Eine so geringe Unfallbelastung wie seit fünf Jahren nicht mehr registrierte die Polizei im vergangenen Jahr im Bereich des Polizeipräsidiums Freiburg. Um fast 15 Prozent ist die Zahl der Unfälle in den in den Landkreisen Waldshut, Lörrach, Freiburg, Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen insgesamt zurückgegangen. Etwa die Hälfte fällt noch dazu in die Kategorie „Kleinstunfälle“, bei denen niemand zu Schaden gekommen ist.

Auf den ersten Blick drängt sich das Gefühl auf, dass Corona sich zumindest auf die Verkehrsunfallstatistik des Polizeipräsidiums Freiburg durchaus positiv auswirkt. Denn mit dem drastisch zurückgegangenen Geschehen auf den Straßen ist offenbar auch weniger passiert. So scheint es zumindest.

Allerdings gibt es auch Ausreißer: Massiv in die Höhe geschnellt ist zum Beispiel die Zahl der Unfälle in Verbindung mit E-Bikes. Verhältnismäßig hoch bleibt laut Polizeivizepräsident Matthias Zeiser und dem Leitenden Polizeidirektor Uwe Oldenburg (Leiter der Schutzpolizeidirektion) auch die Zahl der Verkehrstoten. Auch in Sachen Motorradunfälle kratzt die Region am Vorjahresniveau, zumindest was das Ausmaß an Verletzten und Toten anbelangt.

Insgesamt deutlich weniger Unfälle

Dass Corona und die damit verbundenen Eingriffe ins öffentliche Leben sich auch auf die Verkehrslage ausgewirkt haben, ist deutschlandweit ähnlich. „Auf den Straßen war deutlich weniger los als gewöhnlich“, schilderte Matthias Zeiser insbesondere die Eindrücke des ersten Lockdowns zwischen März und Juni 2020, die durch Verkehrszählungen bestätigt wurden. Und das hat eben auch zu Rückgängen bei den Unfallzahlen geführt.

Im Präsidium Freiburg liegt dieser für das gesamte Jahr betrachtet bei 14,7 Prozent. 20.783 Verkehrsunfälle registrierte die Polizei demnach. Bei 10.163 davon habe es sich um Kleinstunfälle gehandelt. Bei immerhin 3655 kamen Menschen zu Schaden – immerhin auch ein Rückgang von 6,7 Prozent.

Trotz dieser grundsätzlich positiven Entwicklung sehen die Verantwortlichen beim Polizeipräsidium durchaus auch Anhaltspunkte, die nicht gerade Anlass zur Freude geben. So ist zwar auch die Zahl der Verkehrstoten gesunken – aber mit 39 Verkehrstoten sei das Niveau durchaus noch sehr hoch, so Oldenburg. Im Kreis Waldshut ist die Zahl der tödlich Verunglückten sogar von sieben im Jahr 2019 auf zehn im vergangenen Jahr gestiegen.

Immer mehr Menschen sind während Corona auf E-Bikes oder das konventionelle Fahrrad umgestiegen. Das hat zu sprunghaften Anstiegen bei ...
Immer mehr Menschen sind während Corona auf E-Bikes oder das konventionelle Fahrrad umgestiegen. Das hat zu sprunghaften Anstiegen bei den Unfallzahlen geführt. | Bild: Christoph Schmidt

Fahrradunfälle entwickeln sich entgegen dem Trend

Nicht unwesentlich dafür verantwortlich sind Motorradfahrer, Radler und E-Biker. Entgegen dem allgemeinen Trend hat die Zahl der Fahrradunfälle im vergangenen Jahr erheblich zugenommen. Denn aus Furcht vor Ansteckung in ÖPNV aber auch bei der Freizeitgestaltung in den Lockdowns seien deutlich mehr Menschen auf Zweiräder – insbesondere solche mit elektrischer Verstärkung, umgestiegen, so Zeiser weiter. Die Folge: Ein sprunghafter Anstieg der Unfälle. Mit E-Bikes verunglückten demnach 330 Menschen, und damit 98 mehr als im Vorjahr – ein Plus von 42,2 Prozent. Die Gesamtzahl der Fahrradunfälle stieg auf 1708 (plus 4,3 Prozent).

Dabei sind aber durchaus auch regionale Unterschiede feststellbar. Im Kreis Waldshut stieg die Zahl der E-Bike-Unfälle um satte 70 Prozent an, allerdings startete der Kreis auch von einem deutlich geringeren Niveau. Insgesamt verunglückten somit 34 E-Bike-Fahrer.

Erstmals habe es sogar mehr schwere Unfälle mit Fahrrädern (294) gegeben als mit Motorrädern (267), wenngleich Motorradfahren ebenfalls einen Auftrieb erlebt habe und sich unter Motorradfahrern im Vergleich zur Gesamtzahl der Unfälle auch mehr schwerwiegende Unfälle ereignet haben als im Vorjahr. Bei schweren Unfällen innerorts waren derweil erstmals mehr Fahrräder beteiligt als Autos.

Stärkere Repressalien für Radfahrer werden erwogen

Dabei seien die Zweiradfahrer in der überwiegenden Mehrheit der Fälle (60,7 Prozent) an den Unfällen schuld – egal ob es sich um Fahrradfahrer oder Motorradfahrer handelt. Hauptursache sei demnach überhöhte Geschwindigkeit, bei Fahrradfahrern sei aber auch sehr oft Alkohol als Unfallursache im Spiel, so Uwe Oldenburg.

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Dass es gerade bei den elektrisch angetriebenen Fahrrädern derartige Steigerungen gibt, erklärt Uwe Oldenburg vor allem damit, dass E-Bikes „längst nicht mehr nur ein Thema für Senioren sind, sondern als Sportgerät gerade auch bei jungen Leuten immer beliebter werden.“ Für die Polizei bringe dies durchaus auch neue Herausforderungen mit sich – und eine veränderte Vorgehensweise: „Wir haben bisher in diesem Sektor vor allem auf Prävention und Information gesetzt. Künftig wird auch mehr in Sachen Sanktionierung geschehen müssen.“

Regionale Besonderheiten: Mehr Verkehrstote im Kreis Waldshut

Während die Zahl der Verkehrstoten im Bezirk des Polizeipräsidiums Freiburg tendenziell leicht rückläufig ist, gibt es beim Blick in die Landkreise durchaus gravierende Unterschiede. Im Landkreis Waldshut starben im Vergleich zum Vorjahr nämlich mehr Menschen bei Verkehrsunfälle: 2019 waren es sieben, 2020 zehn Unfalltote. Im Nachbarlandkreis Lörrach ging die Zahl um mehr als die Hälfte zurück: Nach elf Verkehrstoten waren es 2020 nur noch fünf.

Wesentlich leichter zu erklären sind derweil die einhelligen Rückgänge in anderen Bereichen: So gab es zwischen 70 und 80 Prozent weniger Unfälle von Kindern auf dem Schulweg – vor allem weil der konventionelle Unterricht über weite Strecken ausgefallen ist.

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Krasse Gegensätze ergeben sich derweil auch bei der Unfallbelastung in den Ortschaften. Die Berechnung erfolgt auf Basis der Geamtunfälle innerorts im Verhältnis zur Bevölkerung eines Landkreises. Generell ist auch dieser Wert im Präsidiumsbezirk rückläufig und liegt bei knapp 233. Der Landkreis Waldshut liegt mit einer Unfallbelastung von 146 deutlich unter dem Mittelwert, der Landkreis Lörrach bei 227. Den Spitzenplatz im Land belegt übrigens der Stadtkreis Freiburg mit 422. Diese Diskrepanzen erklärt die Polizei vor allem mit den unterschiedlichen Verkehrslagen in urbanen und ländlichen Gebieten und dem ebenfalls deutlich geringeren Verkehrsaufkommen auf dem Land.