die Änderung des Landesglücksspielgesetzes dichtmachen. Demnach muss zwischen mehreren existierenden Spielhallen ein Mindestabstand von 500 Metern Luftlinie bestehen.

Es hätte laut Schwerdtner auch das „Mikado“ in der Bahnhofstraße treffen können. Aber letztlich fiel die Wahl der Stadt auf das „Number One“ – eine Ermessensentscheidung, bei der gemäß Schwerdtner mehrere Punkte zu prüfen waren. Unter anderem habe die direkte Nachbarschaft zur Musikschule und die Nähe zum Scheffel-Gymnasium eine „nicht unerhebliche Rolle“ gespielt, selbst wenn bei Bestandsspielhallen die Nähe zu Kinder- und Jugendeinrichtungen an sich noch keinen Schließungsgrund darstellt.

Am früheren Domizil ist der Schriftzug „Number One“ noch leicht zu erkennen.
Am früheren Domizil ist der Schriftzug „Number One“ noch leicht zu erkennen. | Bild: Hans Christof Wagner

Harlekin focht die Auswahlentscheidung der Stadt aber an und das Verfahren zog sich bis vor den Verwaltungsgerichtshof Mannheim weiter. Laut Schwerdtner gab dieser der Stadt recht, worauf Harlekin im Dezember 2023 die Klage in der Hauptsache zurückgenommen habe. Michael Mühleck, Harlekin-Geschäftsführer, spricht indes von einer „Sauerei“ und hat keinerlei Verständnis für die Stadt. Dass diese sich trotz langjähriger Mieterschaft gegen sein Unternehmen entschieden und nach der Zwangsschließung sogar weiterhin Miete für das Objekt verlangt habe.

Abbau von 72 auf zwölf Automaten

Und auch wenn wohl keine weiteren „Number One“-Standorte gänzlich geschlossen worden sind, treffe der vom Gesetz verlangte Abbau der in den Hallen stehenden Automaten die Branche dennoch existenziell, so Mühleck. Am Hochrhein habe man an Standorten teils von 48, teils sogar von 72 auf zwölf Automaten reduzieren müssen. Bei so wenigen Geräten seien die Lokale zu groß dimensioniert, zu teuer und so nicht mehr rentabel, rechnet Mühleck vor. Kein zweites Bundesland gehe so massiv gegen seine Branche vor wie Baden-Württemberg, behauptet er. Aber anderswo ist die Stoßrichtung ähnlich. Habe die gesamte, bundesweit tätige Harlekin-Gruppe doch total 2000 Automaten abbauen müssen.

Michael Mühleck ist Geschäftsführer der Harlekin Spiel- und Unterhaltungsautomatenbetriebs GmbH.
Michael Mühleck ist Geschäftsführer der Harlekin Spiel- und Unterhaltungsautomatenbetriebs GmbH. | Bild: SK Archiv

Dass Baden-Württemberg andererseits jüngst das Online-Glücksspiel legalisiert hat, hält der Harlekin-Chef für widersprüchlich. „Es ist die schlechteste Politik, die man sich vorstellen kann“, wettert er gegen die Entscheidung aus Stuttgart.

Härtefall-Verlängerung bis Mitte 2021

Schon 2012 trat das neue Glücksspielrecht im Land in Kraft. Die Eckpunkte: eine Konzession und damit maximal zwölf Spielautomaten pro Standort, Mindestabstand zweier Spielhallen 500 Meter, bei Neugründungen Minimum 500 Meter Distanz zu Kinder- und Jugendeinrichtungen. Weil das die Branche zu stark belastet hätte, wurde eine Frist gewährt, die samt Härtefall-Verlängerung bis Mitte 2021 währte.

Nur noch acht bekommen Erlaubnis

Seitdem hat die Branche am Hochrhein schon einiges an Federn lassen müssen. „Von ursprünglich 18 bestehenden Spielhallen im Stadtgebiet von Waldshut-Tiengen haben lediglich acht eine neue glücksspielrechtliche Erlaubnis erhalten,“ sagt Rathaus-Sprecherin Verena Pichler. In Lottstetten wurden Rechnungsamtsleiterin Siri Griesser zufolge fünf geschlossen, drei waren es laut Stadtsprecherin Chantal Hommes-Olaf in Rheinfelden.

„Bei sechs Spielhallenstandorten im Zuständigkeitsbereich des Landkreises Waldshut war eine Auswahlentscheidung erforderlich“, sagt Manuel Elis, Abteilungsleiter Gewerbeamt und Bußgeldstelle im Landratsamt. Zwei davon wurden zwischenzeitlich geschlossen. „In absehbarer Zeit werden zudem zwei weitere Schließungsvereinbarungen umgesetzt. Die Bescheide sind bereits rechtskräftig“, sagt Elis. Von den verbleibenden zwei Verfahren sei eines „vor Kurzem beschieden“ und beim zweiten Widerspruch eingelegt worden.

Vergnügungssteuer-Einnahmen bleiben hoch

Trotz allem: Die Einnahmen der Standortkommunen aus der Vergnügungssteuer tendieren noch nicht nach unten. Hintergrund sind Neueröffnung von Spielhallen, aber auch, dass die Widerspruchsverfahren die Schließung der nicht mehr erlaubten in die Länge ziehen. So sind etwa von den 18 in Waldshut-Tiengen noch immer alle in Betrieb. Die Widerspruchsverfahren beim Regierungspräsidium Freiburg haben also aufschiebende Wirkung.

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So nahm Waldshut-Tiengen 2024 Vergnügungssteuer in Höhe von rund 2,4 Millionen Euro ein. In den vergangenen Jahren, von den Corona-Einbrüchen abgesehen, lagen sie mit Beträgen zwischen 2,1 und 2,5 Millionen Euro jährlich ähnlich hoch. In Rheinfelden und Lottstetten waren es je rund eine Million Euro, in Bad Säckingen knapp 592.000 Euro.

Was rät der Suchtexperte? Lesen Sie hier das Interview mit dem Leiter der Fachstelle Sucht in Waldshut.