Mit einem Schuldspruch endete vor dem Bad Säckinger Schöffengericht der Prozess gegen eine 44-jährige Betreiberin mehrere Nagelstudios, die mehrere Ausländer eingeschleust und illegal beschäftigt haben soll.
Am zweiten Prozesstag wurde das Urteil gegen die Geschäftsführerin mehrerer Nagelstudios in der Region gefällt. Spannend wurde es im Gericht, als die Staatsanwältin nach einem unzureichenden Geständnis mit einer deutlichen Prozessverlängerung drohte.
Eigentlich war erst der zweite von insgesamt drei Verhandlungstagen im Gerichtsverfahren gegen die 44-jährige Angeklagte vorgesehen. Doch nach einem überarbeiten Geständnis der Beschuldigten fiel schon am Dienstagmittag das Urteil. Angeklagt wurde sie von Staatsanwältin Rahel Diers wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Einschleusens in zwei Fällen, sowie der Unterschlagung von Sozialabgabebeiträgen- also organisierte Schwarzarbeit – in 56 Fällen in ihren vier Nagelstudios. Diese wurden von der Angeklagten im Zeitraum von 2017 bis Ende 2019 im westlichen Landkreis Waldshut, im Breisgau-Hochschwarzwald und in Lindau betrieben.

Schon am ersten Verhandlungstag bat Rechtsanwalt Jan-Carl Janssen die Prozessteilnehmer um eine Verständigung. Nach dieser, hielt es Richterin Stefanie Hauser für möglich, den Prozess bei einem umfangreichen Geständnis der Beschuldigten zu verkürzen. Folglich las der Anwalt im Namen der Beschuldigten am nächsten Prozesstag ein Geständnis vor.
Geständnis der Beschuldigten mit Widersprüchen
In diesem räumte sie zunächst die Einschleusung zweier Vietnamesen ein und begründete ihre Tat folgendermaßen: „Ich habe mich mit den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen nicht im Detail befasst“. Allerdings widersprach sie den Schadensberechnungen des Zolls, der die Versicherungshöhe der beiden nicht angemeldeten Beschäftigten mit einem Erwerb von 30 Euro die Stunde berechnete. Diese Summe ergab sich aus sichergestellten Bildschirmfotos, die Zollbeamte in dem Handy der ehemaligen Geschäftsführerin fanden.
Dass diese Aufnahmen, die von Mitarbeitern an die Angeklagte per Nachrichtendienst übermittelt wurden, den tatsächlichen Umsätzen entsprachen, gestand die Beschuldigte. Jedoch hieß es in ihrem Geständnis: „Die Schadenshöhe übertrifft bei weitem das, was in einem Nagelstudio zu erwirtschaften ist“. Auf diesen Widerspruch machte die Staatsanwältin nach dem Geständnis sofort aufmerksam. Dass Richterin und Staatsanwaltschaft mit diesem Geständnis nicht zufrieden waren, zeigte sich außerdem, als die Staatsanwältin mit einer umfangreicheren Beweisaufnahme drohte. „Auf sowas habe ich keine Lust. Dann machen wir eine komplexe Beweisaufnahme für diese komplexe Angelegenheit.“
Angeklagte rudert zurück
Das aber wollte die Angeklagte scheinbar nicht, denn nach einer kurzen Besprechung mit ihrem Anwalt, korrigierte dieser dann das Geständnis. Die Berechnungen des Zolls seien doch richtig.
Der Verdacht der Staatsanwaltschaft, dass in ihren Studios neben den beiden oben genannten illegal Beschäftigten noch zwei bis drei weitere Mitarbeiter nötig waren, widersprach sie ebenfalls in ihrem ersten Geständnis. Viele Mitarbeiter seien nur Aushilfen gewesen oder aber in ihren Geschäften selbstständig tätig. Die Angeklagte ergänzte ihre Aussage damit, dass sie selbst in zwei von vier Studios regelmäßig gearbeitet habe. Auch diese Angaben korrigierte sie in ihrem zweiten Geständnis, aufgrund erdrückender Beweise.
Ermittler bestätigt Beweise der Staatsanwaltschaft
Nach dieser hitzigen Debatte beruhigten sich die Gemüter der Prozessteilnehmer wieder, als ein Zollbeamter aus dem Landkreis Waldshut von seinen Ermittlungsergebnissen berichtete. Der Zeuge bestätigte die Vermutung der Staatsanwältin, dass die Anzahl der angegebenen Mitarbeiter nicht für das tatsächliche Arbeitspensum der Studios ausreichen würde. „Es gab Zeiten, in denen gar keine Mitarbeiter angemeldet waren, obwohl Umsätze nachweislich generiert wurden“.
Außerdem erklärte der Beamte, dass die Rolle der Angeklagten als aktive Geschäftsführerin, durch ihren täglichen Telefonkontakt mit den vier Studios zweifelsfrei sei. Ihre Aussage, sie habe in zwei Studios regelmäßig mitgearbeitet, konnte er nicht bestätigen. Ferner schilderte er: „Der Lebensmittelpunkt der Beschuldigten war eindeutig in Berlin.“ Anhaltspunkt hierfür sei vor allem die schulpflichtige Tochter der Angeklagten.
Scharfe Worte im Plädoyer der Staatsanwältin
„Das hier ist kein Kavaliersdelikt“, erklärte Staatsanwältin Rahel Diers in ihrem Plädoyer. Die Angeklagte hätte vor allem ihre eigenen Landsleute ausgenutzt, um ihren Gewinn zu maximieren. Ihr Anwalt verwies unter anderem auf das leere Strafregister seiner Mandantin und ihrem ausführlichen Geständnis.
Außerdem handele es sich um Taten, die schon mehr als sechs Jahre zurückliegen würden, argumentiert der Rechtsanwalt. Seine Mandantin hätte überdies seit Beginn der Ermittlungen im Jahr 2019 der Nagelstudiobranche den Rücken gekehrt. Ein Jahr und zwei Monate auf Bewährung baantragte der Anwalt der Angeklagten schließlich als Strafmaß.
Gericht bleibt bei Staatsanwaltschaft
Das Schöffengericht, unter der Leitung von Stefanie Hauser folgte allerdings der Staatsanwaltschaft und verhängte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung. Der ermittelte Versicherungsschaden von knapp 150.000 Euro sei von der 44-Jährigen ebenfalls zu übernehmen.
„Die Angeklagte hat der Rentenversicherung einen sehr hohen Betrag vorenthalten“, sagte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Das Geständnis hätte sich aber positiv auf die Strafe ausgewirkt. Neben der geforderten Schadenssumme muss die Angeklagte die Verfahrenskosten übernehmen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.