„Langsam kann ich das alles wirklich nicht mehr verstehen“: Marleen Kurtz ist ihre Verzweiflung angesichts undurchsichtiger Entscheidungen an der deutsch-schweizerischen Grenze deutlich anzumerken. Es ist ein Wechselbad der Gefühle, das die Bad Säckingerin erlebt, seit am 16. März die Grenze zur Schweiz geschlossen wurde. Tiefe Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit, große Freude und Erleichterung, banges Hoffen und Ratlosigkeit – und über allem steht bis heute die Unsicherheit. Denn der Mann an der Seite von Marleen Kurtz ist Schweizer. Da beide nicht verheiratet sind, war die plötzlich geschlossene Grenze für sie zum realen Hindernis geworden.
Ende April berichteten wir über Marleen Kurtz, die zum damaligen Zeitpunkt ihren Partner Fränzu vier Wochen lang nicht gesehen hatte. Eine Geschichte, die stellvertretend für die vieler Menschen in der Region steht.
Sondergenehmigung der Schweiz
Zwischenzeitlich ist einiges geschehen. Die Schweiz hatte während weniger Tage im April Sondergenehmigungen für den Grenzübertritt unverheirateter Partner erteilt. Diese konnten per E-Mail beim Staatssekretariat für Migration (SEM) beantragt werden und die Paare mussten Belege ihrer Partnerschaft erbringen: Fotos gemeinsamer Urlaubsreisen beispielsweise, Flugtickets oder Ähnliches.
„Völlig undurchsichtig war aber, nach welchen Kriterien diese Sondergenehmigungen erteilt wurden. Manche Verlobten bekamen Absagen, während andere, die erst kurz zusammen sind, sogar ohne Belege SEM-Genehmigungen erhielten.“Marleen Kurtz
Vor allem über Facebook ist der Austausch der betroffenen Menschen rege. Viele schildern ihre Erfahrungen. „Ich hatte wohl einfach großes Glück und habe zur richtigen Zeit die E-Mail geschrieben, die dann beim richtigen Sachbearbeiter gelandet ist“, versucht Marleen Kurtz sich Ihren Bescheid zu erklären. Wenige Tage später stellte das SEM überhaupt keine Sondergenehmigungen für Unverheiratete mehr aus.

Mit ihrer Einreise-Genehmigung und gemischten Gefühlen fährt Marleen Kurtz am 25. April zur Grenze. Sie darf überraschend problemlos in die Schweiz weiterfahren und ihren Geburtstag mit ihrem geliebten Partner feiern.
„Wir waren überglücklich uns endlich wieder in den Arm nehmen zu können. Es waren die ersten unbeschwerten Stunden seit Wochen.“Marleen Kurtz
Doch die Bad Säckingerin muss zurück nach Deutschland. Einige Male sieht sich das Paar in der folgenden Zeit in der Schweiz.
Fränzu darf nach Deutschland einreisen
Am 5. Mai ist Fränzu dann erstmals bei Marleen Kurtz in Bad Säckingen zu Besuch. Mit der Kopie des Ausweises seiner Partnerin und deren SEM-Genehmigung wird er von den Grenzbeamten nach Deutschland durch gewunken.
„Wir waren so ungemein erleichtert, dass nun wieder ein Stück Normalität hergestellt ist und wir wieder ein Paar sein dürfen, das sich, mit Ausnahme der Grenzkontrollen, ganz normal treffen darf.“Marleen Kurtz
Sie ergänzt: „Es schien nun alles wieder gut zu werden.“
Plötzlich wird die Einreise verweigert
Doch schon eine Woche später folgt dann der erneute Tiefschlag. „Gestern Abend war ich noch so zuversichtlich und heute wird meinem Partner die Einreise in Bad Säckingen verwehrt“, beschreibt Kurtz am Mittwochabend.
Wenige Stunden ist es her, dass die Bundesregierung eine Lockerung der Grenzkontrollen ab Samstag, 16. Mai, bekannt gegeben hat. Über den nächstgelegenen Grenzübergang Laufenburg darf Fränzu dann doch noch einreisen.
„Es ist unerträglich, wenn man keine Sicherheit hat, und Entscheidungen so willkürlich getroffen werden.“Marleen Kurtz
„Es ist so unglaublich schwierig, eine solche Krisenzeit mit allem was sie mit sich bringt, ohne den Partner zu überstehen, der einem Halt gibt und Unterstützung“, hebt Marleen Kurtz hervor.
Zukunftspläne
Das binationale Paar hatte sehr unter der Trennung gelitten und will nun Konsequenzen aus der Grenzschließung ziehen. „Sobald wie etwas Passendes gefunden haben werden wir in Deutschland zusammenziehen“, sagt Marleen Kurtz. So eine Trennung will keiner der beiden nochmal erleben.

„Aber ich darf mich gar nicht beschweren, denn es gibt so viele Paare, die sich schon seit Mitte März nicht mehr gesehen haben – weil sie gar keine Genehmigung des SEM bekommen haben“, schildert die Bad Säckingerin. Zahlreiche Zuschriften, Schilderungen in sozialen Netzwerken und Erfahrungsberichte erreichen auch die Redaktion: Paare, die sich an einem Tag treffen dürfen, schon am nächsten nicht mehr, Ausnahmegenehmigungen, die widerrufen werden, Anfragen, auf die es keine Antworten gibt.
Die Erlebnisse von Marleen Kurtz und ihrem Partner Fränzu sind beispielhaft für viele andere. Denn an der Grenze ist bislang für viele hauptsächlich eines sicher: die Unsicherheit.