„Bin ich denn am Mittelmeer?“, mag sich manch aufmerksamer Zeitgenosse am Hochrhein zwischen Hohentengen und Grenzach-Wyhlen fragen – schweben doch hoch über ihm gelegentlich Mittelmeermöwen elegant durch die Luft. Das ist keine optische Täuschung, sondern Ergebnis einer Wanderbewegung, welche die weißen Allesfresser vom Mittelmeer in unsere Region führt.
1985 waren die Vögel hier noch nicht anzutreffen
Laut Vogelatlas war diese Möwenart 1985 am Hochrhein noch gar nicht anzutreffen, doch mit den Jahren fand sie auch hier ein Zuhause, zum Überwintern wandert sie allerdings an den Bodensee. Sonst vagabundieren die Mittelmeermöwen am Hochrhein und nutzen diesen Raum für die Nahrungssuche. Dabei können zwischen Schlaf- und Nahrungsplatz bis zu 100 Kilometer liegen.
„Die höchste bekannte Brutstätte von Möwen in Mitteleuropa wurde 2009 auf 900 Metern Höhe am Schluchsee“ entdeckt, erklärt Vogelexperte Robin Wegner vom Naturschutzbund in Görwihl. Für ihn sind die Mittelmeermöwen am Hochrhein daher keine Überraschung. „Die Möwen wandern an Flüssen entlang und siedeln sich an geeigneten Orten gegebenenfalls an. Daher können die Tiere am ganzen Rhein vorkommen“, ergänzt er.

Doch weshalb verlassen die Mittelmeermöwen überhaupt ihren angestammten Siedlungsraum? Wegner vermutet hier vor allem drei Ursachen: „In ihrem ursprünglichen Lebensraum breiten sich immer mehr Bodenfeinde wie Waschbären oder Füchse aus, zudem kommt es dort immer öfter zu einem Nahrungsmangel, weil die Meere überfischt werden. Schließlich finden sie auf den Flachdächern im Binnenland geeignete Brutflächen, da es dort keine Feinde für sie gibt.“
Die Mittelmeermöwe lebt gerne auf Inseln – da passt Dogern sehr gut
„Allerdings ist der Hochrhein für die Vögel eher unattraktiv, da sie hier kaum passende Lebensräume finden. Die Mittelmeermöwe bevorzugt nämlich Halbinseln, Inseln oder Wehre am Wasser, die von Menschen nicht begangen werden.“ Für den Hochrhein sieht Wegner daher drei geeignete Stellen für eine Möwenkolonie: das Rheinfelder Gwild, die Wehramündung und die Rheininsel bei Dogern.
Den Brutplatz will der Experte wegen rücksichtloser Passanten nicht nennen
Aber nur bei Dogern lassen sich laut Wegner etwa fünf bis zehn Möwenpaare entdecken. „Die weiß-grauen Großmöwen bilden dort seit etwa fünf Jahren eine feste Kolonie“, erklärt er. Zweimal in der Woche besuche er die Insel, um die seltenen Gäste zu beobachten, allerdings säßen sie dort lediglich, der Brutplatz fände sich an einer anderen Stelle. Verständlicherweise möchte Wegener diese nicht nennen – als 2009 der Brutplatz der Mittelmeermöwen am Schluchsee bekannt wurde, ging er schon bald aufgrund rücksichtsloser Passanten verloren.