Der Haushalt 2025 des Landkreises Waldshut ist unter Dach und Fach. Bei sechs Gegenstimmen aus der Fraktion der Grünen hat der Kreistag in seiner letzten Sitzung des Jahres das 350-Millionen-Euro-Werk verabschiedet. Änderungsanträge gab es keine mehr.
Fraktionen beziehen Stellung
Der Tag der Etatverabschiedung ist im Kreistag traditionell der Tag der politischen Einschätzungen der einzelnen Fraktionen. Unterschiede wurden denn auch deutlich.
So forderten CDU, Freie Wähler und FDP von Bund und Land eine am finanziell Machbaren orientierte Sozialpolitik; die Grünen begründeten ihre Ablehnung des Etats mit den Streichungen als Folge der geringer als geplant ausgefallenen Erhöhung der Kreisumlage; von der SPD gab es ein klares Bekenntnis zur sozialen Teilhabe. Die AfD machte schließlich Politik in Bund und Land für die Finanzprobleme verantwortlich.
Kreisumlage bleibt unter 100 Millionen Euro
Nach der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Verwaltung, Finanzen und Bildung war klar, dass die Kreisumlage nicht wie von der Kreisverwaltung gewünscht von 91,3 Millionen Euro auf 101,1 Millionen Euro, sondern nur auf 98,6 Millionen Euro steigen wird.
CDU: Anerkennung für Kreisverwaltung
Für die Christdemokraten klagte Mike Biehler über eine stetig wachsende Zahl von Aufgaben, die Bund und Land an Kreise und Kommunen übertragen, ohne die Finanzierung zu sichern. Mittlerweile könnten 80 Prozent der Kreise im Land ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen. Biehler wies auf die stark gestiegenen Sozialkosten hin und auf das Acht-Millionen-Euro-Defizit im Klinikum, für das der Kreis geradestehen müsse.
Anerkennung zollte er der Kreisverwaltung, dass der Etatentwurf trotz beantragter 55 zusätzlicher Stellen ohne weiteres Personal auskomme. Das zeuge von Disziplin. Die ursprünglich geplante Anhebung der Kreisumlage auf 101,1 Millionen Euro, so sagte der Bürgermeister Görwihls, hätte die Städte und Gemeinden überfordert und ihnen die Luft zum Atmen genommen. Wie später auch Michael Thater für die Freien Wähler sicherte Biehler dem Landrat die Unterstützung seiner Fraktion zu, sollte es im Laufe des Jahres zu weiteren Finanzproblemen kommen. Denn einig sei man sich, dass der Etat Wagnisse und Risiken enthalte.
Freie Wähler: Reines Ausgabenproblem
Hart, aber stets mit offenem Visier sei im Kreistag gerungen worden, um am Ende einen für alle Seiten guten Haushaltsplan zu entwickeln, sagte Michael Thater. Noch, so der Bürgermeister der Stadt Wehr, habe der Kreis ein reines Ausgabenproblem. Er habe historisch hohe Einnahmen, aber die Gesellschaft lebe seit langem über ihre Verhältnisse und setze die falschen Prioritäten.
Es werde zu wenig in Infrastruktur und Zukunftsprojekte investiert und zu viel Geld mit der Gießkanne für Soziales ausgegeben. Weit mehr als 200 Millionen Euro oder rund zwei Drittel des Gesamthaushalts gebe der Kreis für Soziales aus. Der vom Bundeskanzler ausgegebenen Devise „You‘ll never walk alone“ (Du gehst niemals alleine) setzte Thater ein trotziges „Doch“ entgegen. Zunächst müsse jeder seinen eigenen Weg in Freiheit und Verantwortung gehen. Erst, wenn er nicht mehr alleine gehen könne, sei die Gesellschaft da. Der Staat sei zum Rundumversorger geworden. Das könne man sich nicht mehr leisten. Angesichts aufgebrauchter Finanzreserven und bevorstehender Großaufgaben müsse jetzt umgesteuert werden. Die Sozialleistungen müssten an die finanziellen Möglichkeiten angepasst werden.
FDP: Vernünftiger Kompromiss
Bei Klaus Denzinger, dem Sprecher der FDP-Fraktion im Kreistag und Vorgänger Thaters im Amt des Wehrer Bürgermeisters, klang dies ähnlich: „Nur, wer sich selbst nicht helfen kann, soll durch das soziale Netz aufgefangen werden. Wenn dies nicht konsequent umgesetzt wird, überfordern wir den Sozialstaat.“
Für die Kreisumlage sei ein vernünftiger Kompromiss gefunden worden. Denzinger forderte einen Prioritätenkatalog für die anstehenden Investitionen und Unterhaltungsmaßnahmen. „Nicht alles Wünschenswerte wird machbar sein.“
Grüne: Sanierung der Albtalstraße überdenken
Für die Grünen wies Ruth Cremer-Ricken auf die unsichere weltpolitische Situation hin, die sich noch Jahre auf die öffentlichen Haushalte vom Bund bis zu den Gemeinden auswirke. Sie beklagte, dass die Diskussion um die Kreisumlage dazu geführt habe, dass bei der Rückstellung für die Elektrifizierung der Hochrheinbahn, den Schulen und den Radwegen gespart werde. Das aber seien alles zukunftsgerichtete Aufgaben.
Aus diesem Grund könne ihre Fraktion den eng geschnürten Haushaltsentwurf nicht mittragen. Schließlich überraschte Cremer-Ricken mit einem Vorschlag, der zumindest öffentlich noch nie ausgesprochen wurde. Die Kreisräte sollten ihn „in Ruhe mitnehmen und nicht gleich auf Abwehr schalten.“ Cremer-Ricken hatte vorgeschlagen, auf die selbst bei minimalen Eingriffen einen zweistelligen Millionenbetrag verschlingende Sanierung der Albtalstraße zu verzichten. Stattdessen könne die parallel verlaufene Kreisstraße zur Landstraße erhoben und mit Landesgeld saniert werden. Der seit 2015 gesperrte Teil der Albtalstraße könne zur Waldstraße heruntergestuft werden, was für die Naherholung ein großer Gewinn wäre.
AfD: Förderung von Eigenverantwortung
Für die AfD machte Uwe Stehle die „hundertausendfache Migration in unsere Sozialsysteme“ verantwortlich für die Haushaltsprobleme des Kreises. „Eine Steigerung der Sozialausgaben um zwölf Millionen Euro – das können wir uns nicht mehr leisten.“
Für – wie er es ausdrückte – „ideologiegetriebene“ Projekte wie die Energiewende würden Rekordeinnahmen regelrecht verprasst. Er forderte eine strenge Ausgabenkontrolle, die Förderung von Eigenverantwortung und eine Konzentration auf Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Verkehr.
SPD: Warnung vor plumpen Vereinfachungen
Da lag es an Alexander Guhl, für die SPD einen Kontrapunkt zu setzen: „Für uns ist ein funktionierender, ein leistungsfähiger Sozialstaat, die DNA unserer Gesellschaft.“ Ob jede Umsetzung einer Verwaltungsvorschrift zu mehr Gerechtigkeit führe, könne sehr wohl hinterfragt werden. „Wenn aber so getan wird, als seien alle unsere Probleme darin begründet, dass der Sozialstaat überborde, dann halte ich dies für falsch“, sagte der Bürgermeister Bad Säckingens. Und weiter: „Ich kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, dass ein Vorstand eines Dax-Unternehmens ein zweistelliges Millionengehalt verdient und gleichzeitig über Werksschließungen nachdenkt.“
Manchmal, so Guhl, gewinne man in öffentlichen Diskussionen den Eindruck, „dass in unserem Land wirklich gar nichts klappt und dass unser Land von ahnungslosen Trotteln regiert“ werde. Diese plumpen Vereinfachungen, so Guhl, „machen mich ratlos, aber auch wütend“. Er listete eine lange Liste an Projekten auf, die belegen, dass der Landkreis auf einem guten Weg sei. Herausforderungen der Zukunft seien Klimaschutz, Energiewende und Zuwanderung. Deutschland müsse als Zuwanderungsland endlich attraktiv werden, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten.