Immer ein bisschen mehr, immer ein bisschen weiter – nach diesem Motto wurde die Wutachtalbahn revitalisiert. Dagegen blieb die Hochrheinbahn auf der Strecke. Beide Verbindungen haben im Jahr 2024 Schlagzeilen gemacht. Der Verkehrsplaner Heiko Focken kommentiert Erfolge, Patzer und Zukunftsprojekte.
Die Wutachtalbahn nimmt Fahrt auf
2024 begann mit positiven Nachrichten für Fahrgäste der Region: Ohne Verspätungen startete die Wutachtalbahn von Waldshut nach Stühlingen im Zwei-Stunden-Takt. Die Politiker an Bord sahen weiteres Potenzial. So wurde auch der Güterverkehr über die Gesamtstrecke wieder aufgenommen, was Treibhausgas einspart, berichtete der SÜDKURIER im September.

Feierlich ging es dann am 16. Dezember mit einem neuer Haltepunkt in Eberfingen weiter. Von dort kommen Pendler und Schüler nun auch wegen erhöhter Streckengeschwindigkeit schneller an ihr Ziel. Die regionale Strecke sei eine gute und stressfreie Alternative zum Autofahren geworden, erklärte Richard Beil, Vorsitzender des Handels- und Gewerbevereins Stühlingen jüngst dem SÜDKURIER. Für Bürgermeister Joachim Burger habe der neue Bahnhalt vor allem für Senioren ein neues Angebot und mehr Teilhabe geschaffen.

Das Projekt in Teamarbeit soll noch besser werden
Die Wutachtalbahn sei der Prototyp für eine erfolgreiche Reaktivierung mit allen positiven Effekten für die regionale Mobilität, sagte Focken im Interview. Er betonte, dass die Neuerungen nur durch Zusammenhalt funktionierten. Mit Fördergeldern von Bund und Land, dem Engagement der Kommunen, Bahnbetriebe, dem Landkreis und den Bürgern sei das Projekt erfolgreich geworden.
Wie wir berichteten, kommen weitere Verbesserungen ins Rollen: In den nächsten zwei Jahren soll es Haltestellen in Horheim, Eberfingen und eine weitere in Weizen geben. Auch soll die Vollreaktivierung im Ein-Stunden-Takt erreicht werden. 2027 sollen weitere Haltestellen und Neuerungen auf der Strecke hinzukommen. Während es mit der Wutachtalbahn munter weitergeht, bleibt das Sorgenkind wohl eher die Hochrheinbahn.
Die schlechteste Regionalbahn im Land
Abermals war die Hochrheinbahn Schlusslicht im Qualitätsranking für 32 Schienennetze im Südwesten. Dieses bittere Ergebnis ermittelte das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg im ersten Halbjahr 2024. Was ist da los gewesen? „Es hat nicht immer genügend Züge gegeben. Die sind wegen technischen Problemen auch mal ausgefallen oder konnten mit nur halber Geschwindigkeit fahren“, antwortete Focken. Die sommerliche Hitze habe den größeren, dreiteiligen Zügen zu schaffen gemacht.
So seien öfter die kleineren Triebwagen auf der Strecke eingesetzt worden. „Menschen mussten sich öfter wie Sardinen in den Zug drängen oder kamen nicht mehr rein. Das sorgte für Verdruss“, sagte der Verkehrsplaner.
Berufspendler fühlten sich nicht immer richtig informiert
Verdrossen äußerten sich auch zwei Berufspendler im November gegenüber dem SÜDKURIER. Bernhard Dietrich und Michael Schanz fühlten sich in diesem Jahr häufig am Gleis stehen gelassen. Sie erlebten am Tag des ersten Schneefalles, 22. November, eine Stunde Verspätung. „Es gibt immer wieder aus unterschiedlichen Gründen Verspätung oder Ausfälle, witterungstechnisch kann man einigermaßen verstehen, aber ansonsten passiert es auch ohne Vorwarnung“, so Dietrich. Er kritisierte die mangelnde oder späte Kommunikation über die App.

Auf diese Kritik antwortete Focken, dass es nicht immer leicht sei, Prognosen zu machen. „Bekommt der Lokführer den Zug vielleicht noch fit oder fällt das Fahrzeug ganz weg? Solche Fragen sind nicht einfach und schnell zu beantworten“, erklärte der Verkehrsplaner. Anders sei es bei Zugausfällen wegen absehbarem Personalmangel. Diese Information ließe sich rechtzeitig in die App einspielen.
Das Fazit zur Hochrheinbahn 2024
„Die Hochrheinbahn kann mehr“, sagte Focken. Probleme wie der Mangel an fahrtüchtigen Zügen und fehlenden Arbeitskräften hätten dem Bahnverkehr Steine in den Weg gelegt. „Da müssen wir wirklich dezidiert rangehen und an allen kleinen Stellschrauben drehen, um eine Verbesserung herbeizuführen“, so der Verkehrsplaner. Hoffnung sehe er im kommenden Großprojekt.
Die Elektrifizierung soll Verbesserung bringen
Voraussichtlich im dritten oder vierten Quartal 2025 will die Deutsche Bahn an der Hochrheinstrecke mit den wesentlichen Bautätigkeiten für Elektrifizierung und Modernisierung beginnen, wie der SÜDKURIER berichtete. „Die Strecke wird komplett neu durchgearbeitet. Es müssen auch Tunnel abgesenkt werden, damit die Oberleitung rein passt“, erklärte Focken. Man habe versucht, möglichst viele Bauarbeiten zu bündeln, um die Zeit der Leiden durch Baustellenlärm, Straßensperrungen und Schienenersatzverkehr kurzzuhalten.
Das Licht nach dem Tunnel: Mit der Elektrifizierung gingen neue Züge und barrierefreie Bahnhöfe einher. „Wir hoffen, dass das alles funktioniert, dass nicht irgendjemand sagt: Kein Geld, keine Personal. Aber im Moment sind wir zuversichtlich“, schloss Focken ab.